LeserInnenbriefe:
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Verblendeter Kampf
betr.: „Immer noch Familiensache“, taz vom 1. 7. 16
Euer seit Jahren ideologisch verblendeter Kampf gegen das Gymnasium geht mir tierisch auf den Senkel. Der Kommentar zeigt erneut völlige bildungspolitische Ahnungslosigkeit. Auf das Gymnasium gehen heute in den Großstädten zwischen 60 und 70 Prozent eines Geburtenjahrgangs, auch im Landkreis Rotenburg beträgt die Rate mittlerweile 58 Prozent; von Eliteschule und sozialer Selektion ist das Gymnasium heute so weit entfernt wie ihr von der Realität. Wer wie ihr die Gymnasien abschaffen möchte, verringert nicht soziale Ungleichheit, sondern verschärft sie: Die Abschaffung der Gymnasien fördert die Entwicklung der Privatschulen. Und das ist nicht nur ein Problem sozialer Ungleichheit, sondern auch der Demokratie schlechthin.
FRIEDHELM HORN, Rotenburg
Entscheidung ist korrigierbar
betr.: „Immer noch Familiensache“, taz vom 1. 7. 16
Heutzutage kann man die frühe Grundschulentscheidung über den voraussichtlichen Bildungsweg beziehungsweise Bildungserfolg eines Kinds/Jugendlichen in unserem Schulsystem nachträglich gut korrigieren: berufliche Gymnasien, Fachoberschulen, höhere Berufsfachschulen etc. sorgen zahlreich dafür, dass auch ehemalige Real-, Gesamt-, Gemeinschafts-, Werkreal-, Berufsfachschüler etc. nach ihrem mittleren Schulabschluss mit entsprechendem Notendurchschnitt doch noch eine Hochschulzugangsberechtigung erwerben können. Dies ist insbesondere für sogenannte Spätzünder wichtig und ermöglicht obendrein, das Abitur wie früher nach 13 Jahren abzulegen – wodurch für diese Kinder und Jugendlichen der nach wie vor von vielen Eltern und Schülern beklagte hohe Stresslevel der allgemein bildenden Turbo-Gymnasien entfällt, in denen das Abitur bereits nach insgesamt zwölf Schuljahren abgelegt werden muss. Dadurch bleibt mehr Raum für andere, nicht nur interessehalber ebenfalls wichtige Dinge wie das Erlernen eines oder gar mehrerer Musikinstrumente oder Vereinssport. Dass beides positive Auswirkungen auf die schulischen Leistungen und damit den Bildungserfolg hat, ist seit Jahren hinreichend bekannt. Die Finanzierung eines Studiums betreffend, ermöglichen Bafög, Stipendien etc. heutzutage auch jungen Menschen aus einkommensschwachen Familien adäquate Möglichkeiten. Und auch Bafög-Empfänger dürfen in bestimmtem Rahmen, beispielsweise in den Semesterferien, erwerbstätig sein, um sich etwas Geld hinzuzuverdienen. ELGIN FISCHBACH, Leimen
Ein echtes Zeichen setzen
betr.: „Plötzlich links“, taz vom 2. 7. 16
Herr Gabriel möchte sich mit einer sozialen Politik von Bundeskanzlerin Merkel abgrenzen und Europa retten? Wie bitte soll das gehen oder in wie weit meint er es denn ernst?
Immer zu den Zeiten der Wahlkämpfe entdeckt die SPD ihre soziale Ader. Nur was kam denn meist da raus? Denken wir ans SGB2-Gesetz genannt Hartz IV. Das zum Beispiel war ein Kind der SPD und der Grünen, und in der Regierung mit der CDU schaute es auch nicht anders aus! So wurde Hartz IV zum Teil verschärft. Die SPD-Fraktion stimmte für Auslandseinsätze der Bundeswehr sowie für TTIP, und die SPD nennt den Mindestlohn als einen ihrer Erfolge in der jetzigen Regierung, nur hat dieser Mindestlohn immer noch genügend Schlupflöcher für Arbeitgeber! Wenn man Gabriel wirklich glauben soll, dass die SPD noch weiß, wofür das S steht, dann sollte er ein echtes Zeichen setzen in der Innen-, Außen- sowie in der Sozialpolitik!
RENÉ OSSELMANN, Magdeburg
Kursänderung unwahrscheinlich
betr.: „Ein Europa der Angst“, taz vom 4. 7. 16
Kritik an der SPD ist berechtigt, aber der Meinungsbeitrag – mit seiner völlig absurden Schlussfolgerung im letzten Satz – ist nicht nachzuvollziehen. Das Problem ist doch, dass es wieder mal nur ein hilfloser Versuch der „Partei des“ konsequenten „Jain“ ist, links zu blinken, aber nicht abzubiegen. Nein, eine Änderung des Kurses scheint sehr unwahrscheinlich, hat die SPD doch alle Fehlentscheidungen der letzten Jahrzehnte selbst herbeigeführt oder mitgetragen.
Die SPD hat ihre Glaubwürdigkeit systematisch verspielt, aber nicht, weil sie ihre Politik falsch erklärt, weil sie Alleingänge macht und sich mit europäischen Schwesterparteien nicht abstimmt, sondern weil sie eine Scheißpolitik vertritt, selbst macht oder in der Groko mitträgt. Und weil die Erfahrung sagt, dass man sich auf die Aussagen ihrer Politiker meist nicht verlassen kann, Worten folgen keine oder aber entgegengesetzte Taten. Versuche, jetzt zu signalisieren, die EU müsse sich ändern, solidarischer und transparenter, bürgernäher werden, wirken absolut unglaubwürdig. Gabriel trägt Junckers Kurs, Ceta durchzuboxen, indirekt mit. Er macht sich wieder mal zum Handlanger. Von wegen Alleingänge.
WOLFRAM ROGER, Bremen
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