LeserInnenbriefe:
taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin
briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.
Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Integration ist nicht gewollt
betr.: „Die AfD regiert schon mit“, taz vom 15. 4. 16
Trefflicher hätte Daniel Bax das ganze Schmierentheater unserer Regierung um ein Integrationsgesetz und dessen Repräsentation nicht formulieren können. Denn: Wirkliche Integration der Flüchtlinge ist und war hier doch noch gar nie gewollt. Es geht hier letztendlich nur darum, die Stimmen aus dem AfD-Lager wieder zurückzubekommen und an der Macht zu bleiben.
Den Flüchtlingen werden dazu noch die Daumenschrauben angezogen, um dann sagen zu können, sie sind doch selbst schuld, wenn es mit der Integration nicht klappt.
Ich finde das Integrationsgesetz mit der gesamten Flüchtlingspolitik unserer Regierung menschenverachtend, selbstherrlich, verlogen und zum Kotzen. Günter Köhler,Schwabmünchen
Müll zur Kunst verklärt
betr.: „Erdoğan ist wichtiger als die SPD“, taz vom 16. 4. 16
Man stelle sich einmal vor, nicht ein Böhmermann hätte einen Erdoğan mit dem bekannten „Gedicht“bedacht, sondern beispielsweise ein AfD-Höcke hätte Vergleichbares einem Tsipras oder Hollande gewidmet. Wie würden sich die echauffierten Verteidiger der Freiheit der Kunst dann wohl positionieren? Würden sie wohl Höcke ihre uneingeschränkte Solidarität zusichern? Würden sie Merkel eines Kniefalls bezichtigen, falls sie eine Anklage zuließe? Würden sie ebenfalls persönliche Beleidigungen auf Fäkalniveau als Kunst verteidigen?
Böhmermann hat nicht nur Erdoğan provoziert, sondern zugleich doppelte Moral und zwiegespaltenes Rechtsverständnis der politischen und medialen Öffentlichkeit entlarvt.
Vorstellbar, dass Böhmermann amüsiert bis fassungslos beobachtet, wie sein als Provokation gedachter rassistischer Müll zu Kunst verklärt wird. Gleiches Recht für alle, auch für Despoten und Unsympathen – auch wenn’s manchmal schwerfällt.
Wolfgang Rapp, Bundenthal
Nachdenklichkeit und Grusel
betr.: „Geständnis eines Linken“, taz vom 11. 4. 16
Mit Nachdenklichkeit und Grusel habe ich Ihren Text gelesen und mich gefragt, wie vielen links bis grün angehauchten Menschen es derzeit ähnlich ergeht. Ich sage Ihnen, warum es mich gruselt: Wir wissen mittlerweile, wie das fatal funktionierte mit dem Wegsehen und der Banalität des B…und eben dass das gerade wieder passieren kann. Sie schreiben, es fehle der Linken ein Konzept. Das ist nicht so schwer und auch schon seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in der Welt: Es geht um die Priorität von Menschenrechten vor Profit, die in unserer Verfassung als die Verpflichtung zu sozialer Verantwortung an die Eigentumsfrage gebunden ist. Beides wird nicht umgesetzt.
Frau Merkels EU-Politik müsste dem Text ihres Parteigenossen Norbert Blüm aus Idomeni in der Zeit folgen: Dort skandalisiert er, wie durch ihre Politik die Menschenrechte der legitimerweise vor Krieg und Verfolgung sowie Elend Geflohenen vernichtend missachtet werden, indem sie mit Gewalt an der Grenze aufgehalten werden, während nebendran die Güterzüge ohne Probleme die Grenze passieren dürfen.
Es braucht, um den derzeitigen Dritten Weltkrieg gegen Arme zu beenden, eine Menschenrechtssteuer auf frei zirkulierende Waren und Finanzen und dann erhalten die Geflüchteten Bafög und dann werden die armen Länder des Südens und Ostens sie auch aufnehmen, insbesondere wenn gleichzeitig der weit verbreitete Leerstand zu Zwecken der Spekulation beendet wird – im Interesse hiesiger Obdachloser und Geflüchteter gleichzeitig.
Wenn dann bezugnehmend auf die neue UN Resolution für die nachhaltige Entwicklung neue zukunftsweisende Kreislaufwirtschaftsideen als gemeinsame Initiativen für neue globale Arbeit gefördert werden, dann finden sich auch die Felder für gemeinsam zu entwickelnde Arbeitsplätze für hiesige und geflüchtete Arbeitslose: gemeinsam für eine gemeinsame Zukunft hier und dort lernen und arbeiten. Solche Konzept auch zu verbreiten und zu vertreten würde Ihnen als Linken sicher gut stehen.
Ruth Luschnat, Berlin
Ein Spiel mit Schmuddelkindern
betr.: „CDU spielt mit Schmuddelkind“, taz vom 14. 4. 2016
Es war die CDU Sachsen-Anhalt, die im Jahr 1994 schärfste Kritik an der damals rot-grünen Landesregierung übte, da diese sich in einer Minderheitsregierung von den „Schmuddelkindern“ der PDS tolerieren ließ. Es war Ex-CDU-Generalsekretär Peter Hintze, der zur Bundestagswahl 1998 die „Rote-Socke-Kampagne“ initiierte und vor einem (damals völlig illusorischen) rot-grünen Bündnis mit der PDS im Bund warnte. Es war bereits 2005 die CDU/CSU-Fraktion, die bei der Wahl zum Bundestagsvizepräsidenten den Linken-Politiker Lothar Bisky als „Schmuddelkind“ dreimal durchfallen ließen, obwohl die Linke weitgehend im demokratischen Parteienspektrum angekommen war. Heute ist es ausgerechnet die CDU Sachsen-Anhalt, in der nur drei Jahre nach deren Parteigründung Liebeleien für ein Bündnis mit den „Saubermännern“ der AfD bestehen sollen. Noch ist dies nicht offizielle Parteilinie. Doch es ist erschreckend, wie schnell sich einige Politiker offenbar für die Rechtspopulisten um Frau Petry, Herrn Höcke und Herrn Poggenburg erwärmen können, die an anderer Stelle immer gern mit dem Finger auf die „Schmuddelkinder“ der Linken zeigen. Henning Becker,Berlin
Empfohlener externer Inhalt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen