LeserInnenbriefe:
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Einleuchtend, aber realitätsfern
betr.: „Verbraucher in den Aufsichtsrat“, taz vom 10. 11. 15
Der Vorschlag von Ulrich Thielemann klingt einleuchtend, ist aber realitätsfern. Er unterstellt, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats von den Manipulationen gewusst und sie geduldet haben. Ich bezweifele aufgrund meiner Tätigkeit im Aufsichtsrat eines Elektrounternehmens, dass der Vorstand im Detail über die Manipulation Bescheid wusste. So tief steckt ein Vorstand nicht in der täglichen Arbeit drin. Und das gilt in noch stärkerem Maße für die Mitglieder des Aufsichtsrats, die gar nicht die Möglichkeit haben.
Die Hauptverantwortung für die Manipulation liegt trotzdem beim Vorstand, weil es vermutlich das Führungsprinzip „Bonusbehaftete Zielvorgaben“ ist, das diese Vorgänge initiiert hat. Der Vorstand gibt bestimmte Ziele vor, die Bereiche werden mit Boni etc. dazu gebracht, diese Ziele auch zu erreichen. Und dann ist die Versuchung groß, „es irgendwie“ hinzubiegen.
Ein Mitglied des Aufsichtsrats wird in der Regel keine Informationen aus der Sachbearbeiterebene haben, um solche Dinge aufzudecken. Insofern würde auch ein Verbraucherschützer im Aufsichtsrat nichts nutzen, um solche Dinge zu verhindern, da er als Externer eben auch keine Einsicht hat. Man müsste den AR-Mitgliedern die Möglichkeit geben, sich selbstständig und frei im Unternehmen zu informieren. Das würde allerdings eine radikale Änderung der Unternehmensverfassung bedingen.
FRIEDRICH-KARL BECKMANN, Pinneberg
Disharmonischer Dreiklang
betr.: „Was heißt eigentlich Integration?“, taz vom 9. 11. 15
Zwar scheint das Essay von Micha Brumlik auf den ersten Blick Gedankenschritt nach Gedankenschritt logisch aufgebaut zu sein, dennoch: Er sagt, den gemeinsamen Nenner für gut und richtig gibt es in unserer Gesellschaft nicht. Und geht dann zügig weiter zu dem Schluss, dass auch die sogenannte Leitkultur keine tragfähigen Kriterien für (gelungene?) Integration bereitstelle, und nennt derer gleich drei, nämlich die Gleichberechtigung von Frauen, die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebes- und Paarbeziehungen und den Wunsch, dass Frauen ihr Haar zeigen. Aber wie kommt er nur auf diesen disharmonischen Dreiklang?
Die ersten beiden Kriterien spielen in einer völlig anderen logischen und rechtlichen Liga als das dritte, insofern als sie in rechtlich einklagbare Formen gegossen wurden. Aber das dritte?
Ich als Frau möchte in der Tat ohne Umstände die gleichen Rechte genießen wie Männer, und gleichgeschlechtliche Paare kämpfen ebenfalls – weitgehend erfolgreich – um Gleichberechtigung. Doch möchte ich bitte weiterhin ungestraft meine zahlreichen Hüte tragen dürfen, obwohl manche mein Haar vollständig verhüllen. URSULA GROTZ, Entringen
Verratene „Werte“
betr.: „Wir wollen echte Bauern“, taz vom 9. 11. 15
Die Revolution frisst ihre Kinder! Wie war das noch mit wertorientiertem Biolandbau? Als die maximal 6.000 Hühner/Betrieb-Regelung unbequem wurde, wurde sie kurzerhand gestrichen. Jetzt darf auch kommunaler Kompost als Dünger und Ersatz des Nährstoffentzugs angewendet werden. Und es ist nicht so, dass es zu wenig Ferkel in Niedersachsen gäbe!
Gut, dass es eine EU-Verordnung gibt, sonst wären noch mehr „Werte“ längst verraten worden. Aber ja, genau die Verschärfung eben dieser gesetzlichen Regelung wurde deswegen ja auch bekämpft!
THOMAS WARNKEN, Bremen
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