LeserInnenbriefe:
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Wo ein Wille ...
betr.: „Graf Zahl und die Angstmacher“, taz vom 6. 10. 15
Vielen Dank an Gereon Asmuth für den pointierten Kommentar. Neugierig geworden, habe ich dann mal für Hamburg recherchiert: Mit gut 10.000 geflüchteten Menschen sind bis jetzt gerade mal ca. 0,57 Prozent der Hamburger Bevölkerung durch das „Tor zur Welt“ angekommen. Darunter viele junge und gut ausgebildete Menschen, die hier studieren und arbeiten und damit unser Sozialsystem stärken wollen. Das könnte die einzig berechtigte Angst, nämlich die der nicht mehr sicheren Rente, endlich abschwächen.
Dass eine menschenwürdige und damit konfliktfreiere Unterbringung dennoch nicht gelingt, kann man hier leider fast täglich erleben. Hamburg als Tourismusmagnet verfügt über 352 geöffnete Beherbergungsstätten mit 57.328 angebotenen Betten. Die durchschnittliche Bettenbelegung betrug im Juli 2015 69,7 Prozent. Das heißt es stehen knapp 17.400 Betten zur Verfügung. Warm, mit Verpflegung und dem notwendigen Ausmaß an Privatsphäre ausgestattet. Gleichzeitig kann schon beim Frühstück die Integration starten und mit Vorurteilen aufgeräumt werden. Profitieren würden v. a. die kleinen Hotels und Pensionen mit ihren bezahlbaren Zimmern.
Wo ein Wille, ergäben sich noch so viel mehr Möglichkeiten, als Tennishallen aufzubrechen.
CHRISTINE STECKER, Hamburg
Mut wird gebraucht
betr.: „Graf Zahl und die Angstmacher“, taz vom 6. 10. 15
Besten Dank für dieses kurze und prägnante Statement, Gereon Asmuth! Es gibt aber nicht die Medien, es gibt guten und schlechten Journalismus, es gibt Selbst-Denken und Abschreiben. Das radikale Umdenken ist es, vor dem Politiker Angst haben. Sie beschreiben genau die kritischen Punkte, die immer mehr Menschen benennen. Aber es braucht Mut. Mut, den Politiker nicht haben. Haben Sie schon mal gehört, dass ein Politiker mit dem Mut zur Wahrheit eine Wahl gewonnen hat? Aber der Mut wird gebraucht.
NORBERT VOSS, Berlin
Dusseliges Geschwätz
betr.: „Allianz der Heuchler“, taz vom 7. 10. 15
Vor Jahren schon habe ich in unserer Seniorengruppe dafür geworben, endlich zu verstehen, dass in dieser kleinen Welt die Menschen von überall nach überall hingehen werden. Danke, Ilija Trojanow! Keiner unserer Spitzenpolitiker und Konzernherrscher wird die Problematik der Ursachen so deutlich, geschweige denn überhaupt ansprechen.
Das tägliche, dusselige Geschwätz des Führungspersonals lässt einen erstarren vor Wut über diese verbrecherische Ignoranz. Und jetzt will Merkel, mit ihren Konzernen im Rücken, auch noch ein Freihandelsabkommen mit Indien. Sogar die Entwicklungshilfe (0,4 Prozent vom BIP) wird von den Konzernen genutzt, Menschen zu entrechten und dem Hungertod auszuliefern. EU-Trawler fischen die afrikanischen Küstengewässer leer, und die Potentaten der jeweiligen Länder stopfen sich über Verträge mit der EU die Taschen voll und lassen ihre Bevölkerungen verhungern.
Könnt ihr das nicht begreifen, ihr Pegidas, Afd und Sonstige? Ihr seid die europäische Tea Party. INGE NAUJOKS, Krefeld
Zwei Gesichter
betr.: „Anwältin der Nächstenliebe“, „Nur ein freundliches Gesicht“, taz vom 9. 10. 15
Dass Frau Merkel zwei Gesichter hat, die unterschiedlicher nicht sein können, ist aufmerksamen Politikbeobachtern nicht verborgen geblieben. Wie sonst lässt sich beispielsweise ihre gegenüber Flüchtlingen offenherzige Haltung trotz der durch den nach wie vor ungebremsten Flüchtlingszustrom immensen Mehrkosten für unseren Sozialstaat mit einer vom Bundeskabinett und damit unter ihrer Regierungsverantwortung abgesegneten, nur minimalen Erhöhung der bekanntlich schon seit Jahren laut nachgewiesener Berechnungen der unabhängigen Wohlfahrtsverbände real nicht armutsfesten Regelsätze staatlicher Grundsicherungsleistungen für das Jahr 2016 in Einklang bringen? Auch die Kinderarmut in Deutschland bleibt nach wie vor hoch.
Wären internationaler Frieden und wirksame Armutsbekämpfung für Frau Merkel wirklich ernsthafte Themen, würde sie sich für deutliche Verbesserungen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge in Form eines sofortigen Stopps deutscher und internationaler Waffenlieferungen in Krisengebiete sowie einer Stärkung der Entwicklungshilfe inklusive der Bekämpfung und Vermeidung ihres Missbrauchs in den Empfängerländern ebenso einsetzen, wie für real armutsfeste staatliche Grundsicherungsleistungen, nicht nur bei uns in Deutschland. Auch würde sie sich in diesem internationalen Zusammenhang gegen TTIP in der aktuell vorliegenden Fassung auflehnen, denn nicht grundlos finden schließlich nicht nur bei uns in Deutschland nach wie vor öffentliche Demonstrationen gegen TTIP statt. Doch von alldem keine Spur!
Kein Wunder, dass ihre Umfragewerte zuletzt gesunken sind, denn ein solch zwiespältiges und damit unberechenbares Vorgehen ist weder glaubwürdig noch zielführend.
ELGIN FISCHBACH, Leimen
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