: Leistung zählt
betr.: „Der verhinderte Aufbruch“, Kommentar von Peter Ortmann, taz vom 18.06.04, „Krude Machenschaften“, Kommentar von Boris R. Rosenkranz, taz vom 30.06.2004[...] Es geht hier nicht in erster Linie um einen Kampf zwischen reaktionären Gewerkschaftsfunktionären und einem revolutionären Theaterregisseur und auch nicht um Zuschauerzahlen, sondern schlichtweg um Castorfs Leistung in Recklinghausen. Es mag sein, dass er ein sehr guter Regisseur ist. Fakt ist aber auch; dass er ein sehr schlechter Festivalleiter war. In Gegensatz zu Hans Günther Heyme, der seine Stelle als „fulltime job“ wahrgenommen hat, war Castorf in Recklinghausen kaum präsent. Und im Rückblick auf die gesamte Festivalsaison muss man leider feststellen; dass er ein zweitrangiges Programm mehr recht als schlecht zusammengebastelt hatte. [...]“Global Relaunch“ von Christian von Borries war kaum mehr als eine laienhafte Schülervorstellung, „Pablo in der Plus Filiale“ von René Pollesch ein billiger Castorf Remake, Schlingensiefs „Ruhrpottrallye“[...] ein teurer und schlecht organisierter Publicity Stunt – für Christoph Schlingensief. „Die Dreigroschenoper“ aus Spanien war unterhaltsam (immerhin!), aber mehr nicht, „Caveman” von The New York City Players schlichtweg langweilig, „Showcase“ dagegen sehr interessant. [...] Der einzig wirklich hervorragende Theaterabend war sehr konventionell und damit alles andere als ein Castorf-Abend: Luc Bondys Inszenierung von Martin Crimps „Cruel und Tender“. [...] Die von Castorf als Zielgruppe anvisierten Kids waren zwar jeden Abend da, aber nur, um in den Hütten vor dem Schauspielhaus zu trinken und im Schauspielhaus selbst auf den kostenlosen Billardtischen zu spielen. Theaterkarten haben sie nicht gekauft und damit waren sie es (und nicht das Stammpublikum und die alte (sic!) Gewerkschaftler), die letztendlich Castorfs Programm boykottierten: Sozialermäßigte Karten (Schüler/Studenten) minus 20%! Bleibt die Frage, warum Castorf dieses Festival überhaupt übernommen hatte, wenn er nicht bereit war, die nötige Zeit in Recklinghausen zu verbringen, um seine neue Ära erfolgreich zu starten? Etwa um seine eigenen Neuinszenierungen in Berlin und Hannover mitzufinanzieren? Seine Eröffnungsinszenierung hieß „Gier nach Gold“. Zufall?ROY KIFT, britischer Autor aus Castrop-Rauxel