Leiharbeiter in den Ministerien: Lobbyisten zu sanft beleuchtet
Das Kabinett legt Lobbyisten-Verordnung vor. Kritik kommt auch von SPD- und Unionsabgeordneten. Sie verlangen eine Verschärfung.
BERLIN taz Die Bundesregierung hat am Mittwoch im Kabinett eine neue Lobbyisten-Verordnung beschlossen - und erntet damit sogar in den eigenen Reihen Kritik. Der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann will "mit den Kollegen von der Unionsfraktion" einen Antrag im Bundestag einbringen, der den Einsatz "externer Mitarbeiter" in Bundesministerien strenger fassen will als jetzt vorgesehen.
Laut der Verwaltungsvorschrift, die mit Veröffentlichung in wenigen Tagen in Kraft treten soll, dürfen Mitarbeiter von Unternehmen oder Verbänden nur noch bis zu sechs Monaten von Ministerien ausgeliehen werden. "Dauerhafter Bedarf an Fachwissen ist nicht durch externe Personen zu decken", heißt es im Vorschriftstext, der der taz vorliegt. Externe dürfen keine Gesetze mitformulieren, sie sollen keine Leitungsfunktion haben, und ihr Status soll "grundsätzlich" stets deutlich gemacht werden. Haushalts- und Innenausschuss des Bundestags soll zweimal im Jahr Bericht über den Einsatz Externer erstattet werden.
Mit ihrer Vorschrift reagiert die Regierung auf die öffentliche Empörung auf die Nachricht, dass Mitarbeiter von Unternehmen und Verbänden teils dauerhaft in Ministerien eingesetzt werden. Hier haben sie bislang offenbar an Finanz-, Gesundheits- oder Umweltgesetzen mitgewirkt. Der Rechnungshof rügte diese Praxis im April und verlangte transparente Richtlinien. Er bemängelte, dass die Ministerien ihren Bedarf an Experten aus der Wirtschaft damit rechtfertigten, selbst keine geeigneten Leute zu haben.
Der SPD-Abgeordnete Hartmann würdigt nun das Bemühen um Transparenz als "einen Schritt voran". Doch fühlt er sich von der Regierung "ausgetrickst". Denn als "Externe" gelten laut Verordnung nur solche Mitarbeiter, die vom Ursprungsarbeitgeber weiterbezahlt werden. Wenn ein Ministerium nun aber Lobbyisten einfach kurzzeitig anstellt, dürfen diese weitermachen wie bisher - ohne Auflagen.
Die Organisationen LobbyControl und Campact kämpfen gegen den Einsatz Externer und finden auch die Vorschrift unzureichend. "Wie soll die Abgrenzung aussehen, ab wann ein Lobbyist an einem Gesetz mitschreibt - oder wann er bloß seine Vorschläge in die Debatte einbringt?", fragt Campact-Kampaignerin Stefanie Hundsdorfer.
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