Leider nur ein Vakuum

■ Panische Pleite: Udo Lindenberg in Fishtown ohne Hut

Rocksänger Lindenberg hatte beschloosen, seine musikalische Karriere zu beenden. Seit Jahren schon fiel ihm so recht nichts Neues mehr ein, er dichtete für neue Platten seine alten Lieder um und legte unter alte Texte neue Computerrhythmen. „Ich quäl mich überhaupt nicht mehr“ beschloß der Barde, doch damit der Tourneerubel weiter rollen konnte, entwickelte er mit Konzertveranstalter Fritz Rau einen Retorten-Udo. Die perfekte Nachbildung wurde mit den gesammelten Sprüchen von El-Paniko gefüttert und geht seitdem für den ermüdeten Lindenberg auf Tour. Schwierigkeiten gab es nur bei der Rekonstruktion des Kopfes: Da die Speicherplatten für die Musikprogramme von oben in den Körper eingeschoben werden, mußte der Edel -Schädel

frei zugänglich sein. Mit der Schädeleckelkonstruktion in Hutform hatten die Designer des Lindenberg-Tourmodells das Problem jedoch schnell im Griff.

2.000 Menschen bewunderten den Musikroboter am letzten Sonnabend in Bremerhaven. Die Programmierer hatten diesmal voll auf Lindenberg-Tradition gesetzt, die Programme dabei aber etwas durcheinander gemischt. Das Mikrophon -Schleuderprogramm etwa war zeitlich so schlecht auf die Musik abgestimmt, daß Udo seine Einsätze verpaßte und an den falschen Stellen sang. Mit einem Shut-Down des Programms nach dem fünften Stück, der dem Publikum als zentraler Stromausfall verkauft wurde, versuchten die Techniker in zwei Minuten, ein Ersatzprogramm einzuspielen, doch jetzt war nur noch die Katastrope programmiert. Exakt an der Stelle, an der der Lindenband der Strom ausgefallen war, setzten die Musiker nach der unfreiwilligen Pause wieder ein, Spielmarionetten, die man per Schlüssel wieder aufgedreht hatte. Sie begleiteten ihren Vorsänger mehr schlecht als recht. Denn die guten Rock'n'Roller wie Jean -Jaques Kravetz, Bertram Engel oder Steffi Stephan hatten dem Double-Udo längst den Rücken gekehrt. Stattdessen muckten zwei 16-jährige Kinder mit Bums-Bass und übersteuerter Gitarre über die Bühne: Der unaufhaltsame Abstieg des Panik-Orchesters zur Schüler band. Auch Karl Allaut, Panik Gitarrist der ersten Stunde und von Udo reaktiviert wie weiland Rudi Ratlos, konnte da keine Note mehr aus dem Feuer reißen. Als er den „Sonderzug nach Pankow“ jazzig-cool begleitete, machte ihm Udo sein Glanzstück zunichte. Unnachahmlich lag „die Nachtigall“ immer einen halben Ton daneben. „Ich hab‘ ein Fläschchen Cognac mit, und das schmeckt sehr lecker, das trink ich jetzt alleine ohne Erich Honecker“.

Zwei Stunden lang quälte Lin

denberg sein Publikum. Zwischen den Stücken gab es immer wieder Kostproben seiner genialen Rhetorik: „Wir waren neulich in der DDR, vor ein paar Tagen erst, und es war echt geil da. Konzertmäßig und so. Und bald fahren wir wieder 'rüber.“ Und zwischendurch passierte dann, was ohnehin jeder wußte: bei Turbulenzen auf der Bühne fiel dem Popstar der Hut vom Kopf. Voller Panik bedeckte Udo das freigewordene Haupt, doch alle hatten es gesehen: Udo Lindenberg ist innen hohl. ma