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Lehrgeld für bessere Zukunft

■ Trotz Minus und deftiger Volleyball-Niederlage herrscht Zufriedenheit nach erster Zusammenarbeit Pölking-Eiken und TvdB / Veranstalter und Sportlerinnen üben noch

E-rotic war wohl doch nicht der richtige Musik-Act für die Freunde des Volleyball-Sports in der Stadthalle. Als die Hitparaden-Hupfdohlen in knappen Leibchen auf die Bühne tanzten und „Fred, come to bed“ aus den Boxen dröhnte, da suchte die Mehrheit der 2000 Besucher das Weite. Einige verschwitzte Volleyballerinnen des gastgebenden TvdB und des siegreichen USC Münster wippten nach getaner Arbeit noch eine Weile mit dem Fuß, zogen aber schließlich die Dusche vor. Und dennoch: Trotz klarer 0:3-Packung für die Bremerinnen gegen den Deutschen Meister und gewissen Differenzen im Musikgeschmack der Fans zogen alle ein positives Fazit des Experiments „Sports & Music“.

„Das wird heftige rote Zahlen geben“, wußte Hermann Pölking- Eiken schon kurz nach dem letzten Schmetterball am Sonntag abend. „Wir hatten mit 500 Leuten mehr gerechnet“, gesteht der Veranstalter. Seine Firma Hanseatische Sportmarketing GmbH (HSM) hatte dem Verein die Veranstaltung abgekauft und muß nun 20.000 Mark zuschießen. „Soviel setzen wir am Anfang auch bei vielen Kulturveranstaltungen zu“, sagt der Vermarkter des Bremer Musikfestes. Wenn den TvdB-Frauen entscheidende Duelle um den Bunsdesliga-Klassenerhalt – zu mehr wird es sportlich wohl kaum reichen – bevorstehen, hat die HSM wieder ihre Unterstützung angeboten. Die Zukunft soll dann auch Geld bringen.

Die Gäste aus Münster, als Europacup-Siegerinnen und mehrfache nationale Meisterinnen erfahren im internationalen Volleyball, waren des Lobes voll über die Bremer Veranstaltung. „Das ist nur gut für den Sport“, sagte Trainer Axel Büring. Die Stimmung bei der Präsentation des Bremer Teams erinnerte ihn an ein Play-Off-Finale.

Da liefen die Matadorinnen zur Bundesliga-Heimpremiere im gleißenden Licht des Scheinwerfers in die ansonsten abgedunkelte Halle ein. Das Publikum, schon eingestimmt durch Einspielen zu HipHop-Klängen der Bremer Lokalheroen von Cribb 199 und drei auf den Rängen verteilte Samba-Combos, jubelte. Die neue TvdB-Spielführerin Marita Hüninghake, die schon für Teneriffa, Istanbul und diverse deutsche Clubs Bälle schmetterte, sagte: „Sowas habe ich noch nicht erlebt. Ich hoffe, das bleibt so“.

Doch offenbar hat das Show-Brimborium die TvdB-Frauen mehr verunsichert als die abgezockten Münsteranerinnen. „Wir hatten teilweise weiche Arme“, berichtete der Co-Trainer Gerd Stürmer, der die Frauen aus der Bahnhofsvorstadt in die Bundesliga geführt und vor dieser Saison das Zepter an den aus Münster gekommenen Ulli Vetter abgegeben hatte.

Entsprechend landeten viele Angaben im Netz. Die als abwehrstark bekannten Bremerinnen baggerten zu viele Annahmen in die dicht beklebten Werbebanden. Hinzu kamen Mißverständ-nisse im Angriff. Das Team trainiert erst seit wenigen Tagen zusammen. Die neue Außenangreiferin Kim Crawford aus Florida trug das erste Mal das TvdB-Trikot.

Das Publikum war dankbar: Die gelungenen Szenen von Crawford, Jana Hermane oder Marita Hüninghaus und die wenigen langen Ballwechsel wurden gefeiert. „So attraktiv kann Frauen-Volleyball sein“, versuchte der Hallensprecher aus GelegenheitsbesucherInnen ein Stammpublikum zu machen. Die Fehler des TvdB fielen nicht weiter ins Gewicht, hatte doch ohnehin niemand gegen die starken Gäste um die Nationalspielerinnen Nancy Celis und Christina Schulz mit einem Blumentopf gerechnet. Immer dann, wenn der TvdB zu Satzanfang bei 4:5 dran war, legten die Gäste eine Schippe drauf und zogen, begünstigt durch leichte Fehler des TvdB, schnell davon.

Dennoch war Trainer Vetter mit den sieben Punkten im ersten und im zweiten Satz (fünf im dritten) zufrieden. Gegenüber der Auftakt-Niederlage beim Mit-Aufsteiger TV Dingolfing sah Vetter eine deutliche Steigerung seiner Mannschaft. Gerd Stürmer hofft nun, den Schwung der Großveranstaltung in den Alltag der Uni-Halle herüberzuretten, wo der TvdB normalerweise seine Heimspiele austrägt.

Pölking-Eiken wird's schon richten: Mit direkten Mailings will HSM jetzt die Bremer Volleyball-Gemeinde speziell ansprechen. Denn bei allem Show-Effekt: „80 Prozent der ZuschauerInnen sind wegen des Sports gekommen“, wußte der Marketing-Mann. In Zukunft soll es weiter „Sport plus“ unter der Regie von HSM geben, wenn auch die Musik-Acts künftig ein bißchen bescheidener ausfallen werden. Zumal die HSM-Führung mit der „Akzeptanz des zweiten Teils des Rahmenprogramms“ (Erotic) nicht zufrieden war.

HSM übt für höhere Aufgaben: Unter dem Motto „Ladies First“ sollen im kommenden Jahr drei internationale Frauensport-Ereignisse in Bremen vermarktet werden:Das Volleyball-Nationenturnier im Januar, ein Basketball-Turnier für Länderteams im Mai und ein Handball-Turnier im Oktober.

Joachim Fahrun

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