Lehrer können sich selbst vor dem Ausbrennen schützen : Der Lehrer als Ensemble-Jazzer
Der Pisaschock sitzt tief. Zum Beispiel bei den Lehrerinnen und Lehrern. Nur jeder sechste Pädagoge lebt mit einem gesunden Bild seiner selbst. Der Rest sind resignierte, sich selbst ständig schonende oder hyperaktive Lehrer. Es sind Menschen, die aus ihrem Beruf keine inneren Erfolge mehr erzielen. Rund ein Drittel von ihnen sind gebrochene Personen, die aus der Schule rausmüssen, um wieder gesund zu werden. Das sind, man muss es anfügen, keine Außenurteile, sondern die Ergebnisse der inzwischen berühmten Potsdamer Lehrerstudie, die auf Befragungen von Lehrern beruhen. Für den wichtigsten Berufsstand kommt das einer Bankrotterklärung gleich.
Dennoch gibt es immer wieder auch gute Nachrichten. Die Potsdamer Folgeuntersuchung hat etwas gezeigt, was überrascht: Ein großer Teil der Lehrer kann sich selbst vor dem Verbrennen im Job schützen – durch bessere Kooperation mit KollegInnen, durch regelmäßige Fortbildungen und/oder durch das Ablegen der Alleswisser-Attitüde. Das ist, klar, nicht ganz einfach. Es geht etwa nicht, wenn das Dogma der schlechten alten Schule bestehen bleibt: Ein Lehrer kommt, imaginär bewaffnet mit einem Stapel Lehrplänen, in die Klasse und spielt den Orchesterdirigenten, der von vorne alles steuern könnte. Ein moderner Lehrer müsste sich eher als das Mitglied eines Jazzensembles verstehen – wenn auch eines, das öfter als die anderen Jazzer den Ton angibt und dessen Soli durchaus länger sind als die der anderen (Schüler).
Die gerade ausgezeichneten besten deutschen Schulen haben exemplarisch gezeigt, dass man trotz der kultusministeriellen Unübersichtlichkeit ausgezeichnet Schule machen kann. Bei den Lehrern ist die Lage, trotz der attestierten Selbstheilungskräfte, allerdings nicht ganz so einfach. Denn die Kultusminister haben in den letzten Jahren durch die überstürzte und unkoordinierte Umstellung auf Bachelor/Master das Lehrerstudium zusätzlich chaotisiert. Damit verunsichern ausgerechnet die Schulverantwortlichen die angehenden Lehrer, statt sie darin zu bestärken, öfter mal ein Solo zu spielen. CHRISTIAN FÜLLER