Leck an der Bohrplattform gefunden: Nichtstun kostet nichts
Total hat das Leck an der Bohrinsel Elgin lokalisiert. Während der Betreiber abwarten will, warnt der WWF vor einer Katastrophe.
DUBLIN/BERLIN taz | Der Energiekonzern Total hat das Leck an der Bohrinsel Elgin in der Nordsee gefunden: Auf der Plattform selbst entweicht das Gas.
Grund ist offenbar ein Leck, das sich 4.000 Meter unter dem Meeresboden befindet, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. „Wir haben zwei oder drei Aussagen von Leuten, die auf der Bohrinsel waren, als das Leck auftrat“, meinte Total-Sicherheitschef David Hainsworth am Dienstag, „sie sagen übereinstimmend, dass das Gas aus einer Leitung unterhalb des Förderkopfes auf der Insel austrat.“
Unklar ist, weshalb das Unternehmen in den vergangenen Tagen anderweitige Aussagen zu dem Leck machte und nur auf Anfrage neue Informationen zum Gasleck herausgibt. „Die müssen das gemerkt haben“, sagt der Geologe Jürgen Messner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Hannover.
Das Leck ist an einer Bohrung aufgetreten, die seit einem Jahr stillgelegt ist. Wahrscheinlich sei die undichte Stelle innerhalb der Rohre aufgetreten, so Messner. „Das haut dann oben an der Bohrung raus.“ Die Information, dass das Gas oben auf der Plattform austritt, bringt jedoch für die Überlegungen, wie man den Gasstrom stoppen kann, keine neuen Impulse.
Es gibt nach Expertenmeinungen drei Möglichkeiten: Zum einen könnte man das Leck mit Schlamm stopfen. Dafür müssten Arbeiter jedoch auf die Bohrinsel, was sehr gefährlich ist, so Messner. „Wenn Gas austritt, besteht immer ein Risiko, das es zu einer Explosion kommt, das ist ein hochexplosives Gemisch.“
Total will die kostengünstigste Variante
Total-Sicherheitschef David Hainsworth sagte der BBC, er würde die Variante bevorzugen, dass das Gas von allein versiegen würde. „Hainsworth ist ein Komiker“, meinte Achim Wehrmann, Fachgebietsleiter für Meeresforschung beim Senckenberg-Institut. Für Total sei dies natürlich die beste Variante, schließlich koste sie am wenigsten. „Legitim ist das aber nicht“, so Wehrmann. Man wisse nicht, wie lange es dauern werde, bis die Quelle versiege.
Die dritte Möglichkeit wäre, einen Entlastungsschacht von einer anderen Bohrinsel zu konstruieren. Das könne drei bis sechs Monate dauern, erklärt Geologe Jürgen Messner. Der Vorteil dieser Variante: Die Bohrung werde aus weiter Entfernung angesetzt, und niemand müsste in die mit Gas angereicherte Zone vordringen.
Das Londoner Energieministerium sagte, es gebe noch keine Anzeichen für eine Umweltverschmutzung größeren Ausmaßes. Umweltschützer sehen das anders. Sie warnen vor verheerenden Folgen, die ausströmendes Gas auf die Umwelt haben kann, insbesondere das sogenannte saure Gas, das mit Schwefelwasserstoff angereichert ist und aus der Bohrung ausströmt.
Der Direktor des WWF in Schottland, Richard Dixon, erklärte am Donnerstag, der Betreiber Total müsse handeln, bevor es durch an der Oberfläche abgelagertes Kondensat zu einer Ölpest mit möglicherweise katastrophalen Folgen für die Umwelt komme.
Shell-Bohrinseln teilevakuiert
Greenpeace hat ein Flugzeug losgeschickt,um sich selbst ein Bild von der Lage an der Plattform zu machen. Der Geschäftsführer John Sauven sagt: „Wenn das Gas sechs Monate lang ausströmt, gelangen laut Total fast 800.000 Tonnen Kohlen-dioxid in die Atmosphäre.“ Shell hat vorsichtshalber die Bohrinseln Shearwater und Noble Hans Deul in der Nähe der Total-Bohrinsel teilevakuiert.
Der Gewerkschaftsfunktionär Wullie Wallace hält das nicht für ausreichend. Er verlangt, sämtliche Bohrinseln in einem Umkreis von acht Kilometern komplett zu evakuieren. „Man darf die Schwere dieses Zwischenfall nicht unterschätzen, unsere Leute sind in großer Gefahr, solange die Gaswolke da herumschwebt“, sagte Wallace.
Total förderte auf Elgin 9 Millionen Kubikmeter Gas täglich – 3 Prozent der britischen Gesamtfördermenge. Seit Bekanntwerden des Lecks sind die Konzernaktien um 9,4 Prozent gefallen.
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