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Laufzeiten-Verlängerung für AtomkraftwerkeWulff hat's getan

Bundespräsident Christian Wulff hat die Laufzeitverlängerungen unterschrieben. Er hält das Gesetzespaket "für verfassungsgemäß", wie das Bundespräsidialamt erklärte.

Wulff hat Atomgesetz unterzeichnet Bild: dapd

BERLIN reuters/dpa | Bundespräsident Christian Wulff hat das Gesetz zur Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken unterzeichnet. Wie sein Amt am Mittwochabend in Berlin mitteilte, fertigte Wulff insgesamt vier Gesetze des Energie- und Klimapakets aus. Nach dem vom Bundestag Ende Oktober mit der Mehrheit von Union und FDP beschlossenen Gesetz können die Atomkraftwerke im Schnitt zwölf Jahre länger als geplant in Betrieb bleiben. Der letzte Meiler würde so um das Jahr 2035 vom Netz gehen. Es handelte sich um die erste brisante Entscheidung Wulffs in seiner Amtszeit.

Der Bundespräsident sei "nach intensiver und sorgfältiger Prüfung aller verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte" zu dem Ergebnis gekommen, dass rechtliche Gründe einer Ausfertigung des Atomgesetzes nicht entgegenstünden, teilte das Amt mit. Das Bundespräsidialamt unterstrich zudem, Wulff habe zu prüfen, ob das konkrete Gesetz entsprechend den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen sei. Die politische Gestaltung des Gesetzes sei nicht Gegenstand der Prüfung.

Mehrere SPD-geführte Länder haben bereits eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt. Sie werfen der Bundesregierung vor, die Laufzeiten unzulässigerweise in einem sogenannten Einspruchsgesetz formuliert zu haben. Dabei muss sich im Bundesrat eine Mehrheit finden, die das Gesetz ablehnt, sonst gilt es als gebilligt. SPD, Grüne und Linkspartei haben aber keine Mehrheit in der Länderkammer und scheiterten mit ihren Anträgen.

Der Bundesrat hatte das Energiekonzept der Regierung vor knapp zwei Wochen gebilligt. Dieses sieht auch den verstärkten Ausbau des Ökostroms vor. 2050 sollen Erneuerbare Energien einen Anteil von 80 Prozent an der gesamten erzeugten Energiemenge erreichen. Der Ausbau soll durch Abgaben der AKW-Betreiber für einen Öko-Fonds mitfinanziert werden. Die Konzerne Vattenfall, RWE, E.ON und EnBW müssen bis 2016 jährlich eine Kernbrennstoffsteuer zahlen. Die erwartete Summe von 2,3 Milliarden Euro soll in die Haushaltssanierung fließen. Das Paket enthält außerdem neue Sicherheitsstandards für die Meiler.

Der Energieversorger EnBW hat die Zustimmung von Bundespräsident Christian Wulff zum umstrittenen schwarz-gelben Gesetzespaket mit längeren Atomlaufzeiten begrüßt. "Nun haben wir diesbezüglich die notwendige Planungssicherheit, insofern sind wir zufrieden", sagte ein Sprecher des drittgrößten deutschen Energiekonzerns am Mittwochabend in Karlsruhe. Offen bleibe dennoch, wie lange die EnBW ihre alten Atommeiler am Netz behalte. Der dauerhafte Betrieb der Anlagen hänge von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab - vor allem den Sicherheitsauflagen, die durch das neue Gesetz auf das Unternehmen zukommen.

Aus Sicht der SPD-geführten Länder erfordern die Laufzeiten ein sogenanntes zustimmungspflichtiges Gesetz, dem der Bundesrat mit der Mehrheit seiner insgesamt 69 Stimmen zustimmen muss, damit es in Kraft treten kann. Sollten die Kläger in Karlsruhe erfolgreich sein, würde nach ihren Angaben automatisch die alte Gesetzeslage wieder gelten. Die frühere rot-grüne Regierung hatte 2000 auf der Basis von 32 Jahren Regellaufzeit für jedes Kernkraftwerk Reststrommengen festgelegt. Das letzte AKW würde nach dem rot-grünen Atomausstieg ungefähr 2022 vom Netz gehen.

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27 Kommentare

 / 
  • A
    Amos

    Der Wulff im Schafpelz; von Gnaden Merkel.Wenn die der Atomlobby "in den Arsch kriechen", machen die das ja nicht umsonst.-Wo sind eigentlich die Politiker, die noch Moral hatten-, sind die alle beerdigt?

  • J
    JanG

    @P. Haller:

    Nein, das kann ich natürlich nicht. Sollten aber die Sicherheitsvorschriften und die Technologie zum Strahlenschutz weiter vorangehen wie bisher, dürfte die Zahl der Toten deutlich gering bleiben. Geringer als in so manch anderen Industrie (wo es aber scheinbar niemanden zu stören scheint). Es ist dieses mit zweierlei Maß messen was ich als ärgerlich empfinde.

     

    Aber hier nochmal meine Frage: Wie soll die Kernkraft denn ersetzt werden? Es ist nämlich einfach zu rufen: Kernkraft abschalten. Aber wirkliche Alternativen, wie diese Lücke dann gefüllt werden soll, die habt ihr nicht. Und wenn dann der Strom weg ist fangen auch die ganzen Gegner an zu schimpfen. Und sei ehrlich: Du würdest doch auch nicht nur tagsüber Strom in der Wohnung haben wollen sondern willst auch abends Licht haben und Dir ein Essen kochen.

     

    Also nochmal: was schlägst Du vor um zum Beispiel bis zum ursprünglich geplanten Termin in 2022 die Grundlastabsicherung zu gewährleisten? (siehe hierzu meinen Artikel 'Brauchen wir wirklich noch die Kernkraft?' auf meinem Blog kerngedanken.wordpress.com)

  • V
    vic

    @Jens Bitterle

     

    Diesen Meineid leisten sie alle.

    Vermutlich nur wegen des Zusatz:

    "So wahr mir Gott helfe".

    So können sie immer noch sagen, er habe eben nicht geholfen.

     

    Ich bin nicht überascht von dieser Entscheidung.

    Die ist bereits bei seiner Ernennung gefallen.

     

    Es bleibt dabei; wer gegen Atomkraft ist, muss erst einmal seinen persönlichen Ausstieg vollziehen. Danach Überzeugungsarbeit leisten - und Präsenz zeigen, wo immer möglich.

  • LM
    Luisa Mal

    Nice try Charlotte Roche...

  • P
    P.Haller

    @JanG

    Dann kannst Du mir bestimmt auch sagen, wie viele Tote durch die Kernkraft in den nächsten 200.000 Jahren zu erwarten sind !

  • J
    JanG

    @Gauss:

    andere Technologien sind wesentlich gefährlicher: alleine die Wasserkraft forderte mehr als 100.000 Tote in den letzten 50 Jahren, die Technologie Automobil sogar mehr als 800.000 Tote pro Jahr. Nebenbei zerstört letztere die Umwelt nachhaltiger als es die Kernkraft je getan hat. Siehe hier auch meinen Artikel: 'Risiken der Technik' auf kerngedanken.wordpress.com (das Layout wird aktuell überarbeitet, vorläufig einfach nach unten scrollen).

     

    @alle die diese Entscheidung kritisieren:

    wie sollte eurer Meinung nach die Absicherung einer Grundlast von rund 18 GW (der Anteil der aktuell durch die Kernkraft gedeckt wird) erfolgen? Wie kann es realisiert werden, innerhalb von 11 Jahren (die Zeit bis zum ursprünglich geplanten Ausstieg in 2022) eine Infrastruktur zu schaffen (also die entsprechenden Kraftwerke plus Stromleitungen zu bauen) die das ermöglichen? Selbst bis 2035 wird das ein hartes (aber nicht unmögliches) Ziel.

     

    Mich nicht falsch verstehen: es MUSS unser vordringliches Ziel sein, sobald als möglich sowohl von den fossilen als auch radioaktiven Brennstoffen wegzukommen. Aber bei der Umsetzung muss man irgendwo auch realistisch bleiben. Ein Ausstieg sofort ist unmöglich, auch einer bis 2022 ist praktisch nicht realisierbar. Das gilt es immer zu bedenken.

  • A
    Aby

    Hat wirklich Jemand eine andere Entscheidung erwartet? Wulff ist eine charakterlose Marionette, darum hat er ja den Job bekommen.

  • P
    P.Haller

    Wer hat denn wirklich damit gerechnet, dass es Wullf nicht tut ??

    Er ist CDU, und genauso wie "Teflon-Angie" unsere Bundesmutti ist, ist er der Bundesvati von uns allen !!

    Und wir wollen eben alle Atomkraft bis in die Puppen.

    Glaube ich zumindest!

  • V
    vantast

    Logisch, er muß sich die Chance für einen guten Posten bei den Energieunternehmen sichern. Der Chef des Bundestags,Lamers, ist dort auch schon angestellt, denn die üppige Altersversorgung reicht hinten und vorne nicht.

  • MP
    Ms. Piggy

    Kermit, der Frosch hat geredet:

    Applaus! Applaus!

    (Also eine Stimmenverwandtheit habe nicht nur ich festgestellt)

     

    Also gehts in die Verfassungsklage...und wenn das Gericht zu einer anderen Auffassung kommt als Merkel&Co. gilt dann

    "wenn die Regierung Verfassung brechen kann dann wohl auch Hr. Wulf (Merkel hat ihn schliesslich installiert). "

  • D
    daweed

    erinnert doch stark an die neue Hartz Regelungen.

     

    Keiner in der Koalitionsregierung interessiert sich für die Verfassung.

    Was man wirklich will ist doch die Diskussion darauf zu lenken, das Arbeitsverweigerer keinen Bock haben zu arbeiten.

     

    Aber Hartz ist eine soziale Falle und brauchen wir so etwas wirklich wenn wir offiziel (!) nur 2,97 Mio. Arbeitlose haben?

    Das sind knapp 7 Prozent, ab 5 Prozent kann man von Vollbeschäftigung sprechen.

     

    Polemik gegen Polemik herrlich...

  • S
    Sundriver

    "Wulff hat's getan"

     

    und wen wundert das..?

    Niemanden..!!

    Dafür ist er ja Bundespräsident geworden..

  • TS
    Thomas Shamrock

    Man nehme ein Gesetzentwurf, lege etwas moralisch verwerfliches hinein und gleichzeitig etwas was die Menschen nicht ablehnen können, und erhält ein vom Bundespräsidenten Wulff als "verfassungsgemäß" unterzeichnetes Gesetz.

    Mein Schreib-Tourette-Syndrom beginnt sich in den Vordergrund zu schieben und immer wenn ich nur an einen "Bundespräsidenten" Wulff denke dann...aber ich erspare es den Lesern des kleinen Kommentars mich fluchen zu sehen!

    Es ist schon fast eine geflügelte Gedankenfrage welche sich in meinem Kopf den Weg nach draußen zu bahnen versucht: Sind auch Richter käufliche Lakaien eines kapitalistisch-korrupten Systems?

    Die Antwort wird uns sicherlich das Verfassungsgericht in Karlsruhe geben, nach 2 Jahren ungefähr. In der Zwischenzeit fragen wir uns einfach mal welche Kriterien Herr Wulff für seine Beurteilung herangezogen hat, welche Menschen beratend zur Seite stehen und: "Warum, bei aller Logik und Klarheit, die Frage der Verfassungsmässigkeit nicht gleich vom Bundesverfassungsgericht geklärt wird?"

  • MK
    Martin Keune

    Keine wirkliche Überraschung - aber es war spannend zu sehen, wie die Anti-Atom-Initiativen, etwa Campact mit seiner schnell realisierten Kampagne "Wulff tu's nicht", das Thema auf Wulff zuspitzen und emotionalisieren konnten. Dass ein schnöder Routineakt ihn plötzlich ins Kreuzfeuer von 127.000 Unterschriften, einem eigenen Rocksong und einem deutschlandweit durch die Kinos flimmernden Protestfilm bringen würden, dürfte Christian Wulff so nicht erwartet haben. Es zeigt, dass die Anti-Atom-Bewegung in der Gegenwart angekommen ist und nicht vorhersehbar die immer gleichen Ziele ins Visier nimmt, sondern (auch gestützt durch die sozialen Netze im Internet) sehr flexibel und pointiert agieren kann. Und dass ihr dabei der Zuspruch sehr weiter Unterstützerkreise gewiss ist!

  • W
    willy

    Kann nur bedeuten, dass die Angst vor Sex mit C.R.größer war!

  • JM
    jens M

    Wulffs erste gute Tat!

  • G
    Gauss

    "Den Sie Wissen was sie tun!"

    Harisburg USA (in 1970),....,Tschnernobyl Russland (in 1980), Monju Japan (in 1990), u.s.w.

  • CF
    Claus Fasbender

    Laufzeitverlängerungen sind ein

    Verbrechen an der Menschheit!

    Meines Erachtens war es schon ein Verbrechen,

    das erste Atomkraftwerk in Betrieb zu nehmen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wo der Müll für eine Million Jahre gelagert werden soll. Aber es ist ja alles geprüft.

  • JB
    Jens Bitterle

    Artikel 56

     

    Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor den versammelten Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid:

     

    "Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."

  • I
    iku

    "rechtliche Gründe stehen der Ausfertigung des Gesetzes nicht entgegen" sagt das Bundespräsidialamt.

     

    ABER: Wie geht Wulff - noch vor kurzem selbst Landesfürst - mit den Rechten der Länder um? Sie müssen doch die Sicherheitsauflagen für die AKWs überprüfen etc.

    Woraus ergibt sich die Bewertung, ob es sich um ein Zustimmungsgesetz oder wie von Schwarz-Gelb definiert um ein "Einspruchsgesetz" handelt?

    Wenn die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht keine aufschiebende Wirkung hat, wird sich die Atomlobby auf "Planungssicherheit" - die man den Stadtwerken jetzt nicht zuspricht - berufen und horrende Entschädigungszahlungen fordern, sodass ein Ausstieg aus diesem Verlängerungs-Wahnsinn - sollte er noch zustande kommen - die Bürger zusätzlich erneut belasten wird!

  • JK
    Juergen K

    Ist es nicht toll, dass Baden Württemberg die ENBW kaufen will,

    also die schrottigsten der schrottigsten Atommeiler ?

     

    Ist das nicht toll , dass nur die

     

    Besten Atommeiler in Atomlobbys Hand bleiben?

     

    Und jetzt jedes Kuhkaff sich einen Schrotthaufen aufhalsen lässt.

  • JS
    J. Svalbad

    Hat jemand etwas anderes erwartet. Nur weil er, der Bundespräsident eine so starke "Persönlickeit" ist, wurde er ja in diesem Amt gewählt. Teflon beschichtet, wie seine "Ziehmutter".

  • LR
    Lewin R.

    Ich glaube dem deutschen Volk ist nicht wirklich bewusst das der Bundespäsident überhaupt kein Veto recht oder ähnliches hat. Der Bundespräsident hat nur zu überprüfen ob das Gesetzt so weit in seiner Formulierung korrekt ist und mit der Verfassung vereinbar ist. Ich denke trotz der Erwähnung muss das ganz klar hervorgehoben werden! Das die Verlängerung riesen Müll ist muss ich ja nicht erwähnen.

  • RF
    Rosemarie Finke-Thiele

    Zweifellos ist der Bundespräsident der Überzeugung richtig gehandelt zu haben.

    Das bin ich auch. Ich werde mich weiter gegen den Ausstieg aus dem Ausstieg engagieren, für die Ver- wendung von Erneuerbaren Energien und für den sparsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen dieser Erde.

    Nur Mut, dieser Kampf geht weiter!

  • RF
    Rosemarie Finke-Thiele

    Zweifellos ist der Bundespräsident der Überzeugung richtig gehandelt zu haben.

    Das bin ich auch. Ich werde mich weiter gegen den Ausstieg aus dem Ausstieg engagieren, für die Ver- wendung von Erneuerbaren Energien und für den sparsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen dieser Erde.

    Nur Mut, dieser Kampf geht weiter!

  • NH
    nette hanseatin

    Von Herrn Wulff hab ich leider nichts anderes erwartet.

    Die Tasche für die Demo in Greifswald ist schon gepackt.

  • V
    vic

    Simple Auftragsarbeit, nicht weiter sensationell.