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Laschets Kampf um KanzlerkandidaturSchwach nur in Umfragen

Im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur liegt CDU-Chef Armin Laschet vorn. Er kann Niederlagen in Siege ummünzen. Grundsätze sind bei ihm fließend.

Will Kanzler werden: Armin Laschet nach der Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin Foto: Michael Kappeler/dpa

Düsseldorf taz | Laschet oder Söder? In den Umfragen war das Rennen seit Monaten entschieden – Armin Laschet und seinen Konkurrenten Markus Söder trennen Welten. Nach Berechnungen des ARD-Deutschlandtrends hielten Anfang April 54 Prozent der Deutschen den bayerischen Ministerpräsidenten für einen guten Kandidaten – CDU-Chef Laschet dagegen gerade einmal 19 Prozent. Abgestürzt ist auch die ganze CDU: Sie dümpelt unter 30 Prozent dahin. Die Grünen liegen in Reichweite, eine Regierung ohne die Union ist denkbar.

Mathematisch betrachtet sprach daher vor der Sitzung des CDU-Präsidiums am Montag alles für Markus Söder als gemeinsamer Kanzlerkandidat der Union. Aber Politik besteht eben aus mehr als dem kühlen Berechnen von Wählerstimmen. Armin Laschet fiel als CDU-Chef qua Amt das erste Zugriffsrecht zu, das gestand ihm auch Söder ein. Und sollten etwa die CDU-Granden ihren gerade gewählten Vorsitzenden mit der Bevorzugung von Söder gleich wieder demontieren? Laschet hatte seine Chance. Er hat sie genutzt.

Aufgeben keine Option

Aufgeben ist für Laschet noch nie eine Alternative gewesen. Von dem Moment an, als Markus Söder am Sonntag seine Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur erklärte, hat Laschet seine Truppen mobilisiert. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans erklärte, es sei „doch klar“, dass sich das CDU-Präsidium hinter den Parteichef stellen werde. Laschets Stellvertreterin, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, lobte die Integrationsfähigkeit ihres Chefs, ebenso der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft in NRW, Dennis Radtke.

Laschet ist ein Kämpfer. Seine gesamte Karriere ist eine Geschichte von Niederlagen, die er in späte Siege verwandeln konnte. Schon 1998 verlor er sein Bundestagsmandat, konnte aber ins Europaparlament wechseln. 2005 wurde er in Düsseldorf Deutschlands erster Integrationsminister und räumte mit der „Gastarbeiter“-Lüge auf – also mit der Fiktion, die Bundesrepublik werde Ar­beits­mi­gran­t:in­nen zur Rückkehr zwingen. Laschet dagegen erklärte Deutschland dagegen zu einer „de facto multikulturellen Gesellschaft“.

Im ultrakonservativen Teil der Union wurde Armin Laschet damit zur Hassfigur. „Türken-Armin“ nannten ihn xenophobe Parteifreunde. Vorsitzender von Landespartei und Landtagsfraktion wurde er erst im zweiten Anlauf. Noch im Landtagswahlkampf 2017 gegen die Sozialdemokratin Hannelore Kraft wirkte er manchmal so, als glaube er selbst nicht an seinen Sieg. Im Streit um den CDU-Bundesvorsitz konnte er sich nur knapp gegen den Wirtschaftsflügel-Vertreter Friedrich Merz durchsetzen – bei der vorhergehenden Wahl, die die glücklose Annegret Kramp-Karrenbauer zur Interimsparteichefin gemacht hatte, war er erst gar nicht angetreten.

Auf der Strecke geblieben ist bei all den Kämpfen Laschets Profil. Galt er als Bundestagsabgeordneter noch als „junger Wilder“, gab er sich als Integrationsminister Grünen-nah, regiert er seit 2017 in NRW trotz knappster Mehrheit von nur einer Stimme relativ geräuschlos mit der FDP. Deren Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart beschwört die „Entfesselung der Wirtschaft“, während Laschets CDU-Innenminister Herbert Reul den Hardliner gibt. Aber auch für Laumann als Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels ist in seinem Kabinett Platz. Laschet selbst inszeniert sich als eine Art Merkel light, als präsidialer, über den Dingen schwebender Regierungschef. Doch wo er inhaltlich wirklich steht, wovon er überzeugt ist, wissen immer weniger Wähler:innen.

Fehler in Coronakrise

Laschets dramatischer Einbruch bei den Umfragen ist, da sind sich alle BeobachterInnen einig, seiner umstrittenen Politik im Kampf gegen das Coronavirus geschuldet – und die kann durchaus in Zusammenhang mit seinen auch ansonsten schwankenden Ansichten gesehen werden. Zumindest rhetorisch gab Söder von Anfang an den Hardliner – und Laschet versuchte, sich als oberster Lockerer der Republik zu inszenieren: Während der Franke den Katastrophenfall ausrief, entdeckte der Rheinländer sein Herz für die ostwestfälische Möbelindustrie. Bei den Wäh­le­r:in­nen und beim konservativen Wirtschaftsflügel der Union wollte der lange als progressiv geltende Laschet punkten – doch der Spagat misslang: Heute gilt der Mann aus Aachen als Politiker ohne klare Linie.

Bezeichnend für Laschets erratisch-schwankenden Kurs in der Pandemiebekämpfung ist ein Landtagsauftritt, den der nordrhein-westfälische Regierungschef vor Ostern hingelegte: Die Lage sei „dramatisch“, der Lockdown müsse „verlängert werden“, erklärte er – und redete dann wenige Minuten später von „Modellregionen“, in denen Lockerungen bis hin zur Öffnung der Gastronomie möglich sein sollen.

Fast an Wäh­le­r:in­nen­ver­ach­tung grenzte diese Rede: „Gäbe es die Mutante nicht, wären wir jetzt genau in dem Gefühl, dass das Virus und die Pandemie sich dem Ende neigen dürfte“, erklärte Laschet – ganz so, als hätten Wis­sen­schaft­le­r:in­nen nicht seit Monaten vor der dritten Welle, vor steigenden Inzidenzen und überlasteten Kliniken gewarnt. „Die Mutante hat eine neue Pandemie gleichsam entstehen lassen“, barmte der Ministerpräsident – als spräche er mit unaufgeklärten Kindern.

Hilflos wirkte der CDU-Bundeschef auch bei Fernsehtalker Markus Lanz: Mit Deutschlands Defiziten, mit der mangelnden Digitalisierung, mit der überbordenden Bürokratie ging er in der Talkshow hart ins Gericht – und erklärte dann, dies habe aber nichts damit zu tun, dass seine Partei seit 16 Jahren regiert. Und seine Erklärung, er müsse über Ostern noch einmal über Corona nachdenken, geriet unter dem Hashtag #laschetdenktnach endgültig zum Witz.

Die Quittung dafür bekam der 60-jährige Laschet am Sonntag. Selbst in NRW sind nur noch 26 Prozent der Wäh­le­r:in­nen mit seiner Arbeit zufrieden.

Laschets Antwort zu den miesen Werten war typisch für ihn: „Umfragen können sich in kürzester Zeit verändern.“

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4 Kommentare

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  • Hauptsache kein Merz.

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch merkelt an:

    “ AC

    Bildunterschrift: "Grundsätze sind bei ihm fließend."



    "Alles fließt" - aber immer bergab.



    "egal ob es um China, das Klima oder Russland geht und Haltung und Laschet sollten nicht in einem Satz vorkommen ." MACHIAVELLI nebenan:



    taz.de/Kanzlerkand...bb_message_4108179

    kurz - Armin - Lasset - 🤫 -

  • 7G
    75787 (Profil gelöscht)

    " ...Doch wo er inhaltlich wirklich steht, wovon er überzeugt ist, wissen immer weniger Wähler:innen." Fairerweise trifft das allerdings neben vielen anderen im Art. genannten Punkten auf beide Kandidaten zu. Bleiben Vertrauenswürdigkeit und charakterliche Eignung.

  • Die Oecher Printe - “ Das große Barmen!“ - das ist fein gesagt.

    unterm—— zum Pudding an die Wand zu nageln:



    “ Das Barmen - Eine arge Geschichte vom harten Leben



    Flann O'Brien, Harry Rowohlt Übers.



    “ An Béal Bocht [ən̪ bʲeːl̪ bɔxt] (irisch für „der arme Mund“) ist ein satirischer Roman, den der irische Schriftsteller Brian Ó Nualláin 1941 unter dem Pseudonym „Myles na gCopaleen“ in irischer Sprache veröffentlichte. Die englische Übersetzung (The Poor Mouth) führt ebenso wie die deutsche Ausgabe (Das Barmen, auch erschienen als Irischer Lebenslauf) als Autor „Flann O’Brien“, also das Pseudonym, unter dem Ó Nualláin seine vier Romane in englischer Sprache veröffentlichte.



    An Béal Bocht ist vorgeblich die von Myles na gCopaleen edierte Autobiographie eines gewissen Bónapárt Ó Cunasa, bedient sich also einer Herausgeberfiktion und wird so über zwei Erzählinstanzen vermittelt. In einem Geleitwort (datiert auf den „Tag des Mangels, 1941“) erklärt Myles, Bónapárt habe sie im Gefängnis selbst verfasst und befinde sich noch immer dort, sicher vor den „Widrigkeiten des Lebens“.

    Tja - Liggers - So könnt‘s gehn - 😂 -



    Leider wird uns aber nichts erspart bleiben! Newahr.



    Normal - Ach herm - 🥳 -