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Lars von Trier über seinen Film "Antichrist""Die Frauen leiden immer"

Lars von Triers neuer Film "Antichrist" schwankt zwischen Horrorfilm und Psychodrama. Mit der sonntaz redet der Regisseur über seine Depressionen, seinen nicht vorhandenen Frauenhass und Charlotte Gainsbourg.

Die französische Schauspielerin Charlotte Gainsbourg in einer Szene des Films "Antichrist". Bild: dpa

Lars von Trier soll Frauen hassen? Diesen Vorwurf empfindet der Regisseur als sehr weit hergeholt. „Warum sollte ich zehn Filme mit weiblichen Hauptfiguren machen? Wenn man keine Elefanten mag, macht man doch nicht zehn Filme mit Elefanten, oder?“ sagt von Trier im Interview mit der sonntaz.

Dennoch quält er auch in seinem neuen Film „Antichrist“, der bei den Filmfestspielen in Venedig Premiere feierte, seine weibliche Protagonistin ausgiebig – und hat dafür sogar eine Frauenhass-Beraterin konsultiert. „So wie ich Männer in meinen Filmen darstelle, sind sie immer dumm, oder nicht? Und die Frauen leiden immer. Das ist natürlich nicht richtig. Aber für mich sind diese Figuren in dieser Form von Bedeutung.“

Bei „Antichrist“ verschränken sich Horrofilm und Psychodrama, die Bilder sind düster, verwunschen und rätselhaft. Die Dreharbeiten dazu brachten Regisseur von Trier an seine Grenzen: „Ich hatte eine Depression, und ich versuchte, mich mit Hilfe der Arbeit aus der Depression herauszuwinden. Es war schon schwierig für mich, überhaupt körperlich am Set anwesend zu sein. Ich hatte Angstzustände, trank zu viel, alles versank irgendwie im Dunst. Normalerweise führe ich die Kamera selbst, aber meine Hände zitterten zu stark.“

Bild: taz

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Umso dankbarer war er seiner Hauptdarstellerin Charlotte Gainsbourg. „Sie war fantastisch. Sie denkt, ich hätte fantastisch Regie geführt, aber ich war gar nicht wirklich da.“ Selbst mit dem Drehen von Masturbationsszenen war sie „vollständig einverstanden“, so von Trier: „Sie ist extrem. Als Privatperson ist sie schüchtern, es kann passieren, dass sie ein ganzes Abendessen über kein Wort sagt.“ Im Film spielt Gainsbourg an der Seite von Willem Dafoe ein Ehepaar, das sich nach dem Tod seines drei Jahre alten Sohnes in eine Waldhütte zurückzieht, um der Verlust zu verarbeiten.

In „Antichrist“ kippen Szenen großer Tragik ins Komische, Unernste. „Wenn man sich einer Sache unsicher ist, gibt es zwei Reaktionen: Entweder man lacht oder man weint. Es ist unvorhersehbar, was es sein wird. In 'Breaking the Waves' haben sicher viele Leute gelacht“, erklärt Regisseur von Trier. „Ich verlange viel von meinem Publikum. Ich erwarte, dass es eine Menge Dinge akzeptiert. Und wenn dabei etwas lächerlich erscheint, dann deshalb, weil ich nicht überzeugend genug bin."

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5 Kommentare

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  • A
    Adrian

    Grad "Antichrist" gesehen, also zum Thema Frauenmoral:

     

    Wenngleich großer Regisseur, ist L. v. T. wahrscheinlich Misanthrop (noch verzeihlich/verständlich), aber mit ziemlicher Sicherheit hasst er Frauen noch etwas mehr als den Rest (oder wir überschätzen sein Sendebewusstsein).

     

    Nämlich: dieses Machwerk produziert rigoros althergebrachte Genderklischees - großer von Trier benutzt dies selbstverständlich "nur" als erzählerisches Mittel - Genderklischees nach dem Modell der 50er Jahre.

    Er: der logisch rationale, der starke, all ihre Schwächen auf sich nehmende, der Fels auf den sich die Ehe gründet usw..

     

    Sie: die psychisch bis zu Untiefen labile, schwache, selbstmitleidige und herrschsüchtige.

     

    Bis zur Hälfte des Films war ich gespannt, wie es sich entwickeln würde, doch leider entwickelt sich später aus der vielversprechenden Einleitung gar nichts, außer mal wieder der Wahnsinn der Protagonist(e/i)n.

     

    Klar, der Trierlars hat sich was dabei gedacht, nur stellt sich mir die Frage: WIESO hat er gerade mal wieder DIESES gedacht und gerade diesen Film gemacht und nicht einen anderen, z.B. einen mit schönen Fantasien beiderlei Geschlechts, oder einen, der den Tod und das Ungewisse etwas weniger moralistisch und mit mehr pep/gewitzterer Konklusion behandelt?

     

    Ein beleidigter Antichrist

  • K
    Karl

    Und, liebe Anke, wenn alle so glücklich und schön wären wie Du, dann bräuchten wir am besten gar keine neuen Filme mehr zu schauen. Oder vielleicht nur noch Tier-Hilfe-Dokumentationen mit Hannes Jähnike (oder wie sich dieser schlimme Mensch schreibt). WIr könnten den ganzen Tag immer Zeitungen lesen, Bücher verschlingen und Filme schauen, die genau das bestätigen, was wir ohnehin schon vorgefühlt bekommen haben und es dann erfolgreich abnicken. Kunst ist Fremderfahrung, meine Gute. Anstatt mich immer nur mit meiner bereits vorhandenen Meinung zu umgeben, lese ich jeden Tag lieber einen scheußlich konservativen Artikel aus der FAZ, damit ich eben etwas neues erfahre. Amen, Dein Lars.

  • K
    Karl

    Und, liebe Anke, wenn alle so glücklich und schön wären wie Du, dann bräuchten wir am besten gar keine neuen Filme mehr zu schauen. Oder vielleicht nur noch Tier-Hilfe-Dokumentationen mit Hannes Jähnike (oder wie sich dieser schlimme Mensch schreibt). WIr könnten den ganzen Tag immer Zeitungen lesen, Bücher verschlingen und Filme schauen, die genau das bestätigen, was wir ohnehin schon vorgefühlt bekommen haben und es dann erfolgreich abnicken. Kunst ist Fremderfahrung, meine Gute. Anstatt mich immer nur mit meiner bereits vorhandenen Meinung zu umgeben, lese ich jeden Tag lieber einen scheußlich konservativen Artikel aus der FAZ, damit ich eben etwas neues erfahre. Amen, Dein Lars.

  • A
    anke

    Die Männer sind immer dumm und die Frauen leiden immer. Der Regisseur verarbeitet seine Ängste und seine Depressionen immer filmisch. Wenn jemand sich nicht für Elefanten interessiert, dann schaut er sich keine Filme mit Elefanten an. Und wenn das Publikum sich nicht für egozentrische, depressive, an der Realität vorbeilebende Regisseure interessieren würde, wüsste kein Mensch, wer Lars Dingsbums ist.

  • M
    majortom

    die premiere von antichrist ist in cannes gewesen und nicht in venedig....