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Larifari, ohne Inhalte

Keine neuen Argumente bei einer Anhörung im Bundestag zum Ladenschlußgesetz. Schafft eine Liberalisierung Umsatz und Arbeitsplätze oder nicht?  ■ Aus Bonn Markus Franz

Um 11.45 Uhr passierte es: Nach fast zwei Stunden Anhörung des Arbeitsausschusses zum Gesetzentwurf zur Änderung des Ladenschlußgesetzes kam die Rede einmal kurz auf die KonsumentInnen. Bis dahin erschöpften sich die Ausführungen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden des Einzelhandels weitgehend in markigen Statements, die die bekannten Ja- oder Neinpositionen bekräftigten.

Wer gegen die Änderung des Ladenschlußgesetzes plädierte, konnte mit kräftigem Applaus aus den gutgefüllten Zuschauerrängen im Wasserwerk rechnen. Mit höhnischem Gelächter und abfälligen Bemerkungen wurden die Stellungnahmen für die Lockerung quittiert. Aus dem Einzelhandel waren zahlreiche Beschäftigte angereist, die ihre Haltung durch bunte Sticker wie „I love 18.30 Ladenschluß“ oder „Ladenschluß gleich Arbeitszeitschutz“ kundtaten. Als Symbolfigur dient die Fledermaus. „Längere Öffnungszeiten sind eben nur für Grufties“, erklärte ein Funktionär der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG). Die Qualität der Argumente nahm er damit vorweg.

Zunächst ging es nur um zwei Fragen. Schafft die Liberalisierung der Ladenschlußzeiten mehr Umsatz und mehr Beschäftigung? Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) bestreitet einen Zusammenhang. Durch längere Ladenöffnungszeiten werde niemand mehr Geld zur Verfügung haben, argumentierte Präsident Hermann Franzen. Der Umsatz bleibe daher absolut gesehen gleich. Profitieren würden allein die Großbetriebe in den Innenstädten und diejenigen auf der grünen Wiese, für deren KundInnen sich dann der weitere Weg von ihren Wohngebieten aus mehr lohne. Franzen räumte ein, daß der lange Donnerstag der einkaufsstärkste Tag der Woche sei. Keine Antwort konnte er auf die Frage geben, wie sich die letzten zwei Stunden des langen Donnerstags und des langen Samstags auf den Umsatz auswirkten. Als Argument gegen die Liberalisierung führte er zudem an, daß es schon jetzt einen Mangel an Azubis im Einzelhandel gebe. Dies werde sich mit einer Lockerung der Arbeitszeiten noch verschärfen.

Doch auch die Gegenseite brachte wenig Fundiertes. Die Argumente erschöpften sich im wesentlichen in der Feststellung, daß schließlich Tankstellen und Kioske zur Nachtzeit besonders gute Geschäfte machten, ebenso wie holländische Einzelhändler an deutschen Feiertagen. Typisch war die Stellungnahme von Erwin Siveris von der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer. Ohne weitere Begründung behauptete er einfach, gerade die kleinen und mittleren Betriebe würden von einer Lockerung profitieren. Das quittierte das Publikum mit höhnischem Gelächter.

Eigentlich hatte die Anhörung große Bedeutung. Die CDU/CSU- Fraktion wollte davon ihre Zustimmung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung abhängig machen. Zudem hatten gestern einige Zeitungen vermeldet, der Gesetzentwurf habe in der vorgelegten Form (Öffnung der Geschäfte werktags bis 20 Uhr und samstags wahlweise bis 14 oder 18 Uhr) keine Chance mehr.

Der sozialpolitische Sprecher der CDU, Julius Louven, wies dies gegenüber der tageszeitung als „Wunschdenken“ zurück. Die Anhörung habe jedenfalls bis zum Mittag keinerlei Neuigkeiten gebracht. Die Fragen seien „larifari, ohne fundierte Inhalte“ beantwortet worden. So sei überhaupt nicht auf die Frage eingegangen worden, wie sich die veränderten Gegebenheiten in Europa auf das deutsche Ladenschlußgesetz auswirken müßten.

Auch der sozialpolitische Sprecher der SPD, Ottmar Schreiner, sah keine Veranlassung, seinen Standpunkt neu zu überdenken. „Argumente für die Öffnung der Ladenschlußzeiten sehe ich überhaupt nicht mehr“, sagte er. Die Hauptargumente für eine Liberalisierung, nämlich mehr Umsatz und mehr Beschäftigung, seien nicht konkretisiert worden. Und außerdem, so der SPD-Mann, stelle er bei den VerbraucherInnen keinen Drang zu geänderten Ladenschlußzeiten fest. Dies war das einzige Mal, daß KonsumentInnen überhaupt erwähnt wurden.

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