Laptop-Affäre um Hunter Biden: Die Marke Biden
Pseudonyme, der Laptop und ein Job für „Johnny“: In den National Archives warten brisante E-Mails von Joe und Hunter Biden auf ihre Veröffentlichung.
E s ist für Historiker ein kostspieliges Unternehmen, im amerikanischen Nationalarchiv (NARA) zu arbeiten. Die Archivbestände befinden sich nicht im säulenverzierten Hauptgebäude in Washington, sondern in einem abgelegenen Vorort. Ein nahe gelegenes Hotel beherbergt die wohlhabenderen Historiker, während der Rest sich irgendwie durchschlagen muss.
Einmal angekommen, stehen alle vor der gleichen Herausforderung: Sie müssen es schaffen, in einem chaotischen Archiv gutes Material zu finden. Auf die überarbeiteten Archivare können sie genauso wenig hoffen wie auf die veralteten Kataloge. Das NARA gilt als chronisch unterfinanziert. Der Geldmangel könnte erklären, warum es 14 Monate dauerte, bis sie eine Freedom-of-Information-Anfrage (FOIA) beantworteten. Die Anfrage könnte Biden die Wiederwahl kosten.
Die Angst vor Trump hat bisher viele Journalisten davon abgehalten, Joe Biden genauer zu untersuchen. Das ist menschlich verständlich. Wer Biden kritisiert, könnte damit Trump zum Wahlsieg verhelfen. Kritik an Biden wurde deswegen regelmäßig als Fox-News-Verschwörungstheorie abgetan. Nur Witze über seine Tendenz, von Podien zu fallen, wurden toleriert. Sie erweckten Erinnerungen an Ronald Reagans letzte Amtsjahre. Auch Reagan hatte ein starkes Gedächtnisproblem. Seine Ehefrau Nancy flüsterte ihm damals die relevanten Infos zu, genau wie es heute Jill Biden tut.
Ein dementer Präsident ist also nichts Neues für die USA. Aber gehört Biden auch in die Riege der korrupten Amtsinhaber? Seitdem 2021 der Laptop seines Sohnes Hunter auftauchte, liegt die Vermutung nahe.
Direktzugang zu Papa Joe
Hunter ist trotz seiner Drogenabstürze ein erfolgreicher Lobbyist. Könnte das daran liegen, dass er Geschäftsleuten Zugang zu Papa Joe verschafft?
Biden senior hat mehrfach erklärt, dass er nichts mit den Geschäften seines Sohnes zu tun habe. Aber dieses Narrativ kollabiert gerade. Denn auf Hunters Laptop waren nicht die Sexfotos interessant, sondern die E-Mails seines Vaters. Sie stammen aus Joe Bidens Zeit als Vizepräsident. Er benutzte damals drei Pseudonyme: Robin Ware, Robert L. Peters und JRB Ware.
Menschen wählen Pseudonyme, um Leute im Netz zu beschimpfen oder ihre Partner zu betrügen, aber in diesem Fall schien das eher unwahrscheinlich. Das Weiße Haus erklärte, Biden habe sie wegen potenzieller Hackerangriffe benutzt. Diese Argumentation hat ihre Schwächen. Regierungsmitarbeitern wird gepredigt, in privaten E-Mails auf keinen Fall berufliche Informationen weiterzugeben.
Aber genau das tat Joe. Er setzte Hunter in regierungsrelevanten E-Mails ins CC. Hunter wusste diese Informationen zu nutzen. In einer E-Mail an Papa versuchte er, seinem Kumpel „Johnny“ einen Job zu verschaffen. Biden senior antwortete: „Wegen Johnny, ruf mich sofort an. Dad.“ In einer anderen E-Mail informierte Joe wiederum Hunter über ein Telefonat mit dem damaligen Präsidenten der Ukraine. Hunter saß zu diesem Zeitpunkt im Aufsichtsrat des Gaslieferers Burisma und erhielt dafür 80.000 Dollar im Monat.
Über 5.000 E-Mails im Archiv
Devon Archer, ein ehemaliger Geschäftspartner von Hunter, sagte aus, dass Joe Biden bei ihren Besprechungen per Lautsprecher zugeschaltet gewesen sei. Das wäre eben die Methode der „Marke Biden“ gewesen.
Die Antwort, was die Marke sonst noch lieferte, liegt in den National Archives. Das Archiv hat jetzt eingeräumt, 5.138 Pseudonym-E-Mails zu besitzen. Es wird sich zeigen, ob sie ihren Inhalt auch veröffentlichen werden. Die letzten Papiere zur Ermordung JFKs wurden erst in diesem Juni freigegeben. Nach 60 Jahren Warten.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott