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Archiv-Artikel

„Lange Rohre, die bum machen“

Prozess wegen illegaler Rüstungsexporte in den Irak in der Endphase. Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Haft

MANNHEIM taz ■ „Wie heißt die Firma, die solche langen Rohre braucht, die immer so bum machen?“ Diese Frage hätte der deutsche Geschäftsmann Bernd Sch., 59, seinem Handelspartner in Jordanien, dem für den Irak tätigen Waffenhändler Sahib al-Haddad, besser nicht gestellt, und schon gar nicht schriftlich. Im Prozess um illegale Rüstungsexporte in den Irak vor dem Landgericht in Mannheim ist der Brief für die Staatsanwaltschaft der Beweis dafür, dass Sch. sehr wohl wusste, dass die von ihm besorgten Bohrsysteme von militärischem Nutzen waren.

Dass er dies „vermutet“ habe, hatte Sch. am zweiten Prozesstag eingeräumt. Und auch dass er gewusst habe, dass „die Teile“ über Amman in den Irak verschoben werden sollten. Die Staatsanwaltschaft beantragte denn auch gestern in ihrem Plädoyer sechs Jahre Haft für Sch. und zwei Jahre und sechs Monate für den mitangeklagten Vertriebsleiter einer Spezialfirma zur Herstellung von Geschützrohren in Niedersachsen. Willi R., 54, lieferte 1999 die Bohrsysteme, mit denen – nach Expertenmeinung – ein zehn Meter langes Artilleriegeschützrohr für ABC-Munition gebohrt werden könne.

Vor Gericht hatte R. beteuert, nichts von den Machenschaften von Sch. und al-Haddad gewusst zu haben. Er sei von einem „Inlandsgeschäft“ ausgegangen. Tatsächlich hatte Sch. dem Vertriebsleiter wohl seinerzeit den Geschäftsführer einer Mannheimer Handelsgesellschaft präsentiert, der als sein Strohmann den inländischen Abnehmer mimte. Die Bohrsysteme im Wert von 200.000 Euro wurden dann aber von Mannheim aus zu al-Haddad nach Jordanien geschafft und von dort aus mit Lkws weiter in den Irak transportiert. Die Vermittlungsprovision für Sch. soll 44.000 Euro betragen haben.

Der gelernte Maschinenbauingenieur Sch. besorgte schon 1997 und 1998 Ersatzteile im Wert von 91.700 Euro für die MiG-Kampfflugzeuge der irakischen Luftwaffe, die alle noch aus sowjetischer Produktion stammen. Hydraulik- und Elektroteile sowie Benzinpumpen für die veralteten Kampfflugzeuge hatte er in der Ukraine aufgetrieben. All das waren Verstöße gegen das Außenwirtschafts- und das Kriegswaffenkontrollgesetz und eine „Beteiligung an der illegalen Aufrüstung des Irak“, so die Staatsanwaltschaft.

Den mit einem US-Pass zuletzt in Jordanien residierenden Waffenhändler al-Haddad hätte die Staatsanwaltschaft gerne als Belastungszeugen vorgeführt. Al-Haddad wurde in Bulgarien festgenommen und sitzt dort in Abschiebehaft. Er gilt als „Rüstungsbeschaffer“ Saddam Husseins, so die Staatsanwaltschaft, für die der Fall „typisch für die Beschaffungsmaßnahmen des Irak“ ist. Der Irak wende sich nie direkt an produzierende Firmen, sondern schalte so genannte Vermittler wie Sch. ein. Das Urteil im Mannheimer Prozess wird für den 31. Januar erwartet.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT