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Archiv-Artikel

Lang geplante Spontaneität

Von ruhigen, linealgezogenen Farbflächen hin zu stürmisch gepinselten Wassermassen: Die Städtische Galerie im Buntentor zeigt eine Retrospektive des Bremer Malers und BBK-Vorsitzenden Hans Wilhelm Sotrop

Vor einem monochrom orangefarbenen Hintergrund steigt ein Regenbogen, ungebrochene Kraft und Dynamik symbolisierend, nach rechts oben auf – nicht als einschließende, behütende Kuppel wie beim Greenpeace-Logo, sondern als breites, gerades Band, das in seinem optimistischen Aufwärtsstreben weit über das Bild hinausweist. Als Gegensatz zu diesem kräftigen, vitalen Prisma schlängelt sich am linken unteren Bildrand eine kümmerliche, organisch weiche Form wie eine schwarze, vertrocknete Pflanze einer DAX-Kurve gleich nach rechts unten. Das ungleiche Paar erlebt tatsächlich eine „Komische Begegnung“, wie der Titel des Bildes besagt.

Das Gemälde ist Teil der Ausstellung „Der Liebe und des Meeres Wellen“, einer Retrospektive des Bremer Malers Hans Wilhelm Sotrop, und zeigt sein Werk von den Anfängen Mitte der 50er-Jahre bis heute – zu sehen von Samstag, dem 15. März an in der Städtischen Galerie im Buntentor.

So wie in Hans Wilhelm Sotrops Bildern immer wieder spannungsreiche Gegensätze entstehen, so wurde auch die Anordnung der Bilder in der aktuellen Ausstellung auf deutliche Kontraste hin ausgerichtet. Frühe, geometrisierende Arbeiten aus den sechziger und siebziger Jahren hängen direkt neben gestisch mit wildem Pinselstrich gemalten Naturdarstellungen jüngeren Datums – ein Arrangement, so unruhig wie die unablässig wogenden Wassermassen der Nord- und Ostsee, die Sotrop in vielen seiner „Seestücke“ thematisiert hat.

Die krassen Gegensätze zwischen den unruhigen Darstellungen der Meeresoberfläche und den planvoll durchkomponierten Farbflächen stürzen manchen Betrachter allerdings in Verwirrung: „Ich werde oft gefragt: Warum machst du so gegensätzliche Bilder?“, erzählt der Maler mit sichtlichem Vergnügen – er selbst findet diese vermeintlichen Gegensätze nur folgerichtig.

„Ich habe sowohl bei den konstruktivistischen Bildern wie auch bei den Naturbetrachtungen nach den gleichen kompositorischen Grundsätzen gearbeitet. Was so spontan aussieht wie die „Seestücke“, ist das Ergebnis langer Planung.“

Der Stilwechsel hin zum Gestischen erfolgte Mitte der 70er Jahre. „Nachdem ich oft mit dem Lineal vor dem leeren Blatt gesessen hatte, fragte ich mich: Warum machst du es nicht wie andere Maler und malst, was du siehst?“

Sotrop brach seine geometrisierende Schaffensphase schlagartig ab und wandte sich nun dem in stetiger Veränderung begriffenen Himmel als Sujet zu. Als er 1978 anfing zu segeln, war er fasziniert von der See.

„Wenn man sich im Boot nur anderthalb Meter über der Wasseroberfläche befindet und die Wasserberge auf sich zukommen sieht, wird man konfrontiert mit dieser mächtigen, absoluten Bewegung, die nie aufhört – das konnte für mich als jemanden, der sich beruflich mit der Malerei beschäftigt, natürlich nicht ohne Folgen bleiben.“

Genauso rastlos wie sein Lieblingssujet ist auch der Künstler selbst: Ein bis zwei Hochsee-Törns im Jahr müssen auch mit 67 Jahren sein, und die jüngsten Werke der aktuellen Ausstellung sind nur wenige Monate alt.

Till Stoppenhagen

16. März bis 20. April, Städtische Galerie im Buntentor. Di, Mi, Fr 10 - 16 Uhr, Do 10 - 20 Uhr, So 10 - 18 Uhr