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Landwirt über Genmais"Rein politisch entschieden"

Landwirt Jörg Piprek wollte den verbotenen Genmais in Brandenburg anbauen und befürchtet nun hohe Ernteausfälle mit konventioneller Aussaat. Außerdem hat er finanzielle Einbußen erlitten.

Jörg Piprek: "Weltweit ist die Gentechnik nicht aufzuhalten." Bild: dpa
Heike Holdinghausen
Interview von Heike Holdinghausen

taz: Herr Piprek, Sie wollten auf Ihrem Hof östlich von Berlin den Genmais MON 810 anbauen. Was machen Sie jetzt mit dem Saatgut?

Jörg Piprek: Keine Ahnung. Ich habe im Winter für 9.000 Euro Saatgut von Monsanto gekauft und wollte es in wenigen Tagen auf über 100 Hektar aussäen. Jetzt muss ich wohl auf konventionellen Mais umstellen.

Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner beruft sich auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Können Sie das Verbot nachvollziehen?

Überhaupt nicht. Als wir das Saatgut gekauft haben, war es zugelassen und legal - und jetzt ist es plötzlich verboten. Wenn ein Pflanzenschutzmittel verboten wird, darf man das für eine Übergangsfrist auch weiterbenutzen. Und beim MON 810 geht alles hier auf gleich. Das kann nicht sein. Das war eine rein politische Entscheidung.

Aigner betont, sie habe rein fachlich entschieden …

Quatsch. Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft hat bei uns Untersuchungen gemacht, da war alles in Ordnung, bei unserem Genmais war die Insektenwelt so vorhanden wie beim anderen Mais. Die große Mehrheit der Wissenschaftler empfiehlt die Zulassung. Wenn ich jetzt konventionellen Mais anbaue, muss ich den so intensiv mit Pflanzenschutzmitteln behandeln, da sterben viel mehr Insekten.

Wie hoch schätzen Sie denn den Schaden, der bei Ihnen jetzt entsteht?

Zunächst sind ja wohl 9.000 Euro verloren, die ich für das Saatgut ausgegeben habe. Doch dabei wird es nicht bleiben. Der Maiszünsler kann in unserer Region große Schäden verursachen, das können Ernteausfälle von zigtausend Euro werden. Wir werden uns beim Bauernverband nach rechtlichen Möglichkeiten erkundigen.

Ganz plötzlich kommt das Verbot ja nicht, MON 810 war schon lang in der Debatte, der Widerstand war groß, auch auf Ihrem Hof waren schon Feldbefreier. Haben Sie nicht zu hoch gepokert, als Sie das Saatgut gekauft haben?

Nein, in letzter Zeit ist es eher ruhiger geworden mit den Gegnern. Und meine Nachbarn haben mit mir auch keine Probleme. Ich habe gedacht, dass sich der Anbau langsam etablieren würde.

Auch von Ihren Nachbarn, darunter Biobauern, gab es keine Kritik?

Die Biobauern in der Nachbarschaft bauen doch gar keinen Mais an. Die Ausgrenzung geschieht aber nur innerhalb einer Art. Deren Probleme verstehe ich auch nicht.

In der EU stehen zwei neue BT-Maissorten zur Zulassung an - werden Sie die anbauen, wenn das möglich wird?

Ja natürlich. Weltweit ist die Gentechnik nicht aufzuhalten. Es wird an Sorten geforscht, die Trockenheit aushalten, da sehe ich ein großes Potenzial. Viele Leute verstehen die Technik nicht und haben deshalb Angst davor. Dass die Ministerin diese Angst jetzt zu einer Entscheidungsgrundlage macht, finde ich ziemlich primitiv.

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9 Kommentare

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  • TK
    Tobias Kirch

    @Sandra Negro

    "Ein Meister hat gesprochen. Der muss es ja wissen. Ein Bauer, der sich Saatgut kauft ohne einen Ahnung zu haben was das eigentlich wirklich bedeutet genmanipuliertes Zeug zu verwenden."

    Und ob er weiß, womit er es zu tun hat, ist er doch ein von Monsanto regelmäßig vorgeschickter "ganz normaler Bauer", natürlich mit juristischer Unterstützung durch Monsanto.

    Und von seinem angeführten "Schaden" muß er zumindest seine 9.000 Euro abziehen, da Monsanto doch direkt angekündigt hat, das Saatgut zum vollen Preis zurückzunehmen. Ob er das "aus versehen" vergessen hat?

  • M
    Michael

    Es ist eine Schande, Mitleid kann man mit solchen Bauern nicht haben!

     

    Wer mit Monsanto Geschäfte macht, der soll Pleite gehen.

     

    Für mich unverständlich warum Genmais anbauen muss!

     

    Warum auch, man gefährdet die Natur und Umwelt und die Ausmaße sind bis heute nicht überschaubar.

     

    Ich kann das Verbot nur begrüßen, ein Meilenstein.

  • JK
    Jürgen Koch

    WELT, FAZ, ZEIT, Süddeutsche oder Rundschau kommentieren wie erwartet Pro oder Contra. Da ist es mal richtig erfrischend, dass die TAZ auch einen engagierten Befürworter zu Wort kommen lassen, wo sie sonst eindeutig contra Gentechnik ist.

     

    Euren Mut, den Lesern nicht nach dem Munde zu schreiben, finde ich jedenfalls gut, lasst Euch von den Nörglern nicht bange machen.

  • F
    Florian

    Soll man jetzt Mitleid mit dem Genbauern haben? Hoffentlich geht der Typ pleite!

  • S
    sebastian

    Dieses Interview reproduziert die Unwissenheit des Bauerns und die Propagendaretorik der Gentech-Industrie. Ich habe selten so ein einseitiges Interview in der Taz gelesen.

     

    Das könnt ihr besser!

  • JS
    Jens Schlegel

    "Viele Leute verstehen die Technik nicht..." und hätten deshalb Angst. Typisch für die Befürworter der Gentechnik die Gegner einfach als ängstlich aus Dummheit zu bezeichnen.

     

    Jetzt müsse er bei konventionellem Anbau wieder sehr viel mehr spritzen. Diese Aussage macht ein schwarz / weiß Denken deutlich indem auf weitere Möglichkeiten kategorisch verzichtet wird.

     

    Weg mit Monokulturen? Kleinflächiger Anbau? Umstellen auf Bio-Betrieb? Alles UNMÖGLICH!

     

    "Die meisten Wissenschaftler befürworten den Anbau (von gentechnisch veränderten Organismen)" - welche Wissenschaftler? Die Biologen von Monsanto, die Wirtschaftswissenschaftler und äh, ja das wars dann wohl wahrscheinlich.

     

    Zum Glück weiß ich, dass die meisten Bauern besser informiert sind, würde sonst ein ganz schlechtes Bild auf diesen Berufsstand werfen.

  • SN
    Sandra Negro

    Ein Meister hat gesprochen. Der muss es ja wissen. Ein Bauer, der sich Saatgut kauft ohne einen Ahnung zu haben was das eigentlich wirklich bedeutet genmanipuliertes Zeug zu verwenden. Er vergleicht es mit den Einsatz von Pestiziden. Nur haben Gene eine völlig andere Auswirkung als Pestizide. Denn Gene lösen sich nicht irgendwann einfach auf. Sie können ganze Kettenreaktionen auslösen.

    Sind wir doch einnmal ganz ehrlich Herr Piprek. Ihnen geht es einzig und alleine um Profit. Da hört man von einer tollen Sache aus Amerika und meint, man springt hastig auf den Zug auf, ehe er vorbeigefahren ist. Umwelt? Zukunft? Risiko? Probleme der Ökobauern? Scheiß egal, solange der eigene Umsatz stimmt. Was geht es mich an, was mit meinen Kindern sein wird.

    Würden sie auch Pestizide einsetzen, die nachweislich zur dauerhaften Impotenz führen?

  • B
    Björn

    "Die Biobauern in der Nachbarschaft bauen doch gar keinen Mais an. Die Ausgrenzung geschieht aber nur innerhalb einer Art. Deren Probleme verstehe ich auch nicht."

     

    Wie hier richtig festgestellt wird, kreuzt sich der gentechnisch veränderte Mais aus. Je mehr gentchnisch veränderter Mais angebaut wird, desto schwieriger (unmöglich) wird es, gentechnikfreie Produkte anzubieten. Dem Konsumenten wird so für immer die Auswahlmöglichkeit genommen.

     

    Versuche haben gezeigt, dass die Artenvielfalt durchaus unter dem Anbau leidet und nicht nur der Maiszünsler geschädigt wird. Wie alle Giftstoffe reichert sich aus das "bt" in der Nahrungskette an. Es gibt alternative Methoden, um mit biologischen "Schädlingen" umzugehen. Und eine Trockenresistenz kann man auch durch klassische Züchtung erreichen - dazu braucht niemand Bakteriengene in Pflanzen.

     

    Und zum Schluss sei noch auf die Machenschaften von Monsanto und Co in Entwicklungsländern hingewiesen, wo Bauern abhängig gemacht werden von gentechnisch verändertem Saatgut (über Kredite etc.).

     

    Hier ist in meinen Augen mal ein Lob an die CSU angesagt - auch wenn die Beweggründe in meinen Augen leider wirklich eher wahlkampfbegründet sind.

  • L
    Leser

    Ist das die neue taz? Nicht jemand aus der Widerstandsbewegung gegen Gentechnik wird interviewt, sondern Bauer Piprek. Und der darf weiterhin Unwahrheiten verbreiten.

     

    @"plötzlich verboten": der Mon810 war im letzten Jahr schon mal verboten, allerdings erst nach der Aussaat, dank Seehofer. Von daher ist es schon ein Roulette-Spiel, sich davon für 9000 Euro zu bevorraten, zumal wenn man als Genmais-Bauer wissen sollte, dass ein Verbot droht. Glücksspiel ist nicht verboten - aber man sollte damit nicht auch noch Mitleid heischen gehen.

     

    @"eher ruhiger geworden mit den Gegnern"/"der Anbau langsam etablieren würde": die angemeldeten Flächen sind in Deutschland zurückgegangen von 2008 auf 2009! NIx mit "etablieren", Gentech ist auf dem Rückzug und verschwindet hoffentlich bald ganz!

     

    @"Ausgrenzung geschieht aber nur innerhalb einer Art": das ist Unsinn, es gibt den horizontalen Gen-Transfer.

     

    @"Trockenheit aushalten": aber die gegenwärtigen komemrziellen Sorten sind entweder welche, die permanent in unbekannter Konzentration in allen Pflanzenteilen das Bt-Insektengift produzieren, oder welche, die gegen Totalherbizide resistent sind. Das ist ggw. der Gentech-Markt!

     

    Warum kann die Interviewerin nicht vernünftig nachhaken? Warum reproduziert die taz die Lügen der Gentech-Industrie? Ein Armutszeugnis!