Landtagswahlkampf in Hessen: Ungewohnt einträchtig gegen AfD
In Wiesbaden demonstrierten Grüne, Linke und SPD zusammen gegen Rechtspopulismus. Anlass ist der Wahlkampfauftakt der AfD.
Am 28. Oktober wird in Hessen gewählt. Laut aktuellen Umfragen würde die AfD ein zweistelliges Ergebnis erreichen und damit erstmals ins Landesparlament einziehen.
An der Spitze des Demonstrationszuges hatten sich SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel und Linken-Fraktionschefin Janine Wissler eingereiht. „Unsere Alternative ist Solidarität“ stand auf ihrem Transparent. Im Demozug war auch der stellvertretende hessische Ministerpräsident, Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir. Zum Auftakt hatte er auf dem Bahnhofsvorplatz vor den „Nationalisten“ der AfD gewarnt. „Die wollen die Uhr zurückdrehen“, rief der Grüne und fügte hinzu: „Ich überlasse es nicht den Rechten, zu definieren, was Heimat ist und wer dazugehört und wer nicht.“
Die Linke-Fraktionschefin sagte: „Wir verteidigen die Rechte, die Menschen für uns erkämpft haben.“ Sie nannte die Demonstration ein starkes Signal dafür, dass die AfD in Hessen nicht willkommen sei. Für die Katholische Arbeiterbewegung sagte Thomas Diekmann: „Rassismus und Ausgrenzung dürfen nie wieder salonfähig werden.“ Der Leiter der Anne-Frank-Bildungsstätte, Meron Mendel, überbrachte einen Gruß der 97 Jahre alten Holocaust-Überlebenden und Frankfurter Ehrenbürgerin Trude Simonsohn. Sie habe ihm ihren Wahlspruch mit auf den Weg nach Wiesbaden gegeben: „Zu jedem Unrecht Nein sagen.“
Am Rande der Kundgebung versuchten AfD-Vertreter zweimal, die Demonstrant*innen zu provozieren. Die AfD-Landesspitze, die nach eigener Darstellung gekommen war, um mit ihren Gegner*innen zu diskutieren, wurde unter Trillerpfiffen und Sprechchören von Ordnern des Platzes verwiesen. Ein AfD-Sympathisant, der einen Judenstern auf sein Schild gemalt hatte und so die Kampagne gegen die AfD mit der Judenverfolgung gleichzusetzen versuchte, musste sein Plakat schließlich herunternehmen.
„Kennenlernen“ beim Wein
Während SPD, Linke und Grüne in ungewohntem Schulterschluss gemeinsam demonstrierten, kritisierte FDP-Landeschef Stefan Ruppert das Bündnis: „Diese Demonstration spielt der AfD in die Karten“, sagte er. Auch die CDU beteiligte sich nicht; die Union setze sich mit der AfD politisch auseinander, sagte ihr Sprecher.
Die hessische AfD rechnet fest mit ihrem Einzug in den hessischen Landtag. Am letzten Mittwoch hatte ihre Landesspitze die Journalist*innen der hessischen Landespressekonferenz „im Namen der zukünftigen AfD-Landtagsfraktion“ zum „Kennenlernen“ im Rahmen der Rheingauer Weinwoche zum Umtrunk eingeladen.
Auf die bevorstehende Demonstration angesprochen, bezeichnete es dort Landessprecher Klaus Herrmann als „traurig“, dass kirchliche, gewerkschaftliche und umweltpolitische Organisationen gegen die AfD mit SPD, Grünen und Linken gemeinsame Sache machten. Das entspreche nicht seiner Vorstellung von einem fairen Wettbewerb unter politischen Parteien, sagte Herrmann der taz.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau