Landtagswahlen in Ostdeutschland: Grüne Landschaften
Die Grünen surfen im Osten auf der Siegerwelle. Zuletzt haben sie den Einzug in die Landtage von Dresden und Erfurt geschafft. Ende September wollen sie Potsdam erobern.
BERLIN taz | Natürlich seien die Grünen-Ergebnisse in Sachsen und Thüringen auch Rückenwind für die Brandenburger, sagt Axel Vogel. Er ist Spitzenkandidat der Bündnisgrünen bei der Landtagswahl, die dort Ende des Monats zeitgleich zur Bundestagswahl stattfindet. Die Brandenburger gehen fest davon aus, nach 15 Jahren wieder in den Potsdamer Landtag einzuziehen. "Ich glaube, wir werden sogar noch ordentlich etwas auf das thüringer Ergebnis drauflegen", sagt Vogel.
Die thüringer Grünen schnitten bei der Landtagswahl am vergangenen Sonntag mit 6,2 Prozent ab und haben damit als zweiter ostdeutscher Landesverband nach langer Abstinenz den Sprung ins Parlament geschafft. Die Sachsengrünen, als einzige Ostgrüne mit Landtagsfraktion bisher schwer beneidet, konnten ihr Ergebnis auf 6,4 Prozent verbessern. Kämen nun auch die Brandenburger in den Landtag, wäre der Osten für die Bündnisgrünen endlich kein Brachland mehr. 2011 können Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern vielleicht nachziehen.
Abhängig sei dies freilich nicht nur von einer möglicher Wechselstimmung im Land. "Aktuell hat natürlich der Bundestrend geholfen", erklärt etwa die thüringer Bundespolitikerin Katrin Göring-Eckardt. Sondern es seien etwa dank der Aufhebung der Fünf-Prozent-Hürde auch bei den jüngsten Kommunalwahlen Grüne in die Stadträte eingerückt. "Plötzlich waren Gesichter da. Den Leuten wurde klar: ,Das ist hier der Grüne'", sagt Göring-Eckardt.
Dieses Mal hatten die Grünen in Thüringen mit aller Kraft versucht, nicht nur in den Universitätsstädten Erfurt und Jena dazuzulegen, sondern auch in den Kleinstädten. Auf dem platten Land wurde gegen Schweinemastanlagen plakatiert. Doch insgesamt, sagt die thüringer Landesvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich, die bald die Fraktion anführen dürfte, "haben wir eher mit der sozialen Frage als mit Umweltpolitik gepunktet."
Es gebe in Thüringen anders als in Sachsen oder Brandenburg keinen "klassischen neuralgischen Punkt" wie Kohleabbau, erklärt Rothe-Beinlich. Indem sie seit Jahren die Verbindung von Bildung und Armut zum Thema machten, hätten die thüringer Grünen nun die meisten Stimmen aus dem Nichtwählerspektrum gezogen.
Auch die Fraktionschefin der Sachsengrünen, Antje Hermenau, ist stolz, nicht nur in den Studentenstädten Dresden und Leipzig, sondern auch in den mittelgroßen Städten die Ergebnisse leicht verbessert zu haben. Sie hat persönlich am Ruf gearbeitet, "nicht wirtschaftsschädigend" zu sein: "Ein Auftritt wie ich ihn hinlege, wird auch dem einen oder anderen SPD- und CDU-Wähler gefallen haben", sagt sie.
Den Löwenanteil ihrer Wähler finden die Sachsengrünen allerdings in den alternativen Studierendenquartieren vor allem in der Landeshauptstadt, wo Wirtschaftspolitik kein vorrangiges Thema ist. Ein Viertel der Stimmen kommt allein aus Dresden. Ohne Piraten- und Tierschutzpartei wäre hier vermutlich sogar noch weit mehr zu holen gewesen.
Der Brandenburger Spitzenkandidat Axel Vogel führt eher wie Hermenau einen wirtschaftsbetonten Wahlkampf. Er spekuliert auf den Berliner Speckgürtel, in den viele junge Familien mit urbanem, akademischen Hintergrund gezogen sind. Eine Lehre, sagt Vogel, hat er auf jeden Fall aus den jüngsten Wahlergebnissen gezogen: "Wir müssen einen viel stärkeren Zweitstimmenwahlkampf führen." Die meisten Wähler wüssten offenbar nicht, dass eine Erststimme den Grünen wenig nutze. "Die Unkenntnis über das Wahlsystem ist unglaublich verbreitet."
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