Landtagswahl BaWü nach Atomunfall: Es wird knapp

Er hatte sich für AKW-Laufzeitverlängerungen starkgemacht. Das könnte Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Stefan Mappus am 27. März das Amt kosten.

Japan statt Landtag: Am vergangenen Samstag tut ein Demonstrant in Neckarwestheim kund, wo er Stefan Mappus haben will. Bild: dpa

STUTTGART taz | Die neu aufkochende Atomdebatte zwei Wochen vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg bringt Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) in Bedrängnis. In den letzten Umfragen hatten Rot-Grün und Schwarz-Gelb noch nahezu gleichauf gelegen. Doch die Katastrophe in Japan könnte jetzt den Grünen als Anti-Atom-Partei neuen Aufschwung bringen und Ministerpräsident Mappus das Amt kosten. Sie dürfte außerdem den Lagerwahlkampf verschärfen - in einem Bundesland, in dem der Atomstrom einen Anteil von gut 50 Prozent hat.

Es war Mappus, der sich im vergangenen Jahr lautstark in die Diskussion über die Laufzeitverlängerung eingeschaltet hatte. Er griff seinen Parteikollegen und Bundesumweltminister Norbert Röttgen an, der eine moderate Verlängerung befürwortet hatte. Mappus schien es hingegen gar nicht schnell und lang genug zu gehen. Die lautstarke Einmischung von damals bringt Mappus heute in Erklärungsnot.

Ähnlich wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versucht es der Ministerpräsident mit Sachlichkeit. Am Wochenende berief er eine Expertenkommission ein. Die Landesregierung werde "umgehend mögliche Konsequenzen prüfen, die wir in Baden-Württemberg aus den Ereignissen in den Atomanlagen in Japan ziehen", sagte Mappus. "Sollte sich eine bisher nicht bekannte Fehlerquelle herausstellen, werden alle nötigen Konsequenzen vorbehaltlos gezogen." Und noch klarer: "Kernkraftwerke, die nicht den erforderlichen Sicherheitsansprüchen genügen, werden abgeschaltet."

Mit dieser Erklärung konnte Mappus jedoch nicht verhindern, dass die Atomdebatte den Südwesten schnell erfasst hatte. "Wir müssen raus aus dieser Risikotechnologie, so schnell wie möglich", sagte Grünen-Spitzenkandidat Winfried Kretschmann. Philippsburg 1 und Neckarwestheim 1 müssten sofort vom Netz genommen, die Laufzeitverlängerung müsse zurückgenommen werden. "Ministerpräsident Mappus hat diese lange Laufzeitverlängerung gegen seinen eigenen Umweltminister Röttgen an den Ländern vorbei durchgesetzt. Er steht in besonderem Maße in der Pflicht, dass diese Laufzeitverlängerung umgehend rückgängig gemacht wird."

Neben den Grünen versucht sich jetzt auch die SPD als Anti-Atom-Partei in Baden-Württemberg zu profilieren, wovon währen der Zeitrechnung vor Fukushima wenig zu sehen war. Auf den Wahlplakaten etwa kein Wort zur Laufzeitverlängerung. Nachdem sie im Wahlkampf 2006 mit Atom nicht punkten konnten, versuchten die baden-württembergischen Sozialdemokraten, das Thema dieses Mal ins Positive zu wenden, und warben mit neuen Arbeitsplätzen durch erneuerbare Energien.

Das hat sich nun geändert. SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid sagte: "Dass sich auch in einem Hochtechnologieland wie Japan das Restrisiko realisieren kann, zeigt, wie verantwortungslos es ist, weiter auf Atomenergie zu setzen." Und zu Mappus: "Jetzt holt Sie alles wieder ein, was Sie letztes Jahr zur AKW-Laufzeitdebatte gesagt haben."

Grüne und SPD dürften nicht nur von ihrer grundsätzlichen Haltung zur Atomkraft profitieren. In Baden-Württemberg mit den Altreaktoren Neckarwestheim 1 und Philippsburg 1 käme ihnen als Atomaufsicht eine besondere Rolle zu. Wie die Grünen erklärte auch die SPD, beide Meiler im Fall eines Regierungswechsels abstellen zu wollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.