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Landschaftsmuseum StapelholmSammeln und Erkennen

Sommer im Museum (6) Das Landschaftsmuseum Stapelholm hat gerade mal zwei Räume, dafür umso größere Bestände an alten Gebrauchsgegenständen. Wozu sie einmal dienten, wissen manchmal nicht mal die ehrenamtlichen Mitarbeiter so recht.

Kaum erklärungsbedürftig: eine Frau in alter Stapelholmer Tracht. Bild: Förderverein Landschaft Stapelholm

STAPELHOLM taz | Rita Framke, Arno Vorpahl und Heinz Warnecke müssen gut aufpassen: Manchmal steht abends mehr in ihren Ausstellungen als noch am Morgen. Neulich zum Beispiel war es ein Melkeimer, den jemand dagelassen hatte. Eine alte Dame kam mehrmals täglich und brachte immer neue Kleinigkeiten mit, Teller, Knöpfe, Bilder: Ihre Kinder hätten eh kein Interessen daran, sagte sie, und hier seis doch in guten Händen. Einige schenken Wäsche, gestärkt und gebügelt, andere das gute Geschirr mit dem Goldrand. "Es ist", sagt Rita Framke, "ein seelsorgerischer Aspekt dabei."

Die drei ehrenamtlichen Organisatoren des Landschaftsmuseums Stapelholm, allesamt Mitglieder des "Fördervereins Landschaft Stapelholm", freuen sich, wenn ihnen die Leute zutrauen, die Familienschätze zu hüten. Sie staunen über besondere Stücke und fragen sich, wie sie die Dinge aufbewahren sollen. Und vor allem, wann, wie und wo sie sie jemals zeigen könnten.

Das Stapelholm-Huus, Sitz des Fördervereins, steht im Dörfchen Bargen an der Eider. Im Obergeschoss befindet sich das Museum, das nur aus zwei Räumen besteht: Einer birgt die Webstube, im anderen stehen ein paar Vitrinen, eine Bauerntruhe, ein Schlafzimmer. Der Rest des Museums liegt in Kästen und Truhen. Der größere Teil steht in einer Scheune in einem Nachbardorf. Ein kompletter Friseursalon ist dabei, alte Stühle, landwirtschaftliches Gerät, eine Karre, die jemand in den Notzeiten nach dem Krieg aus einer Schublade gebastelt hat. Skurriles ist dabei und einiges, dessen Sinn die Leute vom Museum noch nicht herausgefunden haben.

Dei Serie

Warum nicht, gerade im Sommer, das aufspüren, was die Peripherie oder, gut versteckt, die eigene Stadt so an Kultur zu bieten hat? Das kann bedächtig, muss aber nicht verschlafen sein, sondern im Gegenteil: engagiert, bodenständig, mal öffentlich, mal privat und im besten Sinne facettenreich. Wir stellen einige Museen, Gedenkorte, Initiativen der Region vor, die zu besuchen sich lohnen könnte - wenn auch, vielleicht, nicht für jede und jeden.

Die meisten Dinge bringen die Besucher weniger zum Staunen als zum Wiedererkennen: Hatte Oma nicht ein ähnliches Milchkännchen, hängt jenes Gerät nicht auch zuhause im eigenen Geräteschuppen? Um zumindest einen Teil der Gegenstände zeigen zu können, konzipiert das Museum Wanderausstellungen: "Torf" lautet das Thema in diesem Jahr, gezeigt werden Geräte und Fotos, Tafeln erklären den Weg des Torfs vom Moor in den heimischen Herd und erinnern daran, wie nach dem Zweiten Weltkrieg jedes Kind Torf mit zur Schule bringen musste, um die Klasse damit zu heizen.

Angefangen hat es mit dem Museum aus dem schlichten Wunsch, "Dinge zu bewahren", sagt Vorpahl. Der Förderverein ist rührig: Er gibt eine Zeitschrift heraus, seine Mitglieder mischen im lokalen Geschehen mit, werben für ihre Region. Wenn irgendwo in der Gegend ein Hausstand aufgelöst oder ein alter Hof vor dem Abriss steht, werden Vorpahl oder Framke, Leiterin des Arbeitskreises Landschaftsmuseum, gerufen. "Mit Zinkwannen oder Kleingeräten könnten wir inzwischen handeln", sagt Framke und seufzt. "Und Bauerntruhen haben wir auch eine ganze Reihe."

Etwas Neues waren da schon die Webstühle. Die ehemalige Besitzerin, Käthe Schlichting, hatte sich selbst das Weben beigebracht und bis zur Rente eine Weberei im Dorf Erfde betrieben. Das Museum erhielt einen Tipp, dass die Webstühle noch auf dem Dachboden stünden. "Als wir sie sahen, kamen uns fast die Tränen", erinnert sich Framke: Statt einsatzbereiter Geräte lag dort ein Bretterstapel. Fachleute aus dem Weberdorf Meldorf halfen, sie wieder aufzubauen. Eine junge Weberin, Imke Henze, bietet nun Webkurse im Stapelholm-Huus an, und in den Vitrinen sind Stoffe, Flachs und Trachten der Region zu sehen.

Das Mini-Museum in Bargen ist kein Einzelfall: Es gibt in Schleswig-Holstein eine ganze Reihe solcher Klein- und Kleinstmuseen. Die Internetseite www.museen-sh.de listet allein 20 Stadt- oder Regionalmuseen und weitere 13 "Bauernhofmuseen" auf, vom "Olen Hus" in Aukrug-Bünzen bis zum Roten Haubarg in Witzwort. Und die tatsächliche Zahl ist noch viel höher: In vielen Orten sammeln Freiwillige und Enthusiasten wie Vorpahl, Framke und Warnecke alte Dinge und stellen sie aus.

Förderverein Landschaft Stapelholm, Eiderstr. 5, Erfde-Bargen. Das Haus ist täglich zugänglich, die Museumsgruppe beantwortet dienstags von 15.30 bis 18 Uhr Fragen.

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