■ Landowski und die Kommunisten: Angst vor der Wahl
Wie weiland Franz Josef Strauß im Kampf gegen die sozialistisch unterwanderte SPD hauen die Berliner CDUler plötzlich auf die Wahlkampfpauke: Urängste vor roten Zombies werden geschürt, propagandistisch das Volk gegen das „rot-grüne Unglück“ aufgehetzt und mit dem Schreckgespenst kommunistischer Infiltration gegen ein Volksfrontbündnis gepaukt. Das ist zwar neu im verschlafenen Berliner Wahlkampf. Mit einer Schmutzkampagne, bei der der politische Gegner mit Läusen verwechselt wird, hat auf der Zielgeraden niemand mehr gerechnet. Brav und dumm waren die Plakate geblieben: ein tumber Bär neben Föhnlocken und bumsenden Fröschen – was kann blöder sein.
Besonders originell sind die CDU-Wahlkampfattacken aber auch nicht – kommen sie doch aus der Mottenkiste. Was also hat die schwarzen Biedermänner und Plakatbrandstifter getrieben – an einem Tag, wo die Umfragen die SPD erstmals unter dreißig Prozent sehen? Die Angst vor dem Wähler? Der hatte schließlich 1989 trotz anders lautender Prognosen die CDU abgewählt. Und heuer, fürchtet Fraktionschef Landowski, könnte das ähnlich werden. Zu sicher gibt sich seine Partei, zu selbstverliebt lächelt Diepgen, zu zerstritten ist der Gegner. Wo alles vorher entschieden zu sein scheint, droht der Wähler am 22. Oktober zu Hause zu bleiben, statt an die Urne zu gehen, gruselt sich der rechte CDU-Mann. Damit an jenem Sonntag nach der ersten Hochrechnung nicht die CDU das Nachsehen hat, weil nur jeder zweite wählen ging, mobilisieren er und sein Wahlkampfmanager Radunski jetzt mit der Schlammschleuder. Inhalte spielen schon deshalb keine Rolle mehr, weil die CDU inhaltlich offensichtlich nichts anzubieten hat. Rolf Lautenschläger
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