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Landhaus-Affäre in SpanienZwei Drittel vertrauen Podemos-Chef

Der Chef von Podemos, Pablo Iglesias, sorgte für einen Skandal, weil er ein Landhaus gekauft hatte. Seine Partei hat sich nun hinter ihn gestellt.

Amt und Haus sind kein Gegensatz: Pablo Iglesias und Irene Montero im spanischen Parlament Foto: reuters

Der 39-jährige Generalsekretär der spanischen Podemos, Pablo Iglesias, und seine Lebenspartnerin sowie Fraktionssprecherin der Linksalternativen in Spaniens Parlament, Irene Montero (30), haben die Basisabstimmung überstanden. Die beiden stellten vor etwas mehr als einer Woche ihre Ämter zur Verfügung, nachdem sie wegen des Kaufes einer Luxusvilla mit 2.000 Quadratmeter Grundstück und Schwimmbecken in die Kritik geraten waren.

68,4 Prozent stimmten jetzt für sie, 31,6 Prozent für ihren Abtritt. Laut Podemos hatten 188.176 der 500.000 Eingeschrieben an der Onlineabstimmung teilgenommen, die höchste Beteiligung bei einer internen Entscheidung seit der Parteigründung 2014.

Den Kritikern ging es nicht um das Haus an sich, sondern um die Glaubwürdigkeit einer Partei, die bisher immer Bescheidenheit predigte und Politiker anderer Parteien wegen ihres „vom einfachen Volk abgehobenen“ Lebensstils kritisierte. Iglesias und Montero kommen aus einfachen Verhältnissen. Genau das, machte sie so anders in Spaniens Politik. Iglesias verwies gern auf seine 60-Quadratmeter-Wohnung in einem Arbeiterviertel in Madrid. Er kritisierte diejenigen, die sich in Villen außerhalb der Hauptstadt niedergelassen hatten. Dort bekämen sie nicht mit, was die Menschen bewege.

Dieser Diskurs, der auf Anhieb über fünf Millionen Wähler brachte, ist jetzt wohl Geschichte. Das Anwesen, indem die beiden „geschützt vom Druck der Presse“ ihre erwarteten Zwillingen großziehen wollen, kostet über 600.000 Euro. Berichten zu Folge nahmen Iglesias und Montero den Kredit dafür bei der Bank auf, bei der auch die Partei ihre Konten hat. Die Kreditbedingungen sollen sehr günstig sein.

Iglesias bleibt

Iglesias hatte auch im Falle geringer Wahlbeteiligung mit Rücktritt gedroht. Dies und die Kampagne, die Kritik sei von der rechten Presse orchestriert, brachten den Erfolg. Nur die kleine antikapitalistische Parteiströmung verurteilte den Hauskauf. Iglesias Ex-Freund und jetzt innerparteilicher Gegner, Iñigo Errejón, schloss die Reihen mit den beiden Parteiführern, auch wenn sich zeigte, dass ihm seine Anhänger wohl nicht folgten und Iglesias und Montero abstraften.

„Meine Pflicht ist es an der Spitze von Podemos weiterzumachen und sowohl die 70 Prozent zu vertreten, die mich unterstützen, als auch die 30 Prozent, die einen anderen Generalsekretär wollten,“ sagte Iglesias zum Ergebnis. Beim letzten Parteikongress vor einem Jahr erzielte er noch knapp 90 Prozent Unterstützung.

Kritiker fürchten, dass die Rechnung mit den nächsten Wahlen kommt – nicht nur wegen persönlicher Widersprüche wie beim Hauskauf, sondern auch wegen der neuen Linie der Partei. Statt wie einst der Empörtenbewegung in allen Bevölkerungsschichten Stimmen zu suchen mit einem „unten gegen oben“ und so zur echten Alternative zu werden, reden Iglesias und Montero seit einem Jahr von „links und rechts“. Viele derer, die den Schwenk nicht mittragen wollten, haben ihre Parteiposten verloren.

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3 Kommentare

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  • Rechts-Links-Mann-Frau (fast) ein jeder schaut zuerst wo er selbst bleibt.

    Sehr freigiebige Personen haben meist ein Polster im Rücken, dass die Freigiebigkeit objektiv doch eher schäbig ist. Persönlich habe ich erst einmal in meinem Leben eine Person kennengelernt, die anders gehandelt hat. Ein Pfarrer in meinem Kaff hat sein Pfarrhaus, in dem er selbst gelebt hat, für Obdachlose geöffnet. Das hat aber den Oberen nicht gefallen und auch dem Kirchenvolk nicht. Denn das Pfarrhaus stand direkt neben der Kirche und da fühlte sich ein mancher belästigt von den nun nicht mehr Obdachlosen. Da er sein Verhalten trotz Mahnungen nicht geändert hat, wurde er versetzt. Der Neue hat die Praxis natürlich sofort beendet.

    Unsere Gesellschaft fußt auf Egoismus. Personen die wirklich teilen, die tatsächlich alles abgeben was nicht notwendig ist, erscheinen doch als verwirrte, im besten Falle etwas komische Gestalten.

    Natürlich schaut ein Linker, dass er abgreift was er kann und natürlich redet er anders.

    Natürlich bezieht ein Kardinal ein monatlich ein 5 stelliges Gehalt, trägt ein mit Gold besticktes Gewand und natürlich schwadroniert er was von Jesu, Verzicht, Bescheidenheit und der Nächstenliebe.

    Alles nur Geschäftsmodelle die funktionieren. Da kann sich doch niemand ernsthaft wundern. Zudem muss man sich da mal an die Nase fassen, wer würde denn tatsächlich sien Geld spenden, statt der eigenen Familie ein Haus zu kaufen. Zudem hatten die zwei Berufstätigen gerade mal 60.000 Euro als Anzahlung und nun über ne halbe Million Schulden, ja mei wie kann denn da Neid aufkommen.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @BluesBrothers:

      Um Neid geht es ja hier gar nicht, sondern um mangelnde Offenheit und Vertrauensverlust undzwar nicht der Parteibasis, sondern vor allem der Wähler.

      Den Kredit können die beiden locker bedienen, solange sie Abgeordnete sind, was bei der Laufzeit auch bedeutet, dass sie es lange bleiben müssen. Der Kredit zwingt sie also, sich zu jenen für alle Kompromisse offenen Berufspoltikern zu mutieren, die sie nie werden wollten.

      Ob sie jetzt ihre bisherige Eigentumswohnung zu einem günstigen Mietpreis an minderbemittelte Mitbürger vermieten, Airbnb machen oder von den erneut ansteigenden Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt in Spanien profitieren wollen, hängt natürlich auch von ihrer beider Gewissen ab.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Pablo Iglesias Turrion hat es also geschafft, das Arbeiterviertel Vallecas zu verlassen, um sich 40km von Madrid entfernt von der Öffentlichkeit abzuschirmen, damit seine Kinder eine" normale Kindheit" haben, die sie in diesem Viertel, " spiel nicht mit den Schmuddelkindern", augenscheinlich nicht gehabt hätten.

    Die Frage stellt sich, inwiefern Irene Montero und Pablo Iglesias bei einer derart abgehobenen bourgeoisen Rechtfertigung noch die Interessen der Millionen von "Working Poor", Arbeitslosen, mittellosen Studenten usw..beim Schlürfen eines Mojitos am Swimming Pool.glaubwürdig vertreten können.

     

    Denn nicht einmal die Hälfte der Parteimitglieder haben ihre Stimme abgegeben. Im günstigsten Fall kann man von Gleichgültigkeit ausgehen, im schlimmsten Fall von Abscheu. Bleiben also die, die ihrer Wut Ausdruck verliehen haben und die, die bedingungslos und kritiklos ihrem Füher folgen. Und es bleiben natürlich noch die Wähler von Podemos, die auch mehrheitlich resigniert und angeeckelt zu Hause bleiben können und die Gefahr, dass Podemos zu einer Splittergruppe wird. Uneinigkeit und Rivalitäten gibt es ja schon genug.