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Lammert fordert RichterreformBundestag soll Richter wählen

Die Bestellung von Verfassungsrichtern habe eine große Tragweite, findet Bundestagspräsident Lammert. Deshalb fordert er, dass sie vom Bundestag gewählt werden.

„Müssen über jeden Verdacht erhaben sein“: Lammert über Verfassungsrichter. Bild: dapd

BERLIN dapd | Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) fordert, die Wahl der Verfassungsrichter zu reformieren. Das Plenum des Bundestages sollte die Richter mit Zweidrittelmehrheit der Abstimmenden, mindestens aber der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages wählen, schreibt Lammert in der Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Ziel solle sein, „dass nicht nur jeder Bundesverfassungsrichter, sondern auch das Verfahren zu seiner Bestellung über jeden Verdacht erhaben sein muss“. Das Bundesverfassungsgericht selbst hält die derzeit angewandte Richterwahl durch einen Ausschuss zwar für grundgesetzkonform.

Doch im Vergleich zu den Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichts „zur unaufgebbaren parlamentarischen Gesamtverantwortung in anderen Angelegenheiten enttäuscht die Entscheidung“, schreibt der Bundestagspräsident. Denn das Gericht habe zuvor im Zusammenhang mit der Gesetzgebung zur Euro-Rettung darauf bestanden, dass „Entscheidungen von erheblicher Tragweite“ grundsätzlich im Plenum zu treffen sind.

Da dem Bundesverfassungsgericht zweifellos eine erhebliche Bedeutung über das eigene Land hinaus auch im europäischen Integrationsprozess zukomme, wäre es nach Ansicht des Bundestagspräsidenten plausibler, „auch die Richter in öffentlicher Sitzung durch das Plenum des Deutschen Bundestages wählen zu lassen“, schreibt Lammert.

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8 Kommentare

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  • H
    Hans

    @jana @hannes

    Bitte erst einmal belesen, bevor Kritik geübt wird.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassungsgericht#Besetzung

  • SW
    S. Weinert

    @ Jana

     

    Das Bundesverfassungsgericht ist nicht Teil des Justizsystems. Es ist ein Staatsorgan und gehört somit zur legislativen Gewalt. Wie sonst könnte das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz für nichtig erklären ohne (als Teil der Judiaktive) einen offenen Bruch mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung herbeizuführen...

  • SW
    S. Weinert

    Bei der derzeitigen politischen Lage in diesem unserem Lande sage ich das eher selten, aber: Es ist gut so, wie es ist!

     

    Bislang werden die Richter am BVerfG durch eine proportional ausgewählte Kommission gewählt, die (selten genug bei unseren Politikern) auf allgemeinen Konsens ausgerichtet ist. Jeder darf mal (außer die Linke, die bislang leer ausgegangen ist) und man achtet schon beim Vorschlagsrecht darauf, einen Kandidaten zu präsentieren, der letztlich für alle tragbar erscheint. Wird doch ein Kandidat abgelehnt, bleibt das eher im Verborgenen. Ist doch gut so.

     

    Ein derart wichtiges Amt, wie das des Richters am BVerfG, das sehr stark von der Reputation und dem Ansehen der jeweiligen Person abhängt, würde doch im Bundestag zu einer würdelosen Schlammschlacht degenerieren. Wie könnten Abgeordnete der FDP im öffentlichen Raum Bundestag lobende Worte für einen Kandidaten der Grünen finden? Wie sollte eine (ausnahmsweise vernünftige und pragmatische) Vereinbarung getroffen werden, diesmal verzichten wir zugunsten eures Kandidaten, aber dafür gehört der nächste Posten uns? Und wie will man mit der üblichen Prozedur der Kandidatenbefragung umgehen? Jeder Kandidat muss sich - teilweise über Stunden hinweg - kritischen Nachfragen der Kommission stellen über Lebensweg, familiäres Umfeld, persönliche Ansichten in sämtlichen Bereichen, die Urteile, an der er/sie mmitgewirkt haben werden ins kleinste Detail seziert... Er/sie muss sich quasi nackig ausziehen - und das in aller Öffentlichkeit und dem Wahlkampfgetöse mancher Politprolls ausgeliefert? Wie könnte ein Kandidat, dessen Reputation durch öffentliche Zurschaustellung beschädigt wurde, nach Ablehnung auf einen Posten z.B. am Bundesgerichtshof zurückkehren, ohne das etwas hängen bleibt?

     

    Nein, dieser Vorschlag wurde aus ignoranten Dummheit heraus geboren und gehört nicht einmal diskutiert, sondern sofort entsorgt!

  • H
    Hans

    Wow, und das von der CDU, aber das von Lammert machmal erstaunlich demokratisches Verständnis kommt...

     

    Ja, ja und es wird höchste Zeit. Die Ernennung via Ausschuß wird auch von führenden rechtsgelehrten als verfassungswidrig angesehen, entgegen der Aussage Lammerts. Das ist wahrscheinlich so wie bei der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare und Kindergeld, man versucht vorzubeugen bevor die Gerichte die Gesetzgebung übernehmen.

  • V
    viccy

    Entscheidungen von erheblicher Tragweite sind schon wegen des Demokratieprinzips aus Art. 20 GG vom Bundestag zu treffen. Das hat nichts mit neueren Entscheidungen des Gerichtes selbst zu tun, in denen an dieses Prinzip "erinnert" werden musste.

     

    So gesehen verwundert etwas, dass Herr Lammert jetzt mit diesem Punkt auf die Agenda rückt - denn das Demokratieprinzip gilt seit dem Jahre 1949, der Gründung der BRD.

  • J
    jana

    Die Pfuscher sollen bitte nicht

    in unser Justizsystem hineinwirken!

    Dann wird Gewaltenteilung zur Farce.

    Lammert soll zurücktreten!

  • H
    hannes

    Herr Lammert soll sich seinen Aktionismus sonst

    wo hin stecken.

    Das Verfassungsgericht ist im Vergleich

    zum Bundestag ein Hort der Zivilisation

    und Rechtschaffenheit!

    Der Bundestag war es der den ESM ratifizieren

    wollte ohne Limits und sich selbst dabei

    zu entmachten trachtete.

    Und nur das Gericht zog noch Grenzen ein.

    Lammert verschwinde!