■ Das Portrait: Lamar Alexander
„Er ist der gefährlichste, weil niemand auf ihn achtet“, meinte kürzlich ein Berater Bob Doles über den ehemaligen US-Bildungsminister Lamar Alexander. Der neue Anwärter zum Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei gilt in Washington nicht gerade als ein großer Visionär. Im Vergleich zu seinen beiden scharfzüngigen Konkurrenten, den Senatoren Bob Dole und Phil Gramm, kommt der 54jährige Jurist aus Tennessee eher etwas bläßlich daher. Trotz seiner 20-Millionen-Dollar-Werbetour quer durch die USA ist er dem breiten Wählerpublikum noch relativ unbekannt. Und vielen konservativen Republikanern, die eher auf die Wirkungskraft von radikalen Botschaften und ideologischen Dogmen setzen, ist Alexander viel zu gemäßigt.
Der vierfache Familienvater, der seine Kandidatur am Dienstag offiziell bekanntgab, tritt als Sachwalter des kleinen Mannes auf, als ein Außenseiter, der Washington entmachten und den einzelnen Bundesstaaten mehr Verantwortung übertragen will. Doch das Bild des volksnahen Populisten wirkt aufgesetzt und entspricht nicht seinem Werdegang.
Tatsächlich nämlich kennt sich der Millionär in der Hauptstadt, die er als „arrogantes Imperium“ bezeichnet, ziemlich gut aus. Seine politische Karriere begann er Der AußenseiterFoto: dpa
im Kongreß, als Rechtsberater des ehemaligen Senators Howard H. Baker. Nachdem er von 1979 bis 1987 den Posten des Gouverneurs von Tennessee bekleidete, ging er dann unter George Bush für zwei Jahre als Bildungsminister zurück nach Washington.
Schon damals brachte ihn der unklare Ursprung seines millionenschweren Vermögens ins Gerede – der Demokratische Senator Edward Kennedy spekulierte offen, Alexander habe seine öffentlichen Ämter wohl gewinnbringend eingesetzt. Immerhin soll sich sein Nettovermögen von 1978 bis 1990 auf drei Millionen Dollar rund verzwanzigfacht haben. Ein Thema, das im Vorwahlkampf noch einmal eine Rolle spielen dürfte.
Viele bezweifeln allerdings, ob Alexander gegen die Senatoren Bob Dole und Phil Gramm überhaupt ein ernstzunehmender Kandidat ist. „Seine Themen sind einfach nicht wesentlich genug“, sagt Robert M. Teeter, der 1992 George Bushs Wahlkampagne leitete. „Ein Präsident muß Führungskraft zeigen, er muß die Leitlinien für die Wirtschafts- und Außenpolitik festlegen, den Kongreß führen können – das sind die großen, wichtigen Themen.“ Tanja Hamilton
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