: Lake of love
WASSERROMANTIK Die verwinkelten Buchten des Lake Powell laden ein zu Liebesabenteuern und Alltagsfluchten
■ Anreise: Mit dem Flugzeug geht’s nach Salt Lake City. Von dort lohnt sich eine Autofahrt quer durch Utah zum Glen Canyon.
■ Seesause: Hausboote kann man für 2.700 bis 12.000 US-Dollar pro Woche mieten (3 Tage ab 1.200). Jedes Boot bietet Platz für bis zu zwölf Urlauber, ausreichend für eine gediegen-ausgeflippte Sause oder fürs Planschen mit Kindern im großen Swimmingpool an Bord.
VON THOMAS PAMPUCH
Es gibt Reisen, die macht – oder machte – man nur einmal im Leben. Einfach deshalb, weil sie die Kulisse für etwas ganz Besonderes, Einmaliges sein sollen. Der Klassiker hierfür ist die Hochzeitsreise. Doch bei der heutigen Unübersichtlichkeit mit ihrem Lebensabschnittsgefährtenwesen und Patchworking an allen Ecken ist diese Einmaligkeit nicht mehr garantiert. Manche Menschen bringt das in den Genuss gleich mehrerer Hochzeitsreisen.
Jenseits aller bürgerlichen Konventionen aber gibt es – schon immer – die Liebesreise. Sie pfeift auf das Brimborium, sie ist kein Versprechen, sondern Erfüllung, kein Siegel, sondern Abenteuer. Vielleicht sind Liebesreisen deswegen oft auch ein bisschen verrückt. Und wie schön, wenn das Verrückte der frischen Liebe auch noch eine geografische Entsprechung findet.
Ein Ort, der wie wenige Orte Grandioses und Bequemes, Verrücktes und Umschmeichelndes mischt, ist der Lake Powell weit hinten im amerikanischen Westen. Wenige Bewegungsarten dürften für ein glücklich liebend Paar des 21. Jahrhunderts romantischer sein als das Tuckern und Schaukeln, das Brausen und Ankern auf einem der berühmten Hausboote. Sie erst machen den Lake Powell zu einem „lake of love“.
Der See liegt über 1.000 Meter hoch, er ist fast 300 Kilometer lang, seine Küste länger als die amerikanische Westküste. Sieht man sich ihn auf der Karte oder vom Flugzeug aus an, mag man in ihm eine vielschweifige Wasserschlange erkennen, wie sie von alten Indianerstämmen in die Felsen der Canyons geritzt wurde. Ebendiesen Canyons verdankt der See seine verästelte Form mit all seinen Buchten. Immerhin 96 solcher Schluchten wurden überflutet, als der Colorado River ab 1963 durch einen Damm am Glen Canyon aufgestaut wurde. Bis 1980 dauerte das, und entstanden ist eine der bizarrsten und abenteuerlichsten Landschaften, die der an Naturschönheiten reiche Westen der USA zu bieten hat.
Aber „Naturschönheit“ trifft es natürlich nicht. Denn der Lake Powell ist von Menschen gemacht, ein gigantischer Eingriff in eine aufregende Natur. Ob das ökologisch vertretbar war, ist heute eine müßige Frage. Man hat es damals einfach gemacht.
Heute trägt der Lake Powell zur Wasserversorgung bei, erzeugt Strom und schützt vor Überschwemmungen. Immerhin hat man neben dem ökonomischen Nutzen die Natur nicht ganz vergessen: Aus der neu geschaffenen Seenlandschaft wurde ein riesiges Erholungsgebiet. Die Glen Canyon National Recreation Area zählt jährlich drei Millionen Besucher. Wer je nach Utah (oder Arizona) kommt, muss schon ein sehr harter Großprojektgegner sein, wenn er um dieses Wunderwerk einen Bogen macht. Es wäre, als ließe man den Eiffelturm in Paris links liegen.
Wie der Eiffelturm zieht der Lake Powell Liebende in seinen Bann. Vielleicht gibt es ja auch einen Zusammenhang zwischen Liebe und Monumentalität: Bis zum Himmel reicht unsere Liebe, Berge versetzt sie – oder versenkt sie. Der verwinkelte Stausee mit seinen vielen verträumten Buchten erscheint wie gemacht für ein Ausbüxen – aus allem, was normal, alltäglich oder vernünftig ist. Dafür, dass das kein Stresstest wird, sorgen jene amerikanisch bequem ausgestatteten Hausboote, wie sie am Yachthafen Wahweap Marina ausgeliehen werden können.
Die Boote sind 13 bis 23 Meter lang und so luxuriös, dass ein paar Tage auf und mit ihnen getrost als „american dream“ bezeichnet werden können. Wer mit seinem Schatz ein absurd-vergnügliches Jaqueline-&-Onassis-Feeling erleben will, ist hier an der richtigen Adresse: mit Whirlpool und Flachbildschirm auf dem Oberdeck, Luxusküche und Salon, mit Eismaschine, Grill und einem eigenen Super-Power-Schnellboot im Schlepptau. Alles von und für Menschen gemacht, die neue Ufer nicht schrecken, mit einer neu arrangierten Natur, die dennoch seltsam ursprünglich und von allem entrückt erscheint.
Denn trotz der Beliebtheit des Riesensees ist man hier einsam. Selten nur tuckert in der Ferne ein anderes Hausboot vorüber oder sitzt auf dem surrealen nackten Fels ein Vögelchen – und wundert sich. Sonst nur rote Gipfel, blaues Wasser und das schneeweiße Boot. Zeit für die Liebe. Zeit, sich zu wundern.
■ Für die Recherche nutzte der Autor eine Einladung der Marketing-Agentur Get It Across