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Lafontaine doch nicht mehr ChefLinkspartei sortiert sich neu

Gysi deutet an, dass Lafontaine nicht mehr als Parteichef kandidieren wird. Geschäftsführer Bartsch soll stellvertretender Fraktionschef sein, Lötzsch und Ernst mehr Bedeutung bekommen.

Gregor Gysi, Vorsitzender der Linksfraktion, am 11.01.2010 in Berlin. Bild: dpa

BERLIN tazDie Linkspartei sortiert sich nach dem Kampf um Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch neu und bemüht sich um Befriedung. Offenbar will Bartsch nun doch das Angebot von Fraktionschef Gregor Gysi annehmen und einer von sieben Fraktionsvize werden. Die Wahl war für Donnerstagabend anberaumt und fand damit nach dem Redaktionsschluss dieser Zeitung statt.

Dass Bartsch gewählt wird, galt Donnerstagnachmittag als sicher. Die Fraktion kann es sich nicht leisten, ihren Chef Gysi zu demontieren. Gysi hatte Bartsch diesen Posten bereits öffentlich angeboten. Vor allem ostdeutsche Linksparteipolitiker hatten den Druck auf Bartsch als Kampagne kritisiert und den intrigenhaften Stil der Auseinandersetzung attackiert.

Ob Lafontaine Parteichef bleibt, ist weiterhin offen. Allerdings erklärte Gregor Gysi am Mittwochabend in N 24, dass Lafontaine, der im November eine Krebsoperation überstand, sich bereits entschieden habe und sich bald äußern werde. Gysi betonte, dass Lafontaine auch als Fraktionschef der saarländischen Linksfraktion "erfolgreich Bundespolitik machen kann". Dies kann man als Andeutung verstehen, dass Lafontaine aus gesundheitlichen Gründen im Mai beim Parteitag nicht mehr als Parteichef kandidieren wird.

Lafontaine war am Dienstag beim Neujahrsempfang der Linkspartei in Saarbrücken seit längerem erstmals wieder öffentlich aufgetreten. Dort hatte er die politische Richtung der Linkspartei skizziert - sich aber nicht zu seiner politischen Zukunft geäußert.

Die Parteispitze in Berlin arbeitet seit Bartschs Demontage als Bundesgeschäftsführer bereits an einem neuen Personaltableau. Allerdings finden diese Sondierungen, solange Lafontaines Rolle unklar ist, sämtlich unter Vorbehalt statt. Laut Information der taz unterstützt Lafontaine, dass die Berliner Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch und der WASG-Mitbegründer Klaus Ernst künftig eine Schlüsselrolle in der Linkspartei spielen sollen.

Die Emanzipatorischen Linken, ein loser Zusammenschluss undogmatischer Kräfte in der Partei, warnt in einem Positionspapier davor, dass die Kampagne gegen Bartsch in der Partei Schule machen kann. "Wenn wir so vorgehen, kann jeder jederzeit aus jeder Position gekippt werden", so die Autoren Christoph Spehr und Julia Bonk. (www.ema.li). Außerdem kritisieren sie jede "Form des Personenkults".

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3 Kommentare

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  • S
    Schlomo

    @momo

     

    "Pressefreiheit „die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten“

     

    Sie sollten sich damit abfinden, dass eine Partei, für die "Pressefreiheit" vierzig Jahre lang ein Fremdwort war, heute bei der Mehrheit der Bevölkerung und auch bei Journalisten kein besonders gutes Standing hat. Ich hoffe, dass man der Linkspartei, die immerhin eine Diktatur mit all ihren Folgen zu verantworten hat, in der Presse auch weiterhin kritisch gegenüber steht.

  • M
    Momo

    Sie schreiben:

    "Die Emanzipatorischen Linken, ein loser Zusammenschluss undogmatischer Kräfte in der Partei, warnt in einem Positionspapier davor, dass die Kampagne gegen Bartsch in der Partei Schule machen kann. "Wenn wir so vorgehen, kann jeder jederzeit aus jeder Position gekippt werden", so die Autoren Christoph Spehr und Julia Bonk. (www.ema.li). Außerdem kritisieren sie jede "Form des Personenkults"."

     

    Die angeblich "undogmatischen" Kräfte sollten sich darüber im Klaren sein, daß die von Bartsch praktizierte Illoyalität (man kann noch treffender auf den Punkt bringen: Hinterhältigkeit) auch in der Union, der SPD, der FDP und bei den Grünen nicht geduldet worden wäre.

     

    Welchen "Personenkult" meint diese Gruppierung? Diese Herrschaften sollten sich stattdessen einmal mit dem gegen DIE LINKE und speziell gegen Oskar Lafontaine betriebenen Kampagnenjournalismus befassen und sich fragen, ob sie im Falle Bartsch wirklich jemanden auf Biegen und Brechen verteidigen möchten, der mit dem SPIEGEL ein Blatt in seinen persönlichen Feldzug gegen Oskar Lafontaine eingespannt hat, dessen Berichterstattung zur Linkspartei von erbitterter Gegnerschaft gekennzeichnet ist.

     

    Oskar Lafontaine hat mit seiner Kritik am gegen die Partei DIE LINKE gerichteten Kampagnenjournalismus des weit überwiegenden Teils der Medien recht:

    Als 1965 der konservative Journalist Paul Sethe (Mitherausgeber der FAZ) die Pressefreiheit suchte, fand er sie weder bei den Journalisten noch bei den auf Medien angewiesenen Bürgerinnen und Bürgern, sondern schon damals erkannte er, unter den realen Verhältnissen der Bundesrepublik Deutschland sei Pressefreiheit „die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten“ bzw. durch von ihnen bezahlte Journalisten verbreiten zu lassen. Falls diese Definition zutrifft, wäre unser aller Grundrecht zum Privileg einer kleinen Gruppe von Unternehmern verkommen, die nach ihren Interessen öffentliche Meinung formen. Das Grundrecht wäre also in sein Gegenteil verkehrt.

    Gegenüber 1965 hat sich die Lage heute sogar noch deutlich verschlechtert: Paul Sethes Äußerung ist dahingehend zu aktualisieren, daß der weitaus größte Teil der deutschen Presse heute in der Hand von nicht mehr als zehn Konzernen ist (Bauer, Bertelsmann, Burda, DuMont, Holtzbrinck, Ippen, Madsack, Springer, Stuttgarter Zeitungsverlag und WAZ).

  • M
    Momo

    Sie schreiben:

    "Die Emanzipatorischen Linken, ein loser Zusammenschluss undogmatischer Kräfte in der Partei, warnt in einem Positionspapier davor, dass die Kampagne gegen Bartsch in der Partei Schule machen kann. "Wenn wir so vorgehen, kann jeder jederzeit aus jeder Position gekippt werden", so die Autoren Christoph Spehr und Julia Bonk. (www.ema.li). Außerdem kritisieren sie jede "Form des Personenkults"."

     

    Die angeblich "undogmatischen" Kräfte sollten sich darüber im Klaren sein, daß die von Bartsch praktizierte Illoyalität (man kann noch treffender auf den Punkt bringen: Hinterhältigkeit) auch in der Union, der SPD, der FDP und bei den Grünen nicht geduldet worden wäre.

     

    Welchen "Personenkult" meint diese Gruppierung? Diese Herrschaften sollten sich stattdessen einmal mit dem gegen DIE LINKE und speziell gegen Oskar Lafontaine betriebenen Kampagnenjournalismus befassen und sich fragen, ob sie im Falle Bartsch wirklich jemanden auf Biegen und Brechen verteidigen möchten, der mit dem SPIEGEL ein Blatt in seinen persönlichen Feldzug gegen Oskar Lafontaine eingespannt hat, dessen Berichterstattung zur Linkspartei von erbitterter Gegnerschaft gekennzeichnet ist.

     

    Oskar Lafontaine hat mit seiner Kritik am gegen die Partei DIE LINKE gerichteten Kampagnenjournalismus des weit überwiegenden Teils der Medien recht:

    Als 1965 der konservative Journalist Paul Sethe (Mitherausgeber der FAZ) die Pressefreiheit suchte, fand er sie weder bei den Journalisten noch bei den auf Medien angewiesenen Bürgerinnen und Bürgern, sondern schon damals erkannte er, unter den realen Verhältnissen der Bundesrepublik Deutschland sei Pressefreiheit „die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten“ bzw. durch von ihnen bezahlte Journalisten verbreiten zu lassen. Falls diese Definition zutrifft, wäre unser aller Grundrecht zum Privileg einer kleinen Gruppe von Unternehmern verkommen, die nach ihren Interessen öffentliche Meinung formen. Das Grundrecht wäre also in sein Gegenteil verkehrt.

    Gegenüber 1965 hat sich die Lage heute sogar noch deutlich verschlechtert: Paul Sethes Äußerung ist dahingehend zu aktualisieren, daß der weitaus größte Teil der deutschen Presse heute in der Hand von nicht mehr als zehn Konzernen ist (Bauer, Bertelsmann, Burda, DuMont, Holtzbrinck, Ippen, Madsack, Springer, Stuttgarter Zeitungsverlag und WAZ).