Längere Frist für Stasi-Überprüfungen: "Bedürfnis ist ungebrochen"
Die Regierung will mit ihrer Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes nicht nur die Überprüfungsfristen verlängern, sondern auch den Zugang zu den Akten vereinfachen.
BERLIN epd | Die Möglichkeit zur Überprüfung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes auf eine frühere Stasi-Mitarbeit soll bis Ende 2019 verlängert werden. Das sieht eine Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vor, auf die sich die Bundesregierung am Mittwoch verständigt hat. Dabei soll Medienberichten zufolge auch der zu überprüfende Personenkreis erweitert werden.
Zudem soll mit dem Gesetzentwurf von Union und FDP der Zugang zu den Akten "insbesondere für Wissenschaft und Forschung" und Betroffene verbessert werden, sagte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU). Die jetzige Regelung sollte ursprünglich Ende 2011 auslaufen.
Die Stasi-Unterlagen-Behörde in Berlin rechnet künftig mit mehr Arbeit. "Die geplante Ausweitung des Personenkreises wird vermutlich dazu führen, dass es im öffentlichen Dienst wieder mehr Überprüfungen auf Stasi-Mitarbeit geben wird", sagte Behördensprecher Andreas Schulze der Mitteldeutschen Zeitung. Bislang seien rund 1,7 Millionen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst auf eine Stasi-Vergangenheit durchleuchtet worden.
Neumann betonte, "das Bedürfnis nach Einsichtnahme" in die Stasi-Unterlagen sei auch 20 Jahre nach der deutschen Vereinigung ungebrochen. Die Antragszahlen bewegten sich im vergangenen Jahr mit rund 90.000 Anfragen "weiterhin auf einem hohen Niveau".
Die Zahl der Überprüfungen im öffentlichen Dienst ist in den vergangenen Jahren aber deutlich zurückgegangen, von 13.187 2006 und 523 im Jahr 2007 auf 76 im Jahr 2010. Eine Ursache dafür sei die Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes von 2006, die den Personenkreis stark eingeschränkt hat, sagte Schulze.
Laut Zeitungsberichten soll der Personenkreis der zu Überprüfenden wieder auf Beamte und Angestellte in leitenden Funktionen schon ab der Gehaltsstufe A13 (Schulleiter aufwärts) und Mitarbeiter aus Unternehmen, die sich zu über 50 Prozent in staatlicher oder kommunaler Hand befinden, ausgeweitet werden. Darunter würde auch die Deutsche Bahn AG fallen.
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