Länder, Gärten et cetera: Gärtner ohne Lust
■ In Bad Muskau wird Fürst Pücklers einstmaliger Musterpark von Bonner Beamten kaputtverwaltet
Das sächsische Grenzstädtchen Bad Muskau hat Probleme. Die beiden neuen Gewerbegebiete sind nicht ausgelastet, die engen Straßen werden vom Durchgangsverkehr derer verstopft, die zum Billigeinkauf über die Grenze nach Polen fahren. Nur wenige Touristen finden zur Hauptattraktion Muskaus, dem großartigen Landschaftspark des Fürsten Hermann Pückler-Muskau (1785–1871). Und nun häufen sich auch noch die Unstimmigkeiten um die „Stiftung Fürst- Pückler-Park Muskau“.
Die Anfang 1993 vom Land Sachsen gegründete Stiftung hat die Aufgabe, den Pücklerschen Park „nach historischem Vorbild“ wiederherzustellen. Weil seit 1945 zwei Drittel davon auf polnischem Gebiet liegen, soll eine partnerschaftliche Verwaltung gesucht und so zugleich der deutsch-polnischen Aussöhnung sowie der europäischen Verständigung gedient werden.
Für diese Aufgaben bewilligte der Landtag 3,5 Millionen Mark (1994) unter der Voraussetzung, daß sich der Bund in gleicher Höhe beteiligt. Hierüber aber gibt es keinen Vertrag – für den kulturpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Benedikt Dyrlich, ein „finanzpolitischer Skandal“. So sind bisher bloß 2,3 Millionen Bundesmittel geflossen, darunter eine von 1995 auf 1994 vorgezogene Summe (200.000 Mark von der Bundesstiftung Denkmalschutz) sowie 1,6 Millionen aus dem ehemaligen Vermögen der DDR-Parteien (UKPV) – Gelder, die vom Bund verwaltet werden, aber ohnehin den neuen Ländern zustehen. Schon jetzt hat die Stiftung trotz Einsparungen ein Defizit von 674.000 Mark angehäuft.
Für knapp drei Millionen Mark wird im Park die Orangerie zum Tageszentrum mit Büros, Bibliothek, Cafeteria, Restaurant und einem nichtöffentlichen Weinkeller ausgebaut. Das „historische Vorbild“ geriet dabei des öfteren unter den Hammer. Eine unterirdische Heizungsanlage wurde ebenso zerstört wie die meisten der Fußbodenkacheln aus dem 19. Jahrhundert.
Weil der alte gemauerte Abfluß einer Quelle durch ein tieferliegendes Betonrohr ersetzt wurde, dringt Neißewasser in den Park und läßt Bäume eingehen. Gefährdet ist auch das denkmalgeschützte Dach des Marstalls, in dem die Stiftung ein Hotel einrichten will. Der benachbarte Seniorentreff soll einem Café weichen, das in einem Gesprächsprotokoll feinsinnig „Café Carl“ genannt wird: Dr. Karl-Heinz Carl ist als Staatssekretär im Dresdener Finanzministerium für die Stiftung zuständig. Zum Aufbauleiter der Parkstiftung bestellte er Dr. Ulrich Schneider, einen alten Bekannten aus dem Bonner Verteidigungsministerium.
Damit wurde der Bock zum Gärtner gemacht. Gänzlich unbelastet von fachlichen Kenntnissen, leitet Schneider die Stiftung mit gutsherrenschaftlicher Attitüde. Anordnungen erteilt er im Befehlston, und wer nicht spurt, bekommt Presseverbot. So der Parkleiter und Pückler-Forscher Günter J. Vaupel, den Schneider zudem zum „Düngemittelbeschaffer“ degradierte.
Verschreckt ist offenbar auch die polnische Seite. Warum der einzige polnische Vertreter zur Kuratoriumssitzung der Stiftung am 3. 6. nicht erschienen ist, weiß Carl auch vier Wochen später noch nicht. Aber seinen Platz halte man natürlich weiter frei.
Für das Tagungszentrum – „Wandlitz für Bonner Exministerialbeamte“, so der Volksmund – fehlt jedes Konzept. Wer soll dort tagen? „Der Park ist doch nach englischer Manier angelegt“, erinnert sich Carl. „Warum sollten wir nicht mal mit den Engländern reden?“ Geplant ist bisher nur eine Veranstaltung im November. Dann steht die Orangerie aber bereits seit zwei Monaten leer: Die Einweihung nämlich soll Anfang September stattfinden. Am 11. September ist Landtagswahl in Sachsen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Jörg Plath
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