: Länder: Föderalismusreform besprechen
Ministerpräsident Rüttgers: Finanzbeziehungen und Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern getrennt verhandeln
AACHEN ap/taz ■ Die Bundesländer wollen sowohl die Verteilung der Zuständigkeiten als auch die Finanzbeziehungen mit dem Bund neu regeln. Sie sehen dafür unter einer Koalition von CDU/CSU und SPD in Berlin gute Chancen. Der turnusmäßige neue Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, der nordrhein-westfälische Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU), sagte nach dem zweitägigen Treffen gestern in Aachen, es gebe aus Sicht der Länder kein Junktim, beide Themen müssten aber angegangen werden.
Die Föderalismusreform war im Dezember vergangenen Jahres kurz vor dem Ziel am Streit über Zuständigkeiten des Bundes im Bildungssektor gescheitert. Rüttgers erklärte, die Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung könne vielleicht das erste gemeinsame Projekt werden, das die große Koalition erfolgreich abschließen könne.
Die Länder seien „bereit, alles zu tun, um auf ihrer Seite kurzfristig eine Einigung herbeizuführen“. Sie erwarteten aber von den Berliner Koalitionsparteien Verhandlungen auf gleicher Augenhöhe mit den Ländern. Alle Ministerpräsidenten hätten ihre Bereitschaft erklärt, die Verhandlungen so rasch wie nur irgend möglich zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.
Der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) unterstrich, die Länder wollten die Debatte über die Föderalismusreform nicht mit den offenen Fragen einer Finanzreform belasten und blockieren. Insgesamt sei aber auch ein Austausch über die Finanzen erforderlich. Er warnte den Bund vor der „Fehleinschätzung, den Ländern gehe es finanziell gut“. In allen 16 Ländern sei die „Situation nicht so, dass in Ländern und Kommunen Spielräume da sind“.
Rüttgers forderte die neue Koalition im Bund auf, eine Agenda zur Konsolidierung aller öffentlichen Haushalte vorzulegen. Es gebe sowohl ein Ausgaben- als auch ein Einnahmen- und ein Aufgabenproblem, sagte der CDU-Politiker. „Über alle drei Punkte wird man reden müssen.“ Die Länder würden sich einer Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht verweigern, deutete er an. Steuererhöhungen allein würden aber das Problem nicht lösen.
Rüttgers warnte ebenso wie Wowereit die neue Koalition davor, Beschlüsse ohne Berücksichtigung der Länder zu fassen. „Es wird nicht so gehen können, dass die Koalitionspartner Verabredungen treffen, die dann von den Ländern zur Kenntnis zu nehmen sind“, sagte Rüttgers. Er wies darauf hin, dass die große Koalition im Bundesrat nur über eine Mehrheit von einer Stimme verfüge. Wowereit fügte hinzu, neu an der Situation sei, dass eine Mehrheit im Bundesrat gegen die Bundesregierung nicht mehr wie in der Vergangenheit aus parteipolitischem Interesse genutzt würde, sondern im sachpolitischen Interesse der Länder.
Die Ministerpräsidentenkonferenz begrüßte die Reform der Kultusministerkonferenz. Wowereit sagte, die Drohung des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulf mit Auflösung der Kultusministerkonferenz sei kein Thema mehr gewesen.