: Läden öffnen wie Kraut und Rüben
■ Einkaufen am Abend bleibt Glückssache / Nur Kaufhäuser bleiben weiterhin bis 20 Uhr offen: Ein Jahr neues Ladenschlußgesetz
Der abendliche Einkaufsbummel dürfte auch in Zukunft häufig vor verschlossenen Ladentüren enden. Ein Jahr nach der Erweiterung der Öffnungszeiten wollen nur die großen Kauf- und Warenhäuser weiter werktags bis 20 Uhr offenhalten. Das ergab eine Umfrage der taz. Kleinere Läden werden dagegen auch künftig nach Gutdünken zwischen 18 und 19 Uhr ihre Rolladen herunterlassen.
Besonders in den Nebenzentren lohne sich die längere Öffnung einfach nicht, sagt Heinz Werner Meyer, der in der City und auch in der Vahr und in Vegesack Modeläden betreibt. In den Stadtteilen haben meist nur große Lebensmittelmärkte länger geöffnet.
Generell habe sich das Geschäft nur „nach hinten am Tag verschoben“, der Umsatz stagniere, zieht Wolfgang Brakhane, Geschäftsführer des Bremer Einzelhandelsverbands Bilanz. „Matchwinner ist nur der Samstag bis 16 Uhr“, sagt er. „An den anderen Tagen ist es uns nicht gelungen, gerade ältere Kunden abends in die Geschäfte zu locken. Die hängen wohl nach wie vor an der Tagesschau fest“.
„Das Bedürfnis der Verbraucher nach längeren Öffnungszeiten ist wohl nicht da. Unsere Skepsis hat sich bestätigt“, folgert auch Norbert Caesar, Vorsitzender der Interessengemeinschaft im Viertel. Die Folge: Vor allem kleine Läden sprangen ab.
Einzelhandelsfunktionär Brakhane will dennoch für eine „einheitliche und offene City“kämpfen und regt für die Innenstadt im Januar das „Ulmer Modell“an: Die Geschäfte haben dort montags bis mittwochs bis 18.30 Uhr, donnerstags und freitags bis 20 Uhr sowie am Samstag bis 16 Uhr geöffnet.
Schon jetzt sind einzelne Händler skeptisch. Axel Börgers, Marketingleiter bei „Harms am Wall“, meint: „Das hat bei diesen ganzen Individualisten gar keinen Sinn. Das Gesetz ermöglicht doch gerade eine freie Wahl“. Die Läden am Wall hätten sich nicht auf einheitliche Öffnungszeiten einigen können. Tragisch sei es, wenn sich „unsere Kunden an dunklen Läden vorbei zu uns vorkämpfen müssen“. Anders sieht die Lage in den Einkaufszentren wie dem Weserpark aus: Dort verlangt das Center-Management auch von kleinen Läden allabendliche Öffnungszeiten bis 20 Uhr.
Daß einheitliche Öffnungszeiten offenbar anders nicht durchzusetzen sind, beweist das Viertel: Dort hatten sich die Ladeninhaber vor einem Jahr darauf geeinigt, Donnerstag und Freitag bis 20 Uhr zu öffnen sowie Samstag bis 16 Uhr. Mittlerweile haben laut Norbert Caesar nur noch rund 30 Prozent der Viertel-Läden donnerstags und freitags länger offen – jetzt nur noch bis 19 Uhr. Außerdem beteiligt sich nur noch die Hälfte am langen Sonnabend.
Die Ausnahmen: Türkische Läden mit Familienbetrieb oder einige Läden wie zum Beispiel die Humboldt-Buchhandlung, die werktags bis 19 Uhr auf hat. „Das hat sich mit den Öffnungszeiten bei uns im Viertel so eingespielt und dabei bleiben wir“, sagt Caesar.
Nur die großen Kaufhäuser wie C&A, Peek & Cloppenburg oder „Galeria Kaufhof“wollen werktags erst um 20 Uhr zusperren: „Wir profitieren in gewisser Weise davon, daß die Kleinen nicht einheitlich offen haben“, sagt Kaufhof-Geschäftsführer Christof Sattler. Dabei ist für Norbert Caesar aus dem Viertel klar: „Die Konzerne dürfen ihr Gesicht nicht verlieren und halten deshalb weiter die Fahne hoch“Wenn der erste früher zumache, würden andere nachziehen.
Katja Ubben
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen