: Lacherfolg für den Schreiber -betr.: "Das Blödeltum und die Kunst", taz vom 16.11.93
Betr. „Das Blödeltum und die Kunst“, taz vom 16.11.1993
Ich hätte beinahe im ersten Moment spontane Zustimmung geäußert... Doch bei näherem Hinsehen schlug diese in Ärger über die Scheinheiligkeit um. Ich erinnerte mich an eine Menge doch nicht geschriebener Leserbriefe, in denen ich mich schon längst einmal über Ihren oftmals polemischen, selbstgefälligen und dadurch unfairen Schreibstil (speziell bei Berichterstattung Kunst/Theater) aufregen wollte. Als jüngstes Beispiel sei hier nur die unselige Verknüpfung von Andreas Wegeners Namen mit dem „Hosen runter“-Zitat (Kunstprojekt Remberti-Kreisel) genannt. Wer das einmal gelesen hat, vergißt es nicht so schnell wieder. Pech für den Künstler – Lacherfolg für den Schreiber – zufrieden?
Jedenfalls drängte sich mir beim o.g. Artikel der Verdacht auf, daß so manches Mal mit zweierlei Maß gemessen wird: „Volkes Stimme“ aus der konservativen, reaktionären oder gar faschistischen Ecke wird einerseits natürlich verurteilt; andererseits gibts aber anscheinend eine durch Sie als Sprachrohr vertretene Volksstimme aus der „anderen“, progressiven(?) Ecke, die sich hingegen auf der taz-Kulturseite durchaus oft und gerne über die Kunst lustig machen darf und soll, bzw. sie (die Kunst) durch unüberhörbare ironische Zwischentöne einfach ins Abseits stellt.
Wenn es Ihnen tatsächlich um eine ernsthafte Kunstkritik geht – die sicher öfter vonnöten wäre (auch ohne Samthandschuhe und Fremdwörterlexikon) – so ist doch wohl zumindest die erste Voraussetzung dafür, die Arbeit der/des Anderen zu respektieren und das Sujet ernst zu nehmen. Denn: „Die Volksmassen“, für die „moderne Kunst“ schon immer grundsätzlich Betrug und Spinnerei war, gibt es sowieso – ob mit oder ohne taz.
Maike Hartwig
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