LONG PLAYING RECORD : Jukebox - Der musikalische Aszendent
Hippies werden nur alt, Punk aber hält sich jung
Im Museum, da wohnen die Totengräber.
Das Beste an der DDR-Musik ist ja doch auch, dass es damit vorbei ist. Eine abgeschlossene Geschichte, da kommt erst mal nichts mehr nach, und so was muss jeden Sammler freuen, der nach dem „A“ auch bis zum endgültigen „Z“ kommen möchte. Und zwar ohne, dass da immer wieder etwas reindrängeln könnte in die schöne Ordnung. Unter „S“ steht dann Schöbel, Frank, der Star der DDR, der auch in mehreren Filmen zu sehen war. In „Heißer Sommer“ geht es dabei um eine Ausfahrt von Jungs und Mädels an die Ostsee, und die Musik dazu hört sich als Schlager mit heftigem Vordringen aufs Gebiet eines Soulrock, als hätte man hier ein volkseigenes „Hair“ auf die Füße stellen wollen. Zu sehen ist der Film am Dienstag im Zeughauskino. Abschluss der Filmreihe zum „Summer of Love“, der im Original vor 40 Jahren gefeiert wurde, und diese Zeitspanne will einem unendlich länger vorkommen. Viel vergangener als die 30 Jahre Punk, die gleich als „3.000 Jahre Punk“ gerade in einer weiteren Filmreihe im Moviemento und Lichtblick-Kino bejubelt werden.
Man braucht eben seine mythischen oder wenigstens mythenbildenden Einschnitte: 40 Jahre ist es also her, dass sie einem in San Francisco Blumen ins Haar flochten, die Hippies, und auf 1977 hat man sich als erstes Punk-Jahr geeinigt (obwohl der Spiegel die Sache hier erst am 23. 1. 1978 undergroundfähig machte, mit seinem Titel „Punk-Kultur aus den Slums: brutal und hässlich“). Dass die 30 Jahre gegenüber den kaum betagteren 40 einem so kurz vorkommen, liegt allein daran, dass zwar aus manchen Hippies Althippies wurden, frische aber gibt es kaum, während Punk plausibler zu sein scheint. Jedenfalls wachsen Punks immer neu nach in ihren zerschlissenen Clash-Shirts und zerrissenen Stockings. Muss man sich nur in einem beliebigen Park umschauen.
Hippies: Deren Motto war doch wohl ein ihnen mal nachgesungenes „(What’s So Funny ’Bout) Peace, Love, and Understanding“. Was Punk nur noch höhnte. Hippie-Projekt: Die Welt irgendwie zu einer besseren machen. Punk-Projekt: Bitte? Projekttage? Sozialarbeiterunfug!
Am liebsten drückte sich die anarchistische Grundhaltung von Punk darin aus, mit „Haste mal ne Mark“ gegen die Spießer anzugehen. Alimentierte Protestjugend. Gern wird erzählt, dass Punks die Hippies hassten. Hass aber ist schon so eine Sache, an die man sich immer jung halten kann. THOMAS MAUCH