LINKSPARTEI: DIE PDS MUSS SICH AUF DIE WASG ZUBEWEGEN : Integration braucht Zeit
Ein großes Projekt sollte die Vereinigung der Linken zu einer gemeinsamen neuen Partei sein. 8,7 Prozent der Wähler honorierten diesen Willen bereits bei der Bundestagswahl. Doch die PDS und der Bundesvorstand der Wahlalternative sind dabei, ihre Chancen zu verspielen. Die Machthaber in beiden Parteien machen all das falsch, was sie den Politikern anderer Parteien stets ankreiden: Sie geben vor, die Probleme der Menschen ernst zu nehmen, und behaupten zugleich, dass es zur eigenen Position keine Alternative gebe. Wer dennoch Einwände gegen das Tempo hat, wird mit dem Vorwurf der Eitelkeit abqualifiziert. Besser hätte das Gerhard Schröder auch nicht machen können.
Eine schnelle Fusion ist richtig – aber zu schnell ist falsch. Ihre Befürworter denken zu sehr realpolitisch. Eine Partei der vereinigten Linken sollte mehr sein als ein Wahlangebot von Apparatschiks aus Ost und West. Ihr Charisma bezieht sie aus der Vision, dass unterschiedliche Strömungen für ein gemeinsames Ziel arbeiten können. Dies zu erreichen könnte länger dauern als bis zum angestrebten Fusionstermin im Sommer 2007. Wenigstens so viel Zeit sollte die Basis der neuen Partei auch bekommen. Dabei geht es gar nicht darum, auch noch den letzten Polit-Irren einzusammeln. Aber die neue Partei will der Kern einer neuen sozialen Bewegung werden. So unterschiedliche Gruppen wie Attac-Aktivisten und Hartz-IV-Gegner sollen sich in ihr wiederfinden können. Gerade solche Gruppen werden genau beobachten, wie die Parteispitzen gerade mit Zweiflern oder Abweichlern umgehen.
Verwunderlich, dass gerade die PDS hier Sensibilität vermissen lässt, hat sie doch selbst Kommunisten, alte Realsozialisten und an Regierungen beteiligte Pragmatiker in ihren Reihen. Sie besitzt das Potenzial zur Integration, scheint das aber vergessen zu haben. Die Mitglieder der WASG haben Angst, als die Exoten der neuen Linkspartei zu enden. Nur wenn die PDS sich auf sie zubewegt, kann das Projekt der vereinigten Linkspartei ein wenig von der Utopie bewahren, die ihm seine Rechtfertigung verschafft. DANIEL SCHULZ