LIEBESERKLÄRUNG: Wladimir Putin
Der russische Präsident hat seine Liebe zu den Menschenrechten entdeckt und belohnt nun ihm genehme Aktivisten mit einem Preis
Oh Wladimir Wladimirowitsch, du bist wirklich ein ganz Großer. Nicht nur, dass du deine bedrohten russischen Landsleute mit vollem Körpereinsatz gegen Faschisten und sonstiges bösartiges Pack verteidigst. Dass du dabei auf dem Völkerrecht herumtrampelst wie im Fall der Krim — geschenkt! Ein bisschen Schwund ist eben immer.
Nein, jetzt hast du auch dein Herz für Menschenrechtsaktivisten entdeckt. Ab 2016 will der Kreml, also du, jedes Jahr Vertreter dieser sonderbaren Spezies mit einem Preis ehren, der immerhin mit umgerechnet rund 83.000 Euro dotiert ist. Die Begründung für diese Auszeichnung, die der Leiter von deinem Beraterkreis in Sachen Menschenrechte, Michail Fedotow, in der Zeitung Kommersant absonderte, ist wirklich herzallerliebst. Mit der Auszeichnung solle das Prestige der Menschenrechtsarbeit in den Teilen der Gesellschaft erhöht werden, die derlei Treiben bislang mit Argwohn betrachten.
Die Preisträger in spe werden von einer Kommission ausgewählt, deren Mitglieder du (Entschuldigung, der Kreml natürlich) benenn(s)t. Einfach genial! Das stellt nämlich sicher, dass nur die dir Genehmen und Guten zu Ruhm und Ehre für das Vaterland kommen. Und nicht etwa der „Abschaum“, der sich als ausländischer Agent um des schnöden Mammons willen beim Westen anbiedert.
Eine weitere angenehme Begleiterscheinung der Kreml-Prämie: Die Menschenrechtsaktivisten dürften sich noch ein wenig mehr als bisher zerlegen. Gut gemacht! Aber divide et impera war schon immer deine Stärke.
Vielleicht eine erste Empfehlung für potenzielle Kandidaten? Die Freiheitskämpfer im Donbass. Die werden ja bald wie alle anderen Bürger dort auch mit russischen Pässen ausgestattet. Aber das ist ja auch nur wieder eine Erfindung des Westens.Barbara Oertel
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