LESERINNENBRIEFE :
■ betr.: Extraseiten „Christian Ströbele wird 70“, taz vom 6./7. 6. 09
Wann hat Guido Geburtstag?
Wann hat noch mal der Guido Westerwelle Geburtstag? Nein, im Ernst – diese Extraseiten sind völlig daneben. Und das einen Tag vor einer Wahl. Bisher hatte ich Ströbele immer noch gewählt, obwohl mir die Grünen schon zuwider waren. Mit Sicherheit nie wieder. Ob er das so sieht oder nicht. Ströbeles Aufgabe besteht lediglich darin, die linke Flanke der Grünen für ihre asoziale Politik abzusichern. ARNOLD ZECH-GUDRA, Berlin
■ betr.: „Aus der Zeit gefallen“, taz vom 6./7. 6. 09
Einer mit Rückgrat
Dieser Herr Ströbele ist ein Politiker von morgen und übermorgen und er ist auch nicht aus der Zeit gefallen, sondern hoch aktuell. Einer der Wenigen mit Rückgrat, der für Zukunft steht. Atomenergie, Afghanistan, demokratische Grundrechte sind Themen, die täglich die Welt bewegen, und keine von gestern. Herr Ströbele ist der einzige Politiker der Grünen von Format, der noch Überzeugungen hat, zu denen er steht. Das unterscheidet ihn von den zunehmenden Polit-Yuppies im Bundestag à la Missfelder. Ich wünsche ihm ein langes, auch politisches Leben. Glückwunsch den Kreuzbergern und Friedrichshainern zu diesem Politiker. Gut, dass die ihn zu schätzen wissen. UWE MEIER, Braunschweig
■ betr.: „Polizei erfindet Karneval neu“, taz vom 2. 6. 09
Grundgesetz Artikel 20 (4)
Es ist unfassbar: Der Polizeieinsatz beim Karneval der Kulturen ist Teil einer ganzen Reihe von Verstößen der Berliner Polizei gegen die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“. Als offenbar rassistisch stellt sich mir der Einsatz dar, weil die Festnahmen anfänglich damit gerechtfertigt wurden, die Personen seien „nicht angemeldet“ gewesen, und als dieser Vorwurf nicht mehr haltbar war, hat man den Latinos schnell noch unterstellt, sie hätten ein Händi geklaut – na klar, was sonst?!
Was sie dabei aber vergessen, ist Folgendes: Die im Grundgesetz verbrieften Rechte sollen den Bürgern ein Leben in Freiheit und Demokratie ermöglichen. Lächerlicherweise wird jedoch seitens der Polizei immer wieder das Versammlungsrecht angeführt, um genau diese Freiheit und Demokratie als hohle Phrase gänzlich zu entwerten: Was sollte die Auflösung eines Treffens politisch Engagierter in einem Café? Was sollte die Schikane und massive Einschränkung des Versammlungsrechts während der antinationalen Demonstration? Was sollte die De-facto-Aufhebung der verfassungsmäßig garantierten Rechte rund um Heiligendamm zum G-8-Gipfel? Und warum findet dieses Jahr wieder ein „öffentliches Rekrutengelöbnis“ unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (Besetzung eines explizit den Bürgern zugesprochenen Areals, des Platzes der Republik, durch das Militär)?
Für alle, die diese Vorgänge genauso wütend machen wie mich, liefert das Grundgesetz in Artikel 20 (4) ein passendes Werkzeug, das Widerstandsrecht: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ JAN STEGER, Berlin
■ betr.: „Der Wahlkampf zum Abgewöhnen“, taz vom 6./7. 6. 09
Geht das auch differenzierter?
Schlimm ist der Artikel über die Linkspartei: „Auf jeden Fall ist dann ein Wahlkampf vorbei, der nicht weniger als die Zigarette zum Abgewöhnen war.“ Sorry, diese verschwurbelte Metapher ist echt zum Abgewöhnen! Und weiter: „Es war für die Linke grundsätzlich schwer, eine proeuropäische Haltung auszustrahlen, weil beim jüngsten Bundesparteitag vorwiegend das Gegenteil vermittelt wurde.“ Was bitte ist proeuropäisch? Und dann: Vermittelt die Linke wirklich das Gegenteil davon? Ist die Linke grundsätzlich antieuropäisch? Oder will die Linke ein anderes Europa? Geht das auch etwas differenzierter?
„Und so könnte man meinen: Dann ist es ja auch egal für die Europawahl, dass sich die Partei gerade zu zerlegen scheint. Tatsächlich sind ihre Umfragewerte seit den jüngsten Verwerfungen nicht eingebrochen. Noch nicht. Aber Umfragen haben einen Vorlauf von einigen Wochen.“ Hey, ich versuch das auch mal: „Und so könnte man meinen: Dann ist es ja auch egal für die Leser, dass die taz sich gerade zu zerlegen scheint. Tatsächlich sind ihre Verkaufszahlen seit den jüngsten Verwerfungen nicht eingebrochen. Noch nicht. Aber …“ Sorry, Leute! HANNS-HARALD ENGEL, Berlin