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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Erfolg ist relativ

■ betr.: „Der ratlose Modernisierer“, taz vom 21. .9. 09

Erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich auf der Meinungsseite ausführlich mit einem Thema beschäftigen, dem selten so viel Aufmerksamkeit zuteil wird. Leider wird die so wichtige Frage nach einer Perspektive für die afrikanischen Länder in den Medien eher selten gestellt. Umso wichtiger scheint mir der Artikel von Dominic Johnson. In einigen Punkten allerdings haben einige Argumente keinen Platz mehr gefunden. Vor allem die Schlussfolgerungen, dass „Nicht von ungefähr“ die Modernisierung „dort am besten (gelingt)“ beziehungsweise „die erfolgreichsten Reformländer die (sind), in denen vorkoloniale Staatlichkeit am gefestigsten war und noch heute einer der Säulen der nationalen Identität darstellt“, erscheinen verkürzt. Schon die Beispiele zeigen, dass der Erfolg, von dem der Autor spricht, relativ ist. Man tut sich wohl schwer, all diesen Ländern dieselben Erfolge zu bescheinigen, geschweige denn, dass sich aus dieser Aufzählung ein typisches Merkmal aufdrängt: Oder welcher gemeinsame Nenner kommt einem bei Äthiopien, Ruanda, Uganda und Ghana in den Sinn? Wann genau hat dieser „Erfolg“ angefangen? Bezieht sich der Autor auf Erfolge in der Wirtschaft, Demokratisierung, Dezentralisierung, Umverteilung, oder auf Machtfestigung, Aufrüstung, Geopolitik?

Die Frage ist, was D. Johnson mit „vorkoloniale Staatlichkeit“ meint, d. h., welche Merkmale er dabei impliziert. Vergleicht er den vorkolonialen afrikanischen Staat mit einem europäischen? Sieht er es als Qualitätsmerkmal aller Staaten an, eine „nationale Identität“ herzustellen und über Jahrzehnte zu festigen? Damit würde er den Bezugspunkt europäischer Identität und das Modell europäischer Staaten den afrikanischen Realitäten überstülpen. In diesem Fall aber verstellt sich die Analyse den Weg zur Erkenntnis, dass ebendiese Übertragung – eigener (europäischer) Ideen und Modelle – eine fortwährende Ursache des beschriebenen Problems ist. Logischerweise sind damit dann nicht nur das weitergehende Verständnis der Zusammenhänge, sondern auch die aufgezeigten Perspektiven beschränkt.

Es gibt grundsätzlich zwei Arten der Analyse: Man kann erstens eine gewisse Vermutung haben und nach Beweisen für diese suchen oder man kann zweitens die Situation möglichst unvoreingenommen untersuchen und Schlüsse daraus ziehen. Bei der ersten Methode besteht nicht nur die Gefahr, sondern ist es der Sinn des Vorgehens, dass man nur Beweise für oder gegen seine Vermutung finden kann. Alternativen bleiben außen vor. Vielleicht sollte man deshalb das „Wesen der Modernisierung“ erst genauer untersuchen, um dann im Bewusstsein der eigenen Maßstäbe eine präzisiere Bewertung vornehmen zu können. Solange man das nicht tut, wird man zahlreiche Merkmale ausblenden, die man nicht auf dem Monitor hat(te).

So wird Geschichte nur verzerrt wahrgenommen. Falsche Schlüsse sind die logische Folge: „Nach der Unabhängigkeit 1962 war die Vorherrschaft der Baganda vorbei, die Monarchie wurde abgeschafft und Uganda versank im Chaos.“ Diese Aussage muss ergänzt werden: Gemäß der Verfassung von 1962 wurde als Staatsoberhaupt und „Commander in Chief of the armed forces“, mit dem Titel „Präsident“ der König (Kabaka) der Baganda Edward Muteesa II. berufen, als Vizepräsident wurde der „Häuptling“ (Paramount Chief/Kyabazing) der Busoga William Wilberforce Nadiope bestimmt. Dieses, der englischen Monarchie nachempfundene Staatsgebilde hatte nur vier Jahre Bestand. Seit dem Sturz des Königs durch Wilson Obote 1966 spielte der Konflikt um die Rolle des Königshauses eine mal größere, mal kleinere Rolle. Ob und wie der analysierte Konflikt mit vorkolonialer Staatlichkeit in Verbindung steht oder eben auf postkoloniale Zusammenhänge zurückzuführen ist, lässt sich wahrscheinlich auch in einer differenzierten Analyse nicht feststellen. Wohl aber wäre dann der Blick nicht verstellt, um „Reethnisierung“ nicht nur mit Geschichte, sondern auch mit deren machtpolitischer Instrumentalisierung in Verbindung zu bringen. MARKUS RUDOLF, HALLE

Falsch zitiert

■ betr.: „Wenn die Mandate überhängen“, taz vom 22. 9. 09

In der gestrigen taz-Ausgabe wurde ich fälschlicherweise damit zitiert, dass es „Überlegungen in Düsseldorf, Münster und Aachen gebe, mit der Erststimme den SPD-Kandidaten zu unterstützen“. Außerdem würde die Kölner Bundestagsabgeordnete Kerstin Müller dazu aufrufen, den SPD-Kandidaten Mützenich zu wählen. Beides ist nicht korrekt. Richtig ist, dass mir solche Überlegungen aus den genannten Städten nicht bekannt sind. Ebenso hat Kerstin Müller keinen entsprechenden Aufruf gemacht. Wir NRW-Grüne werben bei der Bundestagswahl insbesondere um die Zweitstimme. Der Umgang mit der Erststimme ist den Kandidaten und grünen Kreisverbänden vor Ort überlassen. Mir ist in NRW keine grüne Gliederung bekannt, die offensiv für die Abgabe der Erststimme an SPD-Bewerber aufruft. ARNDT KLOCKE, Landesvorsitzender Grüne NRW, Köln