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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Ohrfeige für Kiesinger

■ betr.: „Die deutsche Justiz hat Angst“, Interview mit Beate Klarsfeld, tazzwei vom 1. 12. 09

Ohrfeige für Kiesinger, die hat man ihr bis heute nicht verziehen. Nachtrag zu den Würdigungen von Beate Klarsfeld: Dazu gehört seit dem 8. November 2009 die Verleihung des Georg-Elser-Preises. Er ist ihr verliehen worden von der Georg-Elser-Initiative München, gegründet vor über 15 Jahren von Hella Schlumberger.

Zum 70. Jahrestag des Bürgerbräu-Attentats 1939 gegen Hitler in München fanden mehrere Gedenkveranstaltungen statt mit Diskussionen, Filmen und Theateraufführungen. Der Höhepunkt war am 8. 11. die Preisverleihung an Beate Klarsfeld im Alten Rathaussaal in München – ganz im Sinne Georg Elsers und uns zum Vorbild. In seiner eindringlichen Laudatio schilderte Günter Wallraff die mühevolle Aufklärungsarbeit von Beate Klarsfeld in einer Gesellschaft, die in weiten Teilen der Politik und Justiz mit NS-Belasteten und -Tätern durchsetzt war, in der Kiesinger Bundeskanzler werden konnte. Die Courage, der zivile Ungehorsam und das unerschrockene Handeln gegen die Staatsgewalt dieser mutigen Frau konnte man nicht anerkennen.

Es scheint so, als sei sie die von Deutschland noch immer Ungeliebte – bis heute. HELGA KILLINGER, Mitglied der Jury

der Georg-Elser-Initiative 2009, Gauting

Verfassungsprinzip „Sozialstaat“

■ betr.: „Sprache ist Macht. Der Sozialstaat schade der Wirtschaft, behaupten seine Gegner“, taz vom 1. 12. 09

Der „ungerechte“ Sozialstaat, die „ungerechte“ Steuer, alles das hat Konjunktur bei? Ja, beim wem eigentlich? Wer will hier was bewirken? Sind das alles nur „intellektuelle“ Spielereien mit Gedanken, mit Worten oder wird hier ernsthaft ein Verfassungsbruch gewollt? Denn der wäre es, wenn der Sozialstaat aufgeben bzw. in seiner Substanz angetastet würde.

Deshalb gegenüber den Philosophen, den Leitartiklern, den sogenannten neoliberalen Politikern zu ihrer Aufklärung, denn die scheint leider notwendig zu sein, der Hinweis, dass unsere Verfassung verbindlich und gleichrangig/gleichwertig das Sozialstaatsprinzip neben den Prinzipien der Demokratie und des Rechtsstaates garantiert, und zwar auch als sogenanntes verfassungsfestes Minimum! Ich rege an, dass sich die Philosophen, Leitartikler ein wenig Zeit nehmen, sich mit unserer Verfassung, vor allem auch mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zum Sozialstaatsprinzip befassen und sich zugleich Zeit nehmen, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 1 GG zu bedenken. „Würde der Armut?“ Nein, es geht dem Sozialstaat um die Würde aller Menschen. Es könnte den Philosophen zudem auch um Scham gehen, um Scham, die „man“ empfinden könnte – – oder sollte? –, die Gegenstand ihrer philosophischer Gespräche sein könnte – oder sollte? –, denn zu schämen haben wir uns alle angesichts der entwürdigen Existenz tausender Menschen in Deutschland und von Millionen Menschen weltweit.

Der Sozialstaat verhindert nicht, dass Menschen unter unwürdigen Bedingungen zu leben haben, er ist aber Ausdruck des Willens von Staat und Gesellschaft in Deutschland, alles zu tun, dem weitestgehend zu begegnen. Und das wird durch unsere Verfassung zugleich zu einer Pflicht für Staat und Gesellschaft. Über Gerechtigkeit, über soziale Gerechtigkeit, über die konkrete Ausgestaltung des Sozialstaates ist zu streiten. Nicht zu streiten ist, solange unsere Verfassung Bestand hat, über die Unantastbarkeit des Verfassungsprinzips „Sozialstaat“. WALTER STACH, Waltrop

Wir zahlen gerne Steuern …

■ betr.: „Sprache ist Macht“, taz vom 1. 12. 09

Wir gehören mit unserem Familieneinkommen zu den vielbeschworenen Mittelschichten. Wir zahlen dann gerne unsere Steuern und Abgaben, wenn unserer Meinung nach sinnvolle Dinge damit angestellt werden. Das zu entscheiden obliegt unserer Regierung, die speziell uns jetzt gerade nicht vertritt, da wir keine der Regierungsparteien gewählt haben. Als aufrechte Demokraten akzeptieren wir aber das Votum „der Wählerin/des Wählers“.

Was wir niemals akzeptieren werden sind MitbürgerInnen, die weder angemessen Steuern noch Sozialabgaben bezahlen, obwohl sie zur Einkommenselite unseres Landes gehören. Sollte eine Bundesregierung annähernd unsere Vorstellungen von einem gerechten Steuer- und Abgabensystem durchsetzen, würden diese „Bürger“ wahrscheinlich mit ihrem Geld unser Land verlassen. Ich hoffe und glaube: Niemand wird sie vermissen! UWE GIES, Ennepetal