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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Bedauerte Realität

■ betr.: „Ungebrochene Selbstidealisierung“ von Birgit Rommelspacher, taz vom 18. 1. 10

Wie kommt es, dass Feministinnen andere Frauen in ihrem Kampf gegen ihre Unterdrückung als Frauen nicht mehr unterstützen?, möchte ich Birgit Rommelspacher zurückfragen. Wie kann es sein, dass Feministinnen wie Ayaan Hirsi Ali, Seyran Ates und Necla Kelek in ihrem mutigerem Kampf gegen die sie peinigende Religion/Kultur insbesondere von der Linken zur Mäßigung aufgerufen werden? Ist es das Versagen der Feministinnen oder der Linken, wenn die Rechten sich fürwahr billig an den Rockzipfel eines Fortschrittsglaubens der agierenden Feministinnen hängen, wofür sie nie aktiv waren? Was ist passiert mit der Linken und mit den Rechten – wenn man bewusst vereinfachend diese Debatte weiterführen will?

Auf jeden Fall ist es schlicht falsch von Birgit Rommelspacher, mich als eine zu zitieren, die behauptet hätte: „Feministinnen müssten inzwischen auch mit den Rechten koalieren, so argumentierte kürzlich die Publizistin Halina Bendkowski in einer Radiodiskussion im rbb, da die Linken sich aus Angst vor den Muslimen nicht mehr trauten, sich für die Gleichberechtigung der Frauen einzusetzen.“

Es macht einen Unterschied, ob man jemanden, in diesem Falle auch mich, als eine beschreibt, die gesagt hätte, ich wollte oder müsste mit der Rechten koalieren, weil ich nicht links sein wollte und gar dem Chauvinismus frönte. Das ist nicht nur falsch (nachhörbar!), sondern auch irreführend. Mir geht es als linker Feministin um das Versagen der Linken und der sich passiv verhaltenden Feministinnen gegenüber Frauen, die für gleiche Rechte in ihren Kulturen zu kämpfen haben. Und mein Bedauern gilt nicht der Erregung einer unterhaltenden Streitkultur, sondern der Realität. Wenn die Rechten Ayaan Hirsi Ali z. B. eher geholfen haben als eine besserwissende Linke oder gar sich in kolonialer Selbstüberschätzung imaginierende = hilflose Feministinnen, die sich nicht trauen, Kulturen und Religionen zu kritisieren, wenn es „nur“ um die Rechte auf Unversehrtheit und Gleichheit von Frauen geht. Sollte deswegen ganz konkret Ayaan Hirsi Ali die Hilfe der Rechten nicht annehmen, weil die ruhende Linke ihr daraus einen Vorwurf machen könnte?

Nur wenn diese Frage konkret beantwortet wird, kann die ermüdend stilisierte Debatte über die beschämenden Realitäten von Frauen und Männern verändert werden. HALINA BENDKOWSKI

Einfache Antworten gibt es nicht

■ betr.: „Der ewig reizbare Mann“ von Claudia Pinl, taz vom 23. 1. 10

Muss frau als aufrechte Feministin das Kopftuch ablehnen? Oder bringt sie damit eine eurozentrische, möglicherweise sogar rassistische Gesinnung zum Ausdruck? Claudia Pinl hat recht, wenn sie von einem „unbewussten Schuldkomplex“ spricht. Auschwitz mahnt. Nie wieder sollen in Deutschland Menschen durch die Straßen gehetzt werden, weil sie anders aussehen, anders denken, anders leben. Allerdings gerät der oder die „gute“ tolerante Deutsche schnell in eine Zwickmühle. Die Debatte über Feminismus und Islam ist ein gutes Beispiel dafür. Entweder steht man/frau als Ausländerfeindin da (wegen mangelnder Toleranz gegenüber dem Islam) oder aber als UnterstützerIn patriarchaler Strukturen (weil das Kopftuch angeblich ein Zeichen für die Unterdrückung von Frauen ist). So einfach ist das alles jedoch nicht.

Das Kopftuch ist nur ein Stück Stoff. Es sagt nichts über die Frau, die es trägt, aus und lässt auch keine Rückschlüsse auf ihre Lebensumstände zu. Darf man/frau aber zulassen, dass der weibliche Körper „beherrscht“ wird dadurch, dass Männer ihm aufzwingen, sich zu verhüllen, wie Claudia Pinl schreibt? Sicher nicht. Das Entscheidende daran ist aber nicht die Verhüllung, sondern das Aufzwingen. Somit wäre auch die feministische Forderung, sich nicht zu verhüllen, ein Zwang, ein Versuch, die Körper von (anderen) Frauen zu beherrschen. Es besteht also ein feiner, aber klarer Unterschied dazwischen, ob jemand anders lebt, anders denkt, anders aussieht, oder ob jemand brutalen Zwängen ausgesetzt ist. Einfache Antworten gibt es nicht. DANIELA HÖHN, Berlin

Wald als Renditeobjekt

■ betr.: „Den Bäumen geht es besser, aber jede 2. Buche ist krank“, taz vom 22. 1. 10

Aber wieso ist dann der nächste Schritt, noch weitere Steuergelder den Leuten zuzuschustern, die den Wald lediglich als Renditeobjekt begreifen und ganz maßgeblich an seiner Entgrünung, Schwächung, Entfremdung, Bodenverdichtung, Erkrankung und Versauerung seit Jahrzehnten beteiligt sind? Das ist dumme Klimaverarsche von Frau Aigner. Ihr sind der Wald und das Klima egal. Sie schichtet wieder nur mal Gelder um. That’s it. ANDREAS TIETZ, Sölden