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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Nicht besser oder schlechter

■ Betr.: „Wenn das Volk mitregiert“, taz nord vom 20. 1. 2010

Direkte Demokratie ist weder besser noch schlechter als die parlamentarische, sie ist auch nicht demokratischer – sie ist anders. Keine der beiden kann garantieren, dass nur vernünftige Entscheidungen getroffen werden. Bei CDU und SPD kennt mensch ja die Einstellung: WählerInnen und Parteibasis sind zu blöd, die Parteien – vertreten durch ihre Vorstände! – wissen viel besser, was gut für sie ist. Bedenklich stimmt mich, dass es auch grünes Führungspersonal gibt, das nicht weit davon entfernt zu sein scheint. Demokratie heißt nicht Herrschaft der – sich selbst als solche definierenden – Elite, der Intelligenz oder Qualität. Das Wahlrecht wird aus gutem Grund nicht von Besitz, IQ oder Zugehörigkeiten zu irgendwelchen Gruppierungen abhängig gemacht. Und: Das Interesse der Parteien ist nicht identisch mit dem der WählerInnen.  HOLGER GUNDLACH, Hamburg

Unausgegoren Klischees verbreitet

■ Betr.: „Bis zur absoluten Disharmonie“, taz nord vom 19. 1. 2010

Ihr Autor berichtet über das Theaterprojekt „Neurovisions – eine gesamteuropäische Touretterie“, das in Kooperation mit unserem Verein in Hamburg uraufgeführt worden ist. Eine unausgegorene Berichterstattung über Menschen mit einer neuropsychiatrischen Störung darf nicht unkommentiert bleiben: „Tics“ beim Tourette-Syndrom sind eben keine „Ticks“, also Maschen, sondern eine neurologische Störung. Sie sind gerade keine „nervösen Zuckungen“ von Stadtneurotikern, sondern physiologische Bewegungen, die in überakzentuierter Weise und losgelöst vom Kontext auftreten. Touretter sind nicht Obzönitäten von sich gebende Wilde unserer Gesellschaft, sondern Menschen, die sich wegen Ihrer Störungen schämen.

Wir haben dem Autor umfassende Informationen zum Tourette-Syndrom und seinen Grundlagen nicht nur zur Verfügung gestellt, sondern persönlich erläutert. Er hat nur Klischees bedient. ALEXANDER MÜNCHAU, Förderverein für die Erforschung der Neurophysiologie und Entwicklung des Motorischen Systems (N.E.MO), Hamburg