LESERINNENBRIEFE : Eine bunte Mischung
Der Mai ist gekommen … und Feiertage mitten in der Woche locken ins Grüne statt an den Laptop. Vermutlich gab es bei unseren LeserInnen aus diesem Grund kein großes Aufregerthema. Und so gibt es heute ein Themen-Potpourri.
Nicht nachweinen
■ betr.: „Das Netz der Beleidigten“, taz vom 15. 5. 13
„Oder aber Google zieht die Reißleine und verzichtet in Deutschland völlig auf die Autocomplete-Funktion. Für alle Beleidigten vielleicht besser. Für alle andern nicht“, schreibt Meike Laaff. Was wäre für „alle anderen“ ohne diese Funktion „nicht“ besser?
Der Nutzen der Autocomplete-Funktion ist gering. Wenn ich nach etwas suche, kann ich das auch eingeben. Dazu muss ich nicht sehen, was viele schon gesucht haben. Wir wehren uns so viel gegen für den einzelnen potenziell schädliche Datenabgleiche, zum Beispiel in den Bereichen Konsumverhalten, Banking, Bonität, Schichtzugehörigkeit, Wohn- und Aufenthaltsorte, Kommunikationsverhalten und gegen Profilerstellung ohne eigenes Zutun und eigene Einwilligung. Da brauchen wir nicht einen (leider hypothetischen) Verzicht auf das Autocomplete als nur besser für „Beleidigte“ abtun und als „nicht“ besser für alle anderen bezeichnen. Autocomplete ist das Ergebnis eines massenhaften Datenabgleichs – aber nicht einmal von Fakten und nicht einmal von konkretem Getratsche, sondern nur von der Häufigkeit der Frage nach einem bestimmten Zusammenhang.
Also geben wir mal systematisch von vielen verschiedenen Rechnern aus und sehr oft „Meike Laaff schwacher Kommentar“ ein. Das wäre ihr wurscht, ja klar. Dennoch möchte ich heute sagen: Auch normale, voll lockere „nicht Beleidigte“ müssten dem Autocomplete keine Träne nachweinen. EMANUEL BÜTTNER, Bamberg
Ende des Internets?
■ betr.: „Das Netz der Beleidigten“, taz vom 15. 5. 13
Es könnte also sein, dass Google es nicht auf Rechtsstreitigkeiten ankommen lässt, um strittige Meinungen zu verbreiten … Und die taz sieht schon das Ende des Internets kommen?! Ein Selbstdarstellernetz ohne Meinungsfreiheit!? Bisher bin ich nicht davon ausgegangen, dass ich für kritische Berichterstattung auf die Autocomplete-Funktion von Google angewiesen sei – eigentlich dachte ich, dafür gäbe es www.taz.de! Die weit verbreitete Sorge, mit der das Urteil gegen Google in den deutschen Medien kommentiert wird, scheint mir einen erschreckenden Mangel an Selbstbewusstsein zu offenbaren. ANTON FLUGGE, London
Gezielt genutzt
■ betr.: „Suchmaschine muss löschen“, taz.de vom 14.5. 13
Die Autovervollständigung hat zweifellos mitunter etwas Stigmatisierendes. Nicht selten wird sie aber auch gezielt genutzt, um die eigene Internetpräsenz zu optimieren. Wer sich dadurch in ein falsches Licht gesetzt fühlt, weil die Begriffsverknüpfungen ganz offensichtlich irreführend sind, der sollte schon die Möglichkeit haben, etwas dagegen zu tun. Wer wie Google ein so komplexes Suchwerkzeug schaffen kann, der kann auch seine Algorithmen dahingehend anpassen. RAINER B., taz.de
Niedere Triebe
■ betr.: „Der Katzen-Vogel-Krieg, taz vom 16. 5. 13
Liebes taz-Team, wer regelrechte Massaker an Katzen verübt und auch noch postet, dem geht es wohl nicht primär um Vogelschutz. Wie wäre es, wenn mensch, ob hier oder down under, sich endlich um Katzenkastration bemühte? Erschreckend, wie viele nur auf einen Aufruf oder Anlass warten, um ihre niedersten Triebe auszuleben. Vielleicht gibt es ja bald wieder lustige Hexen-und-Katzen-Verbrennungen; Brot und Spiele werden immer sehr gern genommen.
Ob Menschen oder Tiere, ist doch schön, ein Feindbild zu haben, siehe Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und viele längst ausgestorben geglaubte Dinge mehr. Was sind wir doch alle zivilisiert! PETRA GROSSE-STOLTENBERG, Hattingen
Demografielügen
■ betr.: „Demografiegipfel“, „Im Vorwärtsgang“, taz vom 15. 5. 13
Leider hat Simone Schmollack nicht das wirkliche Problem erkannt: Die Demografielügen sind wichtiger Teil des Umverteilungskonzepts von unten nach oben. Die Behauptung von der Überalterung, vom Aussterben Deutschlands (Adenauer schon 1953), ist durch keine wissenschaftliche Methode abzusichern und durch einen Blick auf die Bevölkerungsentwicklung und die seriösen Wirtschaftsdaten der Vergangenheit, besonders des 20. Jahrhunderts leicht zu widerlegen. Alle diesbezüglichen Horrorprognosen sind nicht eingetroffen!
Diese waren aber woanders sehr erfolgreich: Zum Beispiel die Parität der Rentenversicherung ist aufgehoben, die Arbeit„nehmer“ tragen deren Hauptlast, die privaten Versicherungskonzerne freuen sich über satte Gewinne, denen lachhafte „private“ Renten gegenüberstehen, die Spekulanten haben dadurch große Summen frischen Geldes für ihre Gewinn„spiele“ erhalten, deren Verluste immer wieder sozialisiert werden.
Die Strukturprobleme des Ostens Deutschlands – ein anderes, scharf zu trennendes Problem – sind auf die „feindliche Übernahme“, die Ausplünderung durch den Westen zurückzuführen, auch eine andere – „geografische“ – Umverteilung von unten nach oben! Mangels wirklicher Kenntnis der Probleme dienen Artikel und Kommentar nur dieser Umverteilungstechnik – ob bewusst oder nicht, ändert an diesem Ergebnis nichts. FREIMUT RICHTER-HANSEN, Wiesbaden
Angst vor dem Tod
■ betr.: „Angelinas Entscheidung“, taz vom 15. 5. 13
Angst vor Brustkrebs ist Angst vor dem Tod. Tatsächlich sterben Frauen an Brustkrebs. Deshalb müssen Frauen, die so eine Familiengeschichte haben, sich regelmäßig selbst untersuchen (Tastuntersuchung muss man lernen!) und zur Vorsorge gehen. Wenn Knoten frühzeitig entdeckt werden und sich als gefährlich erweisen, können sie oft so operiert werden, dass die Brust und vor allem die sensible Brustknospe erhalten bleibt.
Aus dem Implantate-Skandal wissen wir, dass Brüste regelmäßig nachoperiert werden müssen. Durch jede Operation geht Empfindungsvermögen verloren. Brüste sind extrem wichtig für guten, orgasmischen Sex! Mit 21 hat man das womöglich noch nicht herausgefunden. Angelinas Entscheidung gibt ein katastrophales Vorbild.
BIRGIT KÜBLER, Regensburg
Wie ein Parkplatz
■ betr.: „Angelinas Entscheidung“, taz vom 15. 5. 13
Das gefundene Gen ist kein „Krebs-Gen“, sondern wurde häufiger gefunden bei Menschen, in deren Familie überdurchschnittlich häufig zum Beispiel Brustkrebs auftritt, den Begriff „familiäre Disposition“ verwendete man „früher“ dafür. Das ist bildlich gesprochen wie ein Parkplatz: Ob auf dem ein Auto parkt, hängt von sehr vielen Faktoren ab.
Wenn noch ein paar weitere Gene mit Etiketten versehen werden und noch mehr Menschen „Ursache mit Wirkung“ verwechseln, sind die Krankenhäuser und Bestattungsunternehmen bald der Zukunftsmarkt schlechthin. Da ist einiges mehr an Respekt und Vertrauen für und in den Organismus angebracht. Und ein paar grundlegende Überlegungen darüber, was Krankheit darstellt.
Der Mensch ist (noch) keine Maschine, die „kaputt“geht; er ist ein hochflexibles organisches Gebilde.
HENDRIK FLÖTING, Berlin