LESERINNENBRIEFE :
Billige Witzchen
■ betr.: „Endlich! Super! Steuerquatsch für alle“, taz vom 7. 6. 13
Mein Mann und ich sind über eure Überschrift und die Formulierung Westerwelles als „Gattin“ sehr verärgert. Gerade von euch hätte ich zur steuerlichen Gleichstellung mehr erwartet als billige Witzchen. Gerade weil ihr euch wie kein anderes Medium immer schon für (Geschlechter-)Gerechtigkeit und auch für uns Homosexuelle eingesetzt habt, sind wir seit vielen Jahren Abonnenten. Natürlich ist das Ehegattensplitting ungerecht und Westerwelle ein Negativbeispiel par exellence, aber um das zu kritisierten, hätten wir uns einen anderen Tag gewünscht.
MARKUS MÜLLER, FRANK BIEHLER, Riegelsberg
Da lacht das Heteroherz!
■ betr.: „Endlich! Super! Steuerquatsch für alle“, taz vom 7. 6. 13
Da dachte ich doch gestern wirklich, man hätte mir versehentlich statt der taz die Bild-Zeitung zugestellt: Unter dicken Lettern posieren Guido Westerwelle und Lebensgefährte auf der Seite eins, um das Karlsruher Urteil zu feiern. Man kann zwar generell den Sinn des Ehegatten-Splittings diskutieren, aber das Urteil ist natürlich vor allem ein Sieg der Bewegung für die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben, und das ist doch sehr positiv. Das ignoriert Ihre Titelzeile völlig; zudem wird durch das Foto plumpe Homophobie geschürt, indem das Vorurteil der gut verdienenden Homosexuellen bedient wird – und Sie Westerwelle in der Unterzeile auch noch als „Gattin“ bezeichnen! Da lacht das Heteroherz! Ich würde es sehr begrüßen, wenn ich von Ihnen nicht mehr derart schwulen- und lesbenfeindlichen Mist zum Frühstück serviert bekommen würde.
ANGELIKA SCHLEPPER, Bremen
Leugner des Klimawandels
■ betr.: „Investieren gegen den Hunger“, taz vom 8./9. 6. 13
Bjørn Lomborg war eine Schlüsselfigur der LeugnerInnen des Klimawandels. Die Denkfehler in seinen „provokativen“ Thesen, dass vieles effizienter wäre, als den Ausstoß von Klimagasen zu begrenzen, sind schon vielfach dargelegt worden. Doch dessen ungeachtet bekommt Lomborg eine unglaubliche Aufmerksamkeit der Medien. Nun auch in der taz, fast eine Seite. Um mit Professoren und Nobelpreisträgern zu prahlen und der „Anreicherung von Nahrung“ und der „Forschung zur Steigerung der Agrarproduktivität“ das Wort zu reden. Kein Wort darüber, warum der Hunger bisher nicht besiegt worden ist und wie seine genial simplen Strategien an diesen Gründen etwas ändern sollen.
Was diese Vorschläge von Lomborg gemein haben, ist, dass sie von den politischen Konflikten und Ungerechtigkeiten, die zu Hunger und Klimawandel führen, mehr oder weniger geschickt ablenken. Versucht jemand, solche Ideen umzusetzen, so kann das entweder mithilfe der Agrarindustrie geschehen – die katastrophalen Ergebnisse kann man an vielen Orten sehen – oder es bedeutet, die Agrarwirtschaft grundlegend zu verändern. Was bisher an den Machtverhältnissen scheitert.
Dieser Artikel versucht, diese Machtverhältnisse zu festigen, indem er die Lösung des Hungerproblems nicht als politisches, sondern als einfaches, technisch zu lösendes Problem darstellt. Oder ist das wieder eine der „Anfeindungen“ gegen Bjørn Lomborg, über welche die taz mich kryptisch unterrichtet? Meinungsvielfalt in Ehren, aber nicht um jeden Preis! PHILIPP SPÄTH, Freiburg
Nur eine Lösung: Entlassung
■ betr.: „Ich wurde nicht informiert“, taz vom 6. 6. 13
Es ist wirklich erstaunlich. Ein ganzes Land diskutiert über Dinge, über die es überhaupt nichts zu diskutieren gibt. Und, was noch schlimmer ist, niemand wird zu dieser Diskussion gezwungen. Eine Firma, die pro Jahr mehr als 30 Milliarden im Namen der Bundesrepublik Deutschland „verpulvert“, und der Chef hat von nichts eine Ahnung. Da gibt es doch nur eine Lösung. Oder? Wer ein ranziges Brötchen klaut, wird entlassen. Und wer eine Milliarde Volksvermögen in den Sand setzt, wird als potenzieller Nachfolger von Frau Merkel gehandelt. Es wird Zeit, dass wir allein unsere Köpfe zum Denken benutzen. HEINZ MUNDSCHAU, Aachen
Sexismus „richtig rum“
■ betr.: „Frauen sollen sichtbarer sein“, taz vom 10. 6.13
Die Uni Leipzig bringt durch diese Provokation all jene, die dies als „umgekehrten Sexismus“ bezeichnen, dazu, damit implizit und unbeabsichtigt zuzugeben, dass das generische Maskulinum, das ja von ihnen nicht beschrien wird, im Umkehrschluss eben genau das ist: Sexismus. Diese im Prinzip natürlich suboptimale Lösung entlarvt damit immerhin die Heuchelei all jener, die Sexismus, solange er nur „richtig rum“ praktiziert wird, akzeptieren. Wenn sich Frauen von der männlichen Form angesprochen fühlen sollen, ist es nur fair, wenn das andersherum genauso gilt, da hat der Herr Teichert völlig recht. Es geht also weniger um die beste Art, Geschlecht begrifflich (un)kenntlich zu machen, als vielmehr um gesamtgesellschaftliche Betrachtungsweisen, in denen männlich gleich menschlich, weiblich hingegen ausschließlich feminin ist. Das mag nicht die schlimmste Form von Diskriminierung auf dieser Welt sein, zeigt aber eine Betrachtungsweise, in der die Frau immer noch das tendenziell defizitäre Gegenstück zum Mann darstellt, und dies aufzudecken, ist ein Verdienst. CLAUDIUS MAIER, Villingen-Schwenningen