LESERINNENBRIEFE :
Linkspartei nicht ignorieren
■ betr.: „Dumm gelaufen für die Sozis“, taz vom 23. 9. 13
Das Ergebnis der Bundestagswahl 2013 verdeutlicht zusätzlich zu dem, was von den Medien und Parteien gesagt und geschrieben wird, eines: Die Linkspartei kann weder auf Landesebene (Hessen) noch auf Bundesebene länger ignoriert werden. Auf kurz oder lang werden sich SPD/Grüne mit dieser auseinandersetzen müssen! Welches Demokratieverständnis liegt dem Grundsatz zugrunde, wenn vonseiten der SPD/Grünen noch nicht einmal Gespräche angeboten werden. Der Grundsatz, wonach Demokratie auch bedeutet, nach Mehrheiten zu suchen, was überall in Europa selbstverständlich ist, und die Tatsache, dass sich die Inhalte der Oppositionsparteien so ähneln, sollte jedem eingefleischten Demokraten zu denken geben. Bei genauerer theoretischer Betrachtung ist Rot-Rot-Grün auf Bundesebene für die SPD und die Grünen sogar die sinnvollste Alternative, wenngleich aus ihrer Sicht nicht optimal: Schwarz allein kann und will es nicht. Schwarz-Grün liegen inhaltlich zu weit auseinander. Darüber hinaus kann man den Grünen nur abraten eine Koalition mit Angela Merkel einzugehen, möchte sie nicht wie SPD oder FDP verheizt werden, denn es ist auch zukünftig davon auszugehen, dass Frau Merkel den Anspruch auf alle Erfolge erheben wird, wohingegen Misserfolge dem schwächeren Partner zugeschrieben werden. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass SPD und Grüne in Erwägung ziehen sollten, Gespräche mit der Linkspartei aufzunehmen, wenn sie an einem Politikwechsel wirklich interessiert sind.
FARID BOUY, Frankfurt am Main
Die Linke prangerte an
■ betr.: „Ein schwarzer Tag für Europa“, taz vom 23. 9. 13
In dem Beitrag von Robert Misik steht sehr viel Richtiges. Wirklich ärgerlich finde ich nur eines: Er behauptet mehrfach, dass „niemand“ im Wahlkampf gegen Merkels desaströsen Europakurs aufgetreten sei, dass „all das unthematisiert (blieb)“. Misiks Kritik in dieser Sache richtet sich – zu Recht – gegen SPD und Grüne. Es sollte aber doch auch ihm nicht entgangen sein, dass es sehr wohl eine Partei gab, die all das thematisierte und anprangerte, nämlich die Linke. Aber offenbar läuft sie bei ihm unter „niemand“. Schade.
GERT HAUTSCH, Frankfurt am Main
Die Mitte ist bereits besetzt
■ betr.: „Das Merkel-Gefühl“, taz vom 23. 9. 13
Was die Wahl gezeigt hat und wie sie richtig feststellen: „Rot-Grün wird es in Zukunft … nur mit der Linkspartei geben.“ Es gibt eine Mehrheit links der Mitte! Doch die SPD will in die Mitte, wo schon Frau Merkel sitzt. Fatal! NORBERT VOSS, Berlin
Grüne gehen auch nach rechts
betr.: „Neuer deutscher Chauvinismus“, taz vom 24. 9. 13
Ulrike Herrmann hat in ihrem Kommentar die Grünen vergessen: die bewegen sich mit ihrem Steuer- und Wirtschaftsprogramm auch nach rechts – nach der Wahl vermehrt, weil sie ja Stimmen verloren haben (schließlich ist kein Atomkraftwerk in die Luft gegangen) – und nach rechts gehen wird als „sich auf die Mitte zu bewegen ausgegeben“. INSA KLINGBERG, Balingen
Wohin geht die Reise?
■ betr.: „Neuer deutscher Chauvinismus“, taz vom 24. 9. 13
bei cdu und fdp wird es in zukunft also nationalistischer. gewagt, gewagt. aber ehrlich gesagt, interessiert mich viel mehr, wo die reise bei spd und grünen hingeht. denn fakt ist, dass spd, linke und grüne die wahl gewonnen haben. diese tatsache jedoch aufs peinlichste zu ignorieren, würde mein therapeut abspaltung nennen. da fällt mir nur noch rosa luxemburg ein: wenn wahlen etwas verändern würden, wären sie verboten. BORIS KRUMM, Hopfgarten
Politikwandel statt Große Koalition
■ betr.:„Merkel sucht neuen Koalitionspartner“, taz vom 24. 9. 13
Auffallend ist, wie sehr der Wahlsieg der Union, sei er noch so komfortabel, hochgepuscht und hochkommentiert wird, dabei aber überhaupt nicht zur Debatte steht, dass die alte Regierung und deren Politik abgewählt wurde. Allem Anschein nach hat diese Politik in Deutschland keine Mehrheit mehr. Offensichtlich ist aber, dass Frau Merkel immer wieder einen Koalitionspartner braucht, der als Schuldiger für ihre verfehlte Politik abgestraft wird. Dies sollten sich die möglichen neuen Koalitionspartner vor Augen halten. Wenn es ihnen wirklich darum geht, eine andere, gerechtere Politik zu machen, anstatt nur an irgendwelche großzügig zugeteilte kleinere Machtpositionen zu besetzen.
Soll doch Frau Merkel eine Minderheitsregierung führen und von Fall zu Fall nach Mehrheiten suchen, die dann auch ehrlich ausgehandelt und nicht diktiert werden. Dann muss sie endlich die Verantwortung übernehmen und Politik selbst offen gestalten, auch auf die Gefahr hin, dass sie scheitert. Aber wahrscheinlich wird die SPD der Verlockung als ein möglicher Regierungspartner wieder einmal nicht widerstehen, anstelle die tatsächliche, wenn auch schwierige Alternative – ein Bündnis mit den Grünen und den Linken – anzustreben, um einen tatsächlichen Politikwandel herbeizuführen.
ALBERT WAGNER, Bochum