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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Keine Vision für die Zukunft

■ betr.: „Danke, NRW!“, taz vom 10. 5. 10

In erster Linie ist die NRW-Wahl eine weitere Ohrfeige für dieses parlamentarische System, ob Bundes- oder Landesebene, weil wieder einmal die Beteiligung gesunken ist! Schon der Verdacht von käuflicher Politik durch Parteispenden, Sponsoring wie auch die ganzen Nebeneinkünfte unserer Mandatsträger, welches die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen bei dem Bürger in Politik schmälert und diese Demokratie nachhaltig schädigt, ist einer der Gründe! Aber auch der politische Stil der Parteien und Politiker mit dem ewigen Taktieren, Schönreden bis hin zu Lügen, Klientelpolitik, keine Visionen für die Zukunft und der eigene Vorteil von Mandatsträgern! Da sitzen von der Wirtschaft bezahlte Lobbyisten in den Ministerien und arbeiten Gesetzesvorlagen aus, und Abgeordnete bekommen wohl schon während ihrer Amtszeit gut bezahlte Angebote aus der Wirtschaft. Es wird Zeit, dass wieder Politik mit dem Bürger und nicht über den Bürger betrieben wird und das Wohl der Bürger im Vordergrund steht! Ich sehe diese NRW-Wahl als weitere Schlappe für dieses parlamentarische System, egal wer den Ministerpräsidenten stellt. Wobei mir hier die Koalition von Rot-Grün besser gefällt, um im Bundesrat Schwarz-Gelb zu bremsen. VOLKER UHLENBROCK, Ückeritz

Vergewaltigt, verhöhnt

■ betr.: „Nun wird es konkret“, taz vom 6. 5. 10

Liebe Anja Röhl, wie gut, dass Sie über Ihren Vater geschrieben haben! Ich bin aus der Generation Konkret und hatte damals irgendwann aufgehört, dieses Machwerk zu lesen, hätte es aber nicht in Worte fassen können, warum. Es war ein ohnmächtiges Gefühl dieser „Pädophilie“ gegenüber (dieses Wort ist euphemistisch und sollte aus unserem Sprachschatz gestrichen werden!). Nun möchte ich aber auf einen bedeutsamen Satz fast am Ende des Artikels von Nina Apin hinweisen, der mir wie blanker Hohn klingt. Nachdem Sie erwähnen, dass für den Ehemann und Vater erwachsene Frauen nur Nutten waren, versuchen Sie ihn wieder zu entschuldigen, indem Sie sagen: „Vielleicht habe ihn die frühe Kriegserfahrung als 16-jähriger Soldat zu dem gemacht, was er später geworden sei.“ Wie oft müssen wir noch vergewaltigt, gedemütigt, verhöhnt und verletzt werden, um zu verstehen, dass ein Vater, der Mädchen ab 13 Jahren nur noch Nutten nennen kann, selbst schlimmste Erfahrungen in seiner Ursprungsfamilie erlebt hat. Aber genau das darf nicht mit etwaigen Kriegsgräueln entschuldigt werden. Und genau das darf ihn nicht berechtigen, seine kleinen Töchter in verwerflichster Weise zu missbrauchen. Dieser Satz ist eine Entschuldigung für Kindesvergewaltigung! Liebe Anja, es gibt viele Bücher über diese sexuellen Verbrechen in den Familien (zum Beispiel von Christa Mulack). Diesen Vätern ist nicht zu helfen! Und wir dürfen sie nicht entschuldigen! Sie stürzen Mädchen in lebenslanges Unleben. ULRIKE LOOS, Hamburg

Verständliche Wut

■ betr.: „Der perfekte Deutsche“, taz vom 5. 5. 10

Ich arbeite bei einem Bildungsträger, der für die Arbeitsagentur Reintegrationsmaßnahmen für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen durchführt. Auch ich erlebe, wie MigrantInnen mit einer akademischen Ausbildung in Hilfstätigkeiten abgeschoben werden. Der letzte, wirklich dramatische Fall war der eines christlichen Irakers, zwischenzeitlich deutscher Staatsangehöriger, Bauingenieur, dem nie irgendjemand erklärt hatte, wie er hier seine Zeugnisse zumindest mal bewerten lassen kann – statt Gebäude zu errichten, wurde er als Produktionshelfer eingesetzt. Der Frust und die Wut dieser Menschen ist mehr als verständlich. JÖRG RUPP, Malsch