LESERINNENBRIEFE :
Ökonomische Perspektivlosigkeit
■ betr.: „Kehrt um, zurück nach Afrika“, taz vom 4. 11. 13
Mit der Genfer Flüchtlingskonvention und anderen Abkommen zum Schutz aller Menschen lassen sich die geplanten Änderungsvorschläge der EU-Kommission zur Neuregelung der Frontex-Operationen ja wohl sicher nicht vereinen. Vielmehr wird das Recht auf Zugang zu einem Asylverfahren weiter verunmöglicht, wenn Verfolgte bereits an den Küsten des Mittelmeers oder bereits auf dem Wege dorthin abgefangen werden.
Dass sich nicht nur politisch Verfolgte auf den lebensgefährlichen Weg nach Europa machen wollen, liegt nicht an den Schleusern, sondern vielmehr tragen dazu auch die gegenwärtigen Politiken der EU dazu bei; dazu gehören z. B. die Exporte von subventionierten Nahrungsmitteln in afrikanische Staaten, die verfehlte Fischereipolitik, wodurch die afrikanischen Fischer vom eigenen Markt verdrängt werden, und schließlich auch das „Landgrabbing“, wodurch den Einheimischen die Lebensgrundlagen entzogen werden.
Das alles führt zu einer ökonomischen Perspektivlosigkeit, die zu dem von Europas Innenministern gefürchteten „massenhaften Zustrom“ führt. Für Arbeitsmigranten gibt es fast keine legale Möglichkeit, z. B. mit einem Visum nach Europa zu kommen, obwohl in einigen Branchen händeringend Fachkräfte gesucht werden. Die Rücküberweisungen von Exilafrikanern sind heute schon ein wichtiger Beitrag zur Versorgung der Familien in der afrikanischen Heimat.
Innenminister Friedrich, der jede Migration als Bedrohung empfindet, bereitet jedoch mit seinem Ausgrenzungs- und Abwehrperfektionismus und seiner diffamierenden Behauptung einer „Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme“ ein Klima von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, dem dringend entgegengewirkt werden muss. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel
Man sollte bedenken
■ betr.: „Tod in der Wüste“, taz vom 1. 11. 13
Dominic Johnson weist darauf hin, dass Weltregionen am schnellsten prosperierten, wenn sie ihre Arbeit suchende Jugend millionenfach nach Übersee ziehen ließen, und meint, dass Europa vor 100 Jahren davon profitierte, hingegen den Afrikanern dies jetzt verwehre. Bedenken sollte man dabei jedoch, dass die millionenfache Auswanderung der Europäer untrennbar verbunden ist mit Kolonialismus sowie Imperialismus. CHRISTIAN KOSITZA, Bad Salzuflen
Keine Absolution für Hoeneß
■ betr.: „Raus aus der normativen Enge“, taz vom 6. 11. 13
Jo mei, der Uli! Macht im katholischen Bayern alles richtig: sündigen, fast erwischt werden, beichten gehen (so ein bisschen wenigstens) und bereit sein, drei bis fünf Ave Maria zu beten. Und jetzt keine Absolution, sondern doch die Strafverfolgung! Einfach ungerecht! Dabei darf nie vergessen werden, dass wir in einem Land leben, in dem Menschen, die in ein altes belegtes Arbeitgeberbrötchen beißen, deswegen arbeitsrechtlich einwandfrei fristlos entlassen werden. WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen
Bespitzelung ist Unfreiheit
■ betr.: „Wer wird ihn verraten?“, taz vom 5. 11. 13
Sie alle haben ihn schon verraten. Es bleibt nur die vage Hoffnung, dass die SPD-Basis sich der Traditionen dieser Partei besser besinnt als die postengeile Führung und dem Koalitionsvertrag eben nicht zustimmt. Schon allein die Vorgänge um Snowden zeigen, dass denen alles andere wichtiger scheint als Aufrichtigkeit oder gar das Interesse der Bevölkerung.
Die Kanzlerin sollte es aus ihrer Vergangenheit wissen: Massenhafte Bespitzelung ist die blanke Unfreiheit. Konsequenzen? Wozu? Die ganze Affäre wird in ein paar Wochen versanden. Solange es so viele Leute gibt, die „… nichts zu verbergen haben …“ und denen das alles vollkommen gleichgültig ist, so lange kann die deutsche Regierung sehr beruhigt darauf vertrauen, dass nichts zurückbleibt und alles bei den nächsten Wahlen vergessen ist.
FRITZ LOTHAR WINKELHOCH, Gummersbach
Ein großes Theater
■ betr.: „Wer wird ihn verraten?“, taz vom 5. 11. 13
Super, treffender Titel und Leitartikel! Unsere BRD-Verwalter müssen jetzt Farbe bekennen, nachdem sie sich mit der Snowden-Einladung populistisch verplappert haben. Es wird jetzt herauskommen, was uns mit großem Aufwand verschwiegen wurde: dass Deutschland mitnichten souverän ist, sondern immer noch, ohne Friedensvertrag, von den Amis besetzt und kontrolliert.
Die NSA-Empörung ist für alle, die Bescheid wissen, ein großes Theater. Keiner gesteht es ein: Nirgendwo wäre Ed Snowden unsicherer als hier. Snowden tut gut daran, sich nicht hierzulande um Asyl zu bewerben. SABINE MIEHE, Marburg
Abgabe auf größere Vermögen
■ betr.: „IWF rückt ‚rein theoretisch‘ in Attac-Nähe“, taz vom 6. 11. 13
Die Notwendigkeit der Forderung des IWF nach einer Abgabe auf größere Vermögen, um die Staatsfinanzen sanieren zu können, ist Folge des Verhaltens derjenigen, die von sich aus geben könnten, aber nicht geben. ARTUR BORST, Tübingen