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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Teils Richtiges, teils Verdrehtes

■ betr.: „Am liebsten nur Waldhüter“, sonntaz vom 22. 2. 14

Die taz druckte in ihrer Wochenendausgabe ein Interview ab, dessen forstlich-fachliche Hintergründe schwach recherchiert wurden. Bereits der Vorspann informiert gefährlich verkürzt und diskreditiert eine ganze Branche: „Der Forstrebell“ Peter Wohlleben verzichte auf Kahlschläge und Gifte im Wald. Der uninformierte Leser glaubt nun, in allen anderen Wäldern Deutschlands wären Kahlschlag und Giftspritzorgien normal. Das aber ist falsch. Korrekt ist: Für den Abtransport bereitgelegtes Nadelholz wird häufig gegen Käferbefall begiftet. Dies gilt es tatsächlich durch gute Logistik zu vermindern. Kahlschläge dagegen sind per Gesetz verboten und werden nur in Ausnahmen zugelassen.

Der Interviewer Walter Schmidt aber ist äußerst voreingenommen und hat sich nicht mit der Fachthematik beschäftigt. Schmidt bemerkt: „Die erste Holzernte im Revier mit dem schweren Vollernter oder Harvester empfanden Sie sogar als Spaß.“ Hier wird nicht nur deutlich, dass der Autor ganz der Meinung Wohllebens ist, schließlich seien diese Maschinen „schwer“ und „Spaß“ wäre im Zusammenhang mit Maschinen unverzeihlich. Zudem merkt Schmidt nicht, dass Vollernter und Harvester das Gleiche sind. Somit lässt er Peter Wohlleben alles Mögliche erzählen – teils Richtiges, teils völlig Verdrehtes – ohne einmal ernsthaft und kritisch nachzufragen.

Hätte Schmidt Kritiker wirklich gefragt und sie nicht als „Waldbauprofessor“ abgehakt, wäre ihm vielleicht Folgendes aufgefallen: Vor rund sechs Jahren (die aktuelle Situation in Hümmel kenne ich nicht) verdiente die Gemeinde deshalb so viel Geld, weil Wohlleben all das Nadelholz verkaufte, was Generationen von Förstern zuvor erst aufgebaut hatten. Geerntet haben das tatsächlich keine Harvester, dafür Billiglöhner aus zum Beispiel Osteuropa. Für die grandiosen Ideen von Peter Wohlleben, die auch ihre Berechtigung haben, werden nicht der Wald, dafür aber schon mal Menschen und die Leistung anderer ausgebeutet. Und am Ende wird Peter Wohllebens Burn-out auch noch als selbstlose Aufopferung für die reine ökologische Sache verklärt. JULIAN DELBRÜGGE, Förster, Klecken

Der völlig unspektakuläre Alltag

■ betr.: „Die Helikopter-Eltern von Neukölln“, sonntaz vom 22./23. 2. 14

Mit Interesse habe ich den Artikel über die Neuköllner Eltern-Initiative an der Karlsgarten-Grundschule gelesen. Ich bin leider ziemlich enttäuscht darüber, auch wenn er sicher in einigen Punkten zutrifft und wichtige Fragen aufwirft. Dennoch: Meine Tochter besucht die Karlsgarten-Grundschule. Sie freut sich jeden Morgen darauf, in die Schule zu gehen, sie fühlt sich wohl in ihrer Klasse und hat nette Freundinnen und Freunde – unterschiedlichster Herkunft. Was mir in Ihrem Artikel fehlt, ist genau das: der völlig unspektakuläre Alltag, in dem Kinder mit anderen Kindern die Schule besuchen und zusammen lernen – ohne ständig darüber nachzudenken, wessen Eltern ursprünglich woher kamen.

Das ist sicher nicht immer einfach und unkompliziert, aber es funktioniert. Und dort, wo es nicht funktioniert, wird damit umgegangen. Ich würde der Karlsgarten-Grundschule, in der sich Schulleitung, Lehrerinnen und Lehrer ebenso wie Erzieherinnen und Erzieher so großartig für ihre Schülerinnen und Schüler engagieren und so viel dafür tun, dass gemeinsames Lernen funktionieren kann, endlich einmal die positive Aufmerksamkeit wünschen, die sie verdient hat. Aber das ist wohl einfach nicht aufregend genug, um den Weg in die Zeitung zu finden. FELICIA PARZER, Berlin

„Die Erde ist eine Scheibe“

■ betr.: „Jetzt mit noch mehr Tabubrüchen!“, taz vom 24. 2. 2014

Es gibt keinen Tugendterror in Deutschland. Dass es im Umgang miteinander eine stetige Weiterentwicklung gibt, sollte ganz normal sein. Dass sich da ältere Männer wie Herr Sarrazin schwerer tun, ist auch ganz normal. Und auch wenn man Thesen aufstellt, die sich auf einem Bildungsniveau bewegen, als ob man behauptet, „die Erde ist eine Scheibe“, kann man das äußern, nur muss man eben mit einem gewissen Gegenecho aus Hohn und Spott rechnen. Auffällig, dass er sich in Sachen Homo-Ehe den Salafisten angenähert hat. Herr Sarrazin steht auch als eine Art überzeichnete Satire-Figur für die alternde Mehrheit in unserem Land, die eine Weiterentwicklung objektiv mehr blockieren wird als die Menschen, die laut Sarrazin und Co. angeblich für die Abschaffung Deutschlands verantwortlich sein sollen. MARKUS MEISTER, Kassel

Um Lärmvermeidung geht es nicht

■ betr.: „Aufbegehren in Mooswald“, taz vom 25. 2. 2014

Es gab 1995 in Freiburg einen weiteren Bürgerentscheid. Eine Bürgerinitiative forderte die Schließung des Flugplatzes. Das Quorum von 30 Prozent wurde nicht erreicht, aber 71 Prozent waren für den Erhalt. Auffällig war, dass die Mooswälder am stärksten für den Flugplatz votierten. Als der Verkehrsclub Deutschland (VCD) um die gleiche Zeit die Gleisanbindung für das neue Messegelände und ein geplantes Möbelhaus – welches am alten Standort mehrmals in der Woche per Bahn beliefert wurde – forderte, um dem Lkw-Zuwachs entgegenzuwirken, kam aus dem Quartier keine Unterstützung. Um Lärmvermeidung geht es ihnen also nicht. In diesem Wohngebiet wohnt allerdings ein großer Teil der Fluglobbyisten, die nicht auf den 30 km entfernten Flughafen Bremgarten wechseln möchten und deshalb auch zahlreich auf der Protest-Wahlliste „Freiburg Lebenswert“ zu finden sind. St. Florian lässt grüßen! BERTHOLD NOESKE, Freiburg