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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Zuerst war die Musik

■ betr.: „Es gibt keinen Ursprung“, taz vom 12. 3. 14

Die Betrachtungsweise von Herrn Diederichsen, die Wirkung der Popmusik als Phänomen aus Klang, Text und optischem Eindruck zu verstehen, ist sicherlich in vieler Hinsicht zielführend. Das nach seiner Ansicht „heruntergekommene“ Rhythm-’n’-Blues-Material wurde durch Elvis’ Fernsehauftritte, die Texte und seinen berühmten Hüftschwung zu neuem Leben erweckt. Viele „Initialzündungen“ (wie im Falle Elvis) geschahen jedoch rein durch die Wahrnehmung der „musikalischen“ Botschaft. Weder haben wir zunächst was von den Texten verstanden, noch haben wir Fernsehauftritte gesehen, aber die Musik hat uns aus den Sesseln katapultiert. Also muss wohl vorher das musikalische Material mit neuer Energie aufgeladen worden sein. All das Drumherum kam hinterher und stellt den eigentlichen Beginn der Pophistorie dar. KLAUS TRÖGER, Altenstadt

Irgendwann nervt’s

■ betr.: „Fastenzeit. Karneval ist vorbei“, taz vom 8. 3. 14

Seit wann reduziert sich Karneval auf die Formel „saufen, saufen, fressen und ficken“? Vielleicht schreibt sich das aus Berlin heraus ganz gut, hier im Rheinland stellt sich die Sache anders dar. Vielleicht kommen Sie nächstes Jahr einmal zum Kölner Geisterzug, um sich selber ein Bild von Karneval zu machen. Zudem finde ich Ihre Ansicht, dass Fasten eine Art Ablasshandel sei und der gemeine Fastenmensch den Rest des Jahres über böse sei, ziemlich hochmütig. Was haben Sie denn für ein Bild vom Menschen? Klar, Überspitzung beim Schreiben ist auch gut und wichtig und gerade in der taz ein Stilmittel, jedoch sollte man das gut und nicht pro forma einsetzen, sonst nervt es irgendwann. GREGOR DOROSZENKO, Bonn

Schlechte Aufsicht

■ betr.: „Biokontrolleur geschasst“, taz vom 10. 3. 14

Bezüglich des Themas Biolandwirtschaft und ihre Kontrollen sollte eine Person wie der Kontrollstellenleiter Jens F. (oder seine Gummistiefel) nicht in den Vordergrund gerückt werden. Die Kontrolle der Biobetriebe funktioniert nicht, weil Politiker und Behörden die noch privaten Kontrollstellen schlecht beaufsichtigen.

In Mecklenburg-Vorpommern ist die Aufsichtsbehörde für Biokontrollen das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei. Dieses wiederum wird schließlich vom Landwirtschaftsminister Till Backhaus beaufsichtigt, der jetzt als alter Opportunist schärfere Kontrollen und Abschaffung der privaten Kontrollstellen fordert. MARKUS HECK, Mahlow Mühle

Bedenkliche Ideologien im Unterricht

■ betr.: „Türkei: Die Gewalt nimmt zu“, taz vom 14. 3. 14

Angesichts der Entwicklung in der Türkei, aber begleitend auch im türkischen Milieu, erscheinen mir Recherchen zur Gülen-Bewegung speziell in Deutschland sehr wichtig. Wenn sich Grünen-MdBs aus Organisationen aus deren Umfeld verabschieden, der frühere Geschäftsführer von Pro Asyl, Jürgen Micksch, von einer Organisation spricht, die nicht bei integrationsfördernden Institutionen mitarbeitet, ist wohl journalistische Recherche erforderlich. Wenn davon auch viele Schulen in Deutschland betroffen sind, die als private Ersatzschulen zwar Migrantenkinder gut aufs Abitur vorbereiten, aber zum Beispiel Gülen-Bewegung-Affinen das Schulgeld erlassen, wenn „Aussteiger“ Angst haben, sich zu äußern, dann ist für mich Gefahr im Verzuge. Wenn so etwas bei Waldorfschulen der Fall wäre, die ja auch manche bedenkliche Ideologien in den Unterricht tragen, gäbe es schon längst einen Aufschrei. Hier wäre vielleicht auch eine Wochenendausgabe fällig, etwas informativer als die auf die Fragen der Sexualität eingeengte Frauentagsbeilage zum 8. März! VOLKER PLASS, Tübingen

Linke Traumata

■ betr.: „Keinesfalls Krieg“, taz.de vom 13. 3. 14

Natürlich ist eine militärische Lösung des Konflikts keine Option. So wichtig ist die Krim dann auch nicht, darüber kann man sich keine Illusion machen. Der Weg über Verhandlungen ist richtig, und da macht die Bundesregierung ja auch viel.

Die Volksbewegung auf dem Maidan zu denunzieren, ist wirklich traurig. Natürlich hat die Linke schlechte Erfahrungen gemacht mit Völkern, die sich wehren. Offensichtlich gibt es bei dem ein oder anderen noch unreflektierte Traumata. Rechtsextreme sind natürlich problematisch. Aber in der jetzigen Situation, in der die Ukraine sich befindet, ist es sinnvoller, sie einzubinden. Durch die Aggressivität der russischen Führung muss man sowieso eine nationalistische Trotzreaktion in der Ukraine befürchten.

SÖREN, taz.de

Ohne Ächtung

■ betr.: „Pädophilie: Neue Heimat im Internet“, taz.de vom 13. 3. 14

Es gibt da so ein geflügeltes Wort: „Gewalt ist die Kapitulation des Verstandes“. Im übertragenen Sinne hat das auch mit dem Umgang mit den Fällen von Kindesmissbrauch/Kinderpornografie Geltung. Strafgesetze werden nicht geschrieben, um zu verhindern, vorzubeugen etc., sondern einzig und allein, um Vergeltung, also Rache zu üben. Vergeltung und Rache sind aber ebenfalls Gewaltakte.

Der beste Weg ist die Prävention, aber das geht nur ohne Strafgesetzbuch. Im Konfliktfall würde ich auch immer einen Opfer- Täter-Ausgleich bevorzugen. Der eröffnet die Möglichkeit für die Betroffenen zur Verarbeitung, gibt dem Täter die Möglichkeit, Stellung zu beziehen und sein Leben zu ändern. Ohne Skandalisierung und gesellschaftliche Ächtung.

Ludovico624, taz.de