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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Frauengruppen statt Heirat

■ betr.: „Die Liebe ist so praktisch für die Männer“, taz v. 16. 10. 10

Christiane Rösinger beschreibt für mich zum ersten Mal, wie unser Frauenleben so unverhältnismäßig einseitig vom Männerdasein abhängt, und wenn du nicht mitspielst, weil du diese ganzen Klischees nicht erfüllst oder erfüllen willst, bist du schnell out. Denn wenn du dann noch die 30 überschritten hast, bist du keines männlichen Blickes mehr würdig. Wenn du auch noch gewagt haben solltest, ohne Heirat, ein Kind in die Welt zu setzen, gehörst du in Null-Komma-Nichts zum alten Eisen. Der Musikbetrieb (die gesamte Öffentlichkeit) ist so einseitig auf „die Jungs“, auf den Mann ausgerichtet, weil er sich voll auf „sein Ding“ konzentrieren kann. Wir aber, und so beschreibt es ja Christiane Rösinger deprimiert, können zusehen, wie diese „Jungs“ an uns vorbeiziehen und müssen obendrein noch lächeln, lächeln, lächeln.

Wir müssen „das Ding“ eben anders drehen, und das versuchen immer mehr Frauen, die die Nase voll haben von der überdimensional unterdrückenden „Definitionsmacht“ der Männer: Die zwei Jahrtausend alte Einimpfung der „Pärchen-Zwangsmatrix“ oder „Pärchendiktatur“ wird endlich durch Frauengruppen unterminiert, in denen wir uns untereinander helfen können. Die Mutter und Großmutter, die Schwester und Fräundin (Fräundin kommt übrigens von Frau), tolle Tanten und auch wieder deren Fräundinnen, möchten uns helfen und sprechen sich untereinander ab, wenn wir Hilfe für die Examensarbeit, für das Kind, für die Unterstützung beim Kongress oder endlich mal im Haushalt brauchen. Wir ziehen nicht mehr in andere Städte um, weil wir ja unsere langsam aufgebaute Gruppe, unser Nest, nicht mehr in Anspruch nehmen könnten. Denn einen Mann zu heiraten bedeutet ja nicht, Hilfe in den wichtigsten alltäglichen Handreichungen zu bekommen, sondern: ihn auch noch unterstützen! Obwohl doch wir die große Hilfe bräuchten. Also kurz und knapp: keine Heirat, sondern Frauengruppen!

Name und Anschrift sind der Red. bekannt

Der 5-Euro-Skandal

■ betr.: „Heiße Luft statt heißem Herbst“, taz vom 17. 10. 10

Für die Arbeitslosen haben sich die Gewerkschaften noch nie heftig eingesetzt. Nach der demütigenden Erhöhung um 5 Euro auf 364 Euro kündigte DGB-Chef Michael Sommer vollmundig an, dass er die soziale Kälte mit einem heißen Herbst vertreiben wolle. Auf meine Mail, dass Worten auch solidarische, öffentliche Taten folgen müssen, weil die Erwerbslosen zu „uns“ gehören, habe ich bis heute keine Antwort vom DGB. Als langjähriges Mitglied von Verdi und einem ausreichenden Einkommen sehe ich mit Trauer und Wut, dass der Fünf-Euro-Skandal offenbar zu den Akten gelegt wurde. Auch ein Aufschrei in der Verdi-Zeitung publik ist mir nicht erinnerlich. Ich schäme mich meiner Organisation. URSULA WÖLL, Wetzlar

Einige wenige sahnen ab

■ betr.: „Deutsche Haushalte heizen weniger“, „Mieter zahlen für Energiesparen“, taz vom 20. 10. 10

Die Mieter sparen bei der Heizung, allein im Zeitraum 2005 bis 2009 wurde 6,7 % weniger an Heizenergie verbraucht. Trotzdem zahlen wir alle immer mehr! Die Gründe liegen weniger in der Technik als in einer Art von Energiepolitik, die immer „unsozialer“ wird. Einige wenige, allen voran reiche Konzerne, sahnen skrupellos ab, bald noch mehr wegen der beschlossenen Laufzeitverlängerung für die Atommeiler, und die Masse der „armen“ Verbraucher zahlt immer mehr drauf, obwohl die Leute sich umweltbewusst verhalten. Über kurz oder lang kann das nicht funktionieren, wir kommen hier in eine „soziale Schieflage“ hinein. Überhaupt müsste das soziale Element in der Energiepoitik eine grössere Rolle spielen, nicht nur die Technologien und die Wirtschaftlichkeit!

CHRISTIAN LUKNER, Bonn

Nicht erlebtes Kinderleben

■ betr.: „Das autoritäre Zeitalter ist vorbei“, taz vom 16. 10. 10

Die vor dem 10. Lebensjahr am PC verbrachten Stunden sind Stunden, Wochen und Monate nicht erlebten Kinderlebens, schwächen die dem Kinde innewohnenden Eigenkräfte, Phantasiekräfte, Bewegungskräfte, reduzieren die Eigen-Impulsivität und die freien Denk- und Willenskräfte. Bitte bilden Sie statt eines sechsjährigen Mädchens, ein 12-jähriges Kind am PC ab, sonst zeigen Sie, dass Sie Herrn Remo H. Largo nicht gut verstanden haben.

HARTMUT G. HORN, Kinderarzt, Aichtal-Neuenhaus