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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Privatisierte Steuern sind nicht neu

■ betr.: „Schuld sind nicht die Neoliberalen“, taz vom 2. 11. 10

Privatisierung von Steuern, Verkauf der Anrechte auf künftige Steuereinnahmen ist so neu nicht. Aus dem Frankreich des 17./18. Jahrhundert ist das System der Steuerpacht bekannt: Der Generalsteuerpächter, dem die Rechte auf den Ertrag aller einzutreibenden indirekten Steuern und Zölle übertragen wurde – allerdings in der Regel nur für sechs Jahre –, veräußerte Teilpachten an Hochfinanziers weiter. Auch ist bekannt und belegt, dass die Generalsteuerpächter aufgrund beeindruckender Gewinne, zum Teil lag die Gewinnspanne pro Jahr bei 100 Prozent, zu den reichsten Männern im absolutistischen Frankreich zählten. Weiterhin ist bekannt und belegt, dass sich dieser Reichtum auf Steuerungleichheit, Steuerungerechtigkeit und Willkür gründete und zunehmend nicht nur zu Unmut der Steuerpflichtigen führte. Steuereinnahmen zu privatisieren wurde bereits unter Ludwig XIV. als Fehler erkannt, jedoch stellte sich ein genereller Rückkauf aus unterschiedlichen Gründen als nicht realisierbar dar und gelang bis 1789, dem Jahr des Ausbruchs der Großen Revolution, nicht.

Vielleicht sollte Maximilian Zimmerer, der Allianz-Lebensversicherungs-Chef, darlegen, wie er sich langfristig ein staatliches Wirtschaften zum Wohle des Volkes – noch ist dieser Eid von den Trägern der Exekutive zu leisten – vorstellt, wenn dem Staat im Rahmen der „Public Private Partnerships“ nach und nach Hoheitsrechte abgekauft werden. Dass die privaten Partner sich Gewinnmargen, deren Höhe weder auf dem freien Kapitalmarkt zu erzielen noch mit dem Urteil des Landesverfassungsgerichts in Übereinklang zu bringen sind, von den Trägern der Exekutive in Geheimverträgen zusichern lassen, ist einer modernen Demokratie, die dem Gedankengut der Aufklärung verpflichtet ist, einfach unwürdig.

BRIGITTA DORSCHFELDT, Berlin

Arme ohne Lobby

■ betr.: „Lobbyismus ist Teil der Demokratie“, Interview mit Daniel Dettling, Beilage taz Panter Workshop vom 2. 11. 10

Lobbyismus ist vielleicht Teil jeder Gesellschaft, aber gewiss nicht Teil der Demokratie. Im Gegenteil. Lobbyismus ist nur ein Mittel wohlhabender Personen oder Gruppen, zur Durchsetzung ihrer Interessen, ihre Sicht der Welt als die einzig richtige unter die Leute zu bringen. Arme Menschen haben keine Lobby. Und deshalb wäre es in einer Demokratie eigentlich angesagt, dass sich Politiker von Lobbyisten fernhalten. Sicher, Kohl hat sich mit Schwarzgeld zwei Legislaturperioden länger als nötig an der Regierung gehalten. Gesetzentwürfe im Gesundheitswesen erweisen sich als eins zu eins von der Pharmaindustrie übernommen. Die Kanzlerin richtet Herrn Ackermann den Geburtstag aus, und Schäuble lässt sich in seiner Naivität von dem Oberbanker darin beraten, wie die Banken am besten unter Kontrolle zu bringen sind. Ohne ihm auf den Leim zu gehen, versteht sich! Bei der FDP ist die Grenzziehung zwischen Lobbyist und Politiker ohnehin nicht mehr möglich. Aus alldem zu schließen, dass es richtig ist, wie es ist, ist falsch. Lobbyismus ist schädlich für die Demokratie. CHRISTIAN SCHUHMANN, Barum

Pfiffige Modedesignerin

■ betr.: „Das Drunter ist ein Drüber“, sonntaz vom 30. 10. 10

Der Artikel macht mir Hoffnung. Vielleicht gibt es ja eine pfiffige Modedesignerin, die nach der Lektüre zur Tat schreitet. Ich würde jedenfalls voll Freude und Dankbarkeit sein und sofort zum Kauf schreiten, wenn es zum Beispiel die beschriebene Unterhose zu kaufen gäbe. KARIN WEBER, Hamburg